"Das ist brutal für den Einzelhandel"

Quierschied. Fast zweieinhalb Stunden lauschten und diskutierten rund 70 Hausbesitzer und Gewerbetreibende sowie die Vertreter von CDU, Freien Wählern und SPD aus dem Gemeinderat mit Leander Wappler von der Industrie- und Handelskammer (IHK) des Saarlandes

 Um die Zukunft der Ortsmitte Quierschied - hier ein Blick auf die gepflegten Blumenbeete vor der Pfarrkirche Maria Himmelfahrt - ging es jüngst in einer Diskussion mit einem Experten der IHK. Archiv-Foto: Iris Mauer

Um die Zukunft der Ortsmitte Quierschied - hier ein Blick auf die gepflegten Blumenbeete vor der Pfarrkirche Maria Himmelfahrt - ging es jüngst in einer Diskussion mit einem Experten der IHK. Archiv-Foto: Iris Mauer

Quierschied. Fast zweieinhalb Stunden lauschten und diskutierten rund 70 Hausbesitzer und Gewerbetreibende sowie die Vertreter von CDU, Freien Wählern und SPD aus dem Gemeinderat mit Leander Wappler von der Industrie- und Handelskammer (IHK) des Saarlandes. Das Thema war die Neubelebung der Quierschieder Ortsmitte, doch schon in seinem allerersten Satz machte Wappler klar, dass er nicht als rettender Heilsbringer gekommen war: "Ich bin nicht der Überbringer der frohen Botschaft, ich werde einige bittere Pillen verabreichen." Wappler, bei der IHK unter anderem für Einzelhandel, Gastronomie und Existenzsicherung zuständig, begann seinen Vortrag mit globalen Entwicklungen und ihren lokalen Auswirkungen auf Quierschied. Stichwort Demografie: Bei günstigem Verlauf wird Quierschied 2025 gerade einmal noch 12 000 Einwohner haben - heute sind es noch knapp 14 000. Weniger Einwohner bedeuten auch weniger Kunden. Auch wird sich die Altersstruktur ändern. Immer mehr ältere Menschen werden laut Prognose immer weniger in ihre Häuser investieren. Der Wert der Immobilien wird also fallen. Stichwort Handel im Wandel: Kleine Läden werden immer mehr abgehängt. Die Erreichbarkeit der Einkaufsmöglichkeiten mit dem Auto wird immer wichtiger, ebenso die Größe der Geschäfte. "Der DM geht unter 800 Quadratmeter Verkaufsfläche und 100 Parkplätzen nicht mehr an einen Standort", berichtete Bürgermeisterin Karin Lawall aus eigener Erfahrung. Stichwort Internet: Das Kaufen von Zuhause wird immer attraktiver, die Wachstumsraten bei Zalando, Amazon und Co. sind atemberaubend. "Das ist brutal für den Einzelhandel", so Wappler, der dann die Lage vor Ort analysierte.Dabei sei die Marienstraße das Sorgenkind. Die Frequenz sein gering, die Geschäfte zu kleinteilig. Besser sehe es am alten Markt aus. "Dort gibt es die Frequenz, Einzelhandel und Dienstleistungen", bilanzierte der Experte, "das Problem ist die Parkplatzsituation." Am besten sieht es noch in der neuen Ortsmitte aus. Der Rewe-Markt sorge für Frequenz, ebenso Ärzte und Dienstleister. Außerdem gebe es gute Parkmöglichkeiten.

Doch Wappler wollte die Eigentümer und Unternehmer auch motivieren, ihnen die Augen auch für neue Blickwinkel öffnen. "Man darf nicht zwanghaft alte Zustände wieder herstellen wollen", sagte der IHK-Referent, "manchmal sorgt auch der Rückbau von Immobilien für neue Flächen. Das Stadtbild muss und wird sich ändern." Die anschließende angeregte Diskussion soll noch in diesem Jahr weitergeführt werden. Bürgermeisterin Lawall versprach, erneut einzuladen, um dann gemeinsame Lösungsmöglichkeiten zu besprechen. Eines hat der Abend aber deutlich gemacht: Ohne Eigeninitiative von Hausbesitzern und Gewerbetreibenden kann sich nichts ändern. "Ich bin nicht der Überbringer der frohen Botschaft, ich werde einige bittere Pillen verabreichen."

Leander Wappler

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