„Das hat mich sehr bewegt“

Rund 3500 Menschen in Kazan in Russland, in Speyer und in Hülzweiler haben ein Konzert des Philharmonischen Chores an der Saar gehört – das Deutsche Requiem von Johannes Brahms. Anlass war die Schlacht um Stalingrad vor 70 Jahren. Der Fernsehjournalist und Musikliebhaber Manfred Voltmer hat das Konzert in Hülzweiler gehört und berichtet im Gespräch mit SZ-Redakteur Johannes Werres.

 Russische und deutsche Sänger und Instrumentalisten in der Hülzweiler Kirche. Foto: Heiner Knierim

Russische und deutsche Sänger und Instrumentalisten in der Hülzweiler Kirche. Foto: Heiner Knierim

Foto: Heiner Knierim

Herr Voltmer, wie haben Sie das Konzert erlebt?

Voltmer: Unter den 120 Sängern waren auch viele von der Musikhochschule von Kazan. Man hat überhaupt keine Unterschiede festgestellt beim Singen und Musizieren der deutschen und der russischen Sänger. Das war eine Einheit. Sie verdankt sich der Fähigkeit von Chorleiter und Dirigent Professor Leo Krämer, unterschiedliche Musikkulturen zusammenzuführen. Das war ein wirklich schönes Erlebnis.

Deutsche und russische Sänger harmonierten?

Voltmer: Ja. Die Russen leben mit der Musik und in der Musik. Nach dem Konzert haben wir uns in der Kulturhalle in Hülzweiler noch etwas zusammengesetzt. Die Russen haben spontan ihre Volkslieder gesungen, deutsche auch. Die anderen Sänger, aber auch Konzertbesucher, die mitgekommen waren, stimmten mit ein. Es hörte sich an, als hätten sie vorher lange geprobt. Das hat mich sehr bewegt.

Eingestreut in das Requiem waren Briefe von russischen und deutschen Soldaten. Fand das zu einer Einheit?

Voltmer: Einheit würde ich es nicht direkt nennen, weil das Deutsche Requiem von Brahms dafür nicht vorgesehen ist. Es war aber eine hervorragende Idee, die Briefe waren gut eingebunden. Das passte.

Was war für Sie die musikalische Leistung dieses Konzerts?

Voltmer: Leo Krämer versteht es, so zu dirigieren, dass man spürt, von den Tempi her, von der Artikulation, wie er interpretiert. Das Requiem besteht vor allem aus Zitaten aus dem Neuen Testament. Selig sind, die da Leid tragen, Matthäus 5,4 - eine solche Stelle will Krämer engagiert vermitteln. Andere Stellen vermitteln nicht nur Trauer, sondern Hoffnung. Auch das konnte Krämer herausarbeiten. Er hat bewusst lange Pausen gesetzt, um Stimmung zu halten. Ich saß nicht weit von Krämer weg und konnte sein Gesicht sehen: Das war Verinnerlichung und Engagement. Die Musiker folgen ihm unglaublich gerne. Er hat eine tolle Körpersprache, jeder versteht, was er ausdrücken will.

Haben Sie Schwächen gehört?

Voltmer: Ich persönlich habe keine gehört.

Das Deutsche Requiem von Brahms - eher Trauer oder Versöhnung?

Voltmer: In jedem Fall Versöhnung. Brahms hat viele Schicksalsschläge erlitten. Aber es finden sich auch immer hoffnungsvolle, versöhnende Passagen in diesem Requiem. Er war ein sehr religiöser Mensch. Er haderte nicht, man spürt seinen Halt in Gott.

Zum Thema:

Auf einen BlickAnfang 1943 tobte in Stalingrad (heute Wolgograd) die brutalste Schlacht des Zweiten Weltkrieges. Daran erinnerten der Philharmonische Chor, das Palatina-Klassik-Vokalensemble Speyer sowie Chor und Orchester des Konservatoriums von Kazan unter der Leitung von Leo Krämer. we

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