Das Glück in der Wohlfühl-Stadt Nantes beginnt beim Pain au chocolat

Nantes. Der Klang des Akkordeons säuselt durch das halb offene Fenster, der Straßenmusiker gibt seine französisch angehauchte Version des "Lambada" zum Besten. Daneben läutet die Tram, die Straßenbahn, und einige Stimmen dringen bis zu meinem Büro im vierten Stock. Es ist Frühling in Nantes

 Nadja Altpeter sagt: Auch die Franzosen arbeiten hart. Sie beginnen aber nicht so früh wie in Deutschland. Foto: Jan Rhein

Nadja Altpeter sagt: Auch die Franzosen arbeiten hart. Sie beginnen aber nicht so früh wie in Deutschland. Foto: Jan Rhein

Nantes. Der Klang des Akkordeons säuselt durch das halb offene Fenster, der Straßenmusiker gibt seine französisch angehauchte Version des "Lambada" zum Besten. Daneben läutet die Tram, die Straßenbahn, und einige Stimmen dringen bis zu meinem Büro im vierten Stock.Es ist Frühling in Nantes. Seit Mitte Februar arbeite ich hier im Centre Culturel Franco-Allemand (CCFA) als "Jeune Ambassadrice de Sarrebruck à Nantes", also als junge Botschafterin von Saarbrücken in Nantes, und als Leiterin des deutsch-französischen Praktikumsbüros.

Ein bisschen anders als in Deutschland sind Alltag und Arbeitswelt in Frankreich schon. Wenn ich mich morgens gegen viertel nach neun auf den Weg zur Arbeit mache, ist auf den Straßen noch nicht viel los. Die meisten Geschäfte sind noch geschlossen, die halb geöffneten Rollläden lassen jedoch erahnen, dass die Vorbereitungen im Gange sind. Auf den Terrassen der Straßencafés gönnen sich die Ersten einen Moment der Ruhe. Diejenigen, die nicht viel Zeit haben, bestellen nur schnell einen Café - der nach deutscher Vorstellung einem Espresso entspricht - bei etwas mehr Zeit ist auch schon mal ein Pain au chocolat drin, und mit ganz viel Glück kommt noch das Tagesblatt dazu. Das erhält man hier übrigens kostenlos, immer morgens und abends. Etwa drei Blätter gibt es, die kostenlos an den Tram-Stationen überall in der Stadt verteilt werden.

Nun soll nicht der Eindruck entstehen, dass in Nantes nicht gearbeitet wird. Ganz im Gegenteil: Nantes ist dynamischer denn je, insbesondere die Bereiche Wirtschaft sowie Umwelt- und Kulturmanagement sind sehr aktiv. Gleichzeitig schafft es Nantes regelmäßig, die vom Magazin Le Point veröffentlichte "Liste der französischen Städte, in denen das Leben am angenehmsten ist" anzuführen. In Nantes arbeitet man nicht mehr oder weniger als in anderen Städten, man arbeitet anders.

Wie sieht eine Arbeitswoche im Leben einer "Jeune Ambassadrice" aus? Über den Tag verteilt erwarten mich ganz verschiedene Aufgaben. Ich helfe jungen Franzosen, die es nach Deutschland zieht. Wo finde ich ein Praktikum? Wie sieht ein deutscher Lebenslauf aus? Wo komme ich unter? Ich nehme Kontakt auf mit Unternehmen und potenziellen Partnern. Dazwischen sind immer wieder "réunions", um aktuelle oder anstehende Projekte anzugehen. So kann ein Tag, der vergleichsweise spät beginnt, des Öfteren auch mal spät enden.

Nach einem ersten achtmonatigen Studienaufenthalt 2009/2010 in Nantes hatte ich mich in die Stadt verliebt. Zurück in meiner Heimat Saarbrücken, bekam ich schnell Fernweh. Ganze 800 Kilometer trennen Nantes und Saarbrücken. So schafft es der Geruch der noch warmen Pains au chocolat nicht bis nach Saarbrücken. Wo sind die Parks mit den quakenden Enten, die zufrieden und ohne Scheu durch die Gegend watscheln? Die Bicloos, die orangefarbenen Leihfahrräder? Das Gefühl des Fernwehs kam nicht allein, sondern in Begleitung eines "Kulturschocks". Mein Studium der "Romanischen Kulturwissenschaft und Interkulturellen Kommunikation mit Schwerpunkt Frankreich", das ich Anfang des Jahres in Saarbrücken abgeschlossen habe, hat mich bestens auf die Risiken des Kulturschocks, der während eines längeren Auslandsaufenthaltes auftreten kann, vorbereitet.

 In Nantes kann man am Wasser die Seele baumeln lassen. Foto: Altpeter

In Nantes kann man am Wasser die Seele baumeln lassen. Foto: Altpeter

In Nantes wartete ich daher auf erste Anzeichen des Schocks, jedoch vergeblich. Wer konnte schon wissen, dass er erst in der Heimat einsetzen würde? So war für mich klar: Ich muss zurück. Und hier bin ich nun, in dieser Stadt, die mich so fasziniert, in der ich mich so wohl fühle. Ohne Heimweh. Ohne Fernweh. Ohne Kulturschock.

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