Das Gymnasium ist kein Allheilmittel

Homburg · Schon vor den Weihnachtsferien haben die weiterführenden Schulen im Saarpfalz-Kreis ihre Tore geöffnet, um die Grundschulkinder und ihre Eltern zu informieren. Doris Jacobs, pensionierte Studienrätin und langjährige Didaktikleiterin, hat in diesem Artikel wichtige Aspekte der Schulauswahl aufgelistet.

 Wichtig ist, dass die Schulform gewählt wird, die am besten zum Kind passt. Man sollte sich dazu Zeit nehmen. Foto: Werner Schwarz

Wichtig ist, dass die Schulform gewählt wird, die am besten zum Kind passt. Man sollte sich dazu Zeit nehmen. Foto: Werner Schwarz

Foto: Werner Schwarz

Nach vier Jahren Grundschule, in denen die Kinder sich langsam an das System Schule gewöhnt haben, in denen aus kleinen Erstklässern relativ selbstbewusste Schüler der vierten Klasse geworden sind, die sich in der Grundschule bestens auskennen, steht bald der Schulwechsel an.

Eltern machen sich viele Gedanken, sie wollen das Richtige für ihr Kind tun, wohl wissend, dass schulische Abschlüsse Weichenstellungen fürs Leben sind. Zunächst stellt sich also die grundsätzliche Frage nach der Entscheidung für die Gemeinschaftsschule oder das Gymnasium.

Heutzutage sind es die Eltern, die entscheiden, welche weiterführende Schule ihr Kind besuchen wird und damit haben sie die Verantwortung und die Qual der Wahl. Welche Kriterien sollten sie beachten, wenn sie - und das ist ja wohl das Ziel - das Wohl ihres Kindes an die erste Stelle setzen?

Das Gespräch mit den Grundschullehrern hat einen ganz wichtigen Stellenwert. Sie haben das Kind in der Regel mehrere Jahre begleitet und kennen seine Stärken und Schwächen. Die Lehrer am Gymnasium stellen nicht umsonst eine hohe Übereinstimmung zwischen den Einschätzungen der Grundschullehrer und der späteren Schullaufbahn des Kindes fest. Nicht immer jedoch ist die Situation klar und eindeutig. Wenn beispielsweise mittelmäßige Noten eines Kindes nicht mit mangelndem Verständnis zu tun haben, sondern mit fehlender Arbeitshaltung, Verträumtheit oder Schwierigkeiten im sozialen Bereich. Dann gibt es Chancen, das Gymnasium zu schaffen.

Es ist allerdings ein dorniger Weg. Der intelligente Chaot wird seine Eltern extrem fordern, die Schule wird auf die ständige Mitarbeit der Eltern angewiesen sein, was die Kontrolle der Hausaufgaben oder die Vorbereitung der Klassenarbeiten anbelangt.

Wenn das Kind sorgfältig arbeitet, sich große Mühe gibt und trotzdem nicht die erforderlichen Ergebnisse erreicht, ist ein Gymnasium zu diesem Zeitpunkt nicht sinnvoll. Gerade Kinder, die sich anstrengen, verlieren jedes Selbstbewusstsein, wenn sie ständig schlechte Ergebnisse erzielen, und mit den Anderen nicht mithalten können. Ein Gymnasium verlangt abstrakteres Denken, hat kürzere Übungsphasen und muss letztendlich seinen Lehrplan erfüllen, der anspruchsvoller als der einer Gemeinschaftsschule ist, und der mit G 8 auch einen knappen Zeitrahmen hat.

Es gibt auch Kinder, die zum Zeitpunkt des Schulwechsels einfach nicht reif genug sind, um den Anforderungen eines Gymnasiums gewachsen zu sein. Es gibt verblüffende Ergebnisse von Realschülern, die nach der mittleren Reife auf ein Gymnasium wechseln und dann mit sehr guten Noten Abitur machen. Zitat einer Einserabiturientin: "Ich habe die Zeit an der Realschule gebraucht, ich gehörte zu den Guten und konnte mich entwickeln und habe eigentlich erst in Klasse 8 entdeckt, welche Talente in mir stecken." Es sind die Eltern, die letztendlich entscheiden, auch wenn die Motivation eines Kindes durchaus ein Kriterium ist. Wenn Eltern unsicher sind und sich trotzdem für ein Gymnasium entscheiden, dann sollten sie dies als eine vorläufige Wahl begreifen, deren Richtigkeit sich im Laufe der ersten beiden Jahre herausstellen wird. Dies sollte man auch dem Kind vermitteln, nach dem Motto: Wir wollen - wenn du es denn willst - den Weg mit dir gemeinsam gehen und herausfinden, ob es der richtige ist. Wenn nicht, ist das keine Katastrophe, wir werden dann eine andere Lösung finden.

Eltern sollten, zusammen mit den Klassenlehrern, den Kindern vermitteln, dass eine andere Schulform als das Gymnasium kein Scheitern bedeutet, sondern dass eine andere Schulform derzeit einfach die bessere Lösung sei.

Wenn die Eltern ihre Kinder mit Gelassenheit, Offenheit und Zugewandtheit begleiten, wenn sie die Beratung des Klassenlehrers suchen und ernst nehmen, dann werden sie den für ihr Kind geeigneten Weg mit großer Sicherheit finden.

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