Das gibt's statt einem Liter Sprit

St. Wendel. Wütende Gesichter an den Zapfsäulen der Tankstellen sind längst keine Seltenheit mehr. Bis zu 1,78 Euro sind mittlerweile für einen Liter Super zu bezahlen. Dafür gibt's beim Discounter bereits ein Brot, einen Liter Milch, ein Hühnerei und einen Apfel. Das wurde den Passanten bei einer SZ-Umfrage in der St. Wendeler Innenstadt vor Augen geführt

St. Wendel. Wütende Gesichter an den Zapfsäulen der Tankstellen sind längst keine Seltenheit mehr. Bis zu 1,78 Euro sind mittlerweile für einen Liter Super zu bezahlen. Dafür gibt's beim Discounter bereits ein Brot, einen Liter Milch, ein Hühnerei und einen Apfel. Das wurde den Passanten bei einer SZ-Umfrage in der St. Wendeler Innenstadt vor Augen geführt.Spontan sollten sie die Liste, was es für 1,78 Euro zu kaufen ist, ergänzen: zwei Bällchen Eis, eine Rostwurst, ein Stück Pizza oder anderthalb Päckchen Butter. Das Ergebnis verblüffte viele, die aufs Auto angewiesen sind.

So auch Marina Rausch aus Oberlinxweiler. Sie bezahle rund 200 Euro im Monat für Sprit. "Ich muss oft auf Preise achten", bedauert die 36-Jährige. "Und das auch bei Lebensmitteln."

Sian Jansen kann das gut nachempfinden. Die 30-Jährige hat vier Kinder und müsse auf vieles verzichten. "Früher gab es eine Tüte Haribo, jetzt müssen es billigere Gummibärchen sein", sagt sie. Sie ist verärgert, dass sie wegen der hoher Preise an der Tankstelle bei Lebensmitteln zurückstecken müsse. Die Kinder bringe sie mittlerweile zu Fuß in den Kindergarten. Doch auch sie brauche das Auto für den Weg auf die Arbeit.

Detlef Maldener fährt täglich mit dem Fahrrad zum Job. Der 44-Jährige arbeitet bei einer Bank in St. Wendel. "Ich nutze das Auto eigentlich nur für meine Kinder, die immer irgendwohin müssen", erklärt er. Auf die Frage, wie er rund 1,80 Euro besser investieren könnte, antwortet der St. Wendeler spontan und muss dabei lachen: "Dafür könnte ich auch ein Bier bekommen. Oder einen Milchshake: Das wäre die gesündere Variante."

Auch Birgit Bauer, die in einer Bäckerei in ihrem Wohnort Güdesweiler arbeitet, brauche das Auto für ihre Kinder. Die 49-Jährige ist sich sicher, dass die Menschen auf den Wagen fixiert sind und die hohen Preise sie nicht dazu bewegen, ihn stehen zu lassen. Sie selbst habe sich schon oft überlegt, wie sie das Geld besser nutzen könnte. "Ich habe drei Kinder. Da bleiben immer genügend Wünsche offen, die man erfüllen kann."

Hohe Benzinpreise bedeuteten für viele Menschen Entbehrungen. Dass manche da nicht wissen wohin mit ihrem Ärger, spüre auch die 15-jährige Tamara Leitner aus Neunkirchen. Die Auszubildende, die an einer St. Wendeler Tankstelle arbeitet, sagt: "Viele Autofahrer beschweren sich über die Preise und lassen ihren Frust an uns aus. Dabei können wir ja nichts dafür."

"Spritpreise sind Regierungssache", ist Hans-Herbert Herz aus St. Wendel überzeugt. Darauf habe er keinen Einfluss. Für etwa 1,78 Euro könne man schon ein ganzes Mittagessen zubereiten. "Frankreich macht uns doch vor, dass es auch günstiger geht", weiß der 63-Jährige. Die Regierung senkte zuletzt die Steuern.

Damit der öffentliche Nahverkehr eine Alternative zum Auto werde, müssten diese vom Staat stärker subventioniert werden, schlägt Ute Brust aus Ottweiler vor. Für sie sei Autofahren jetzt schon Luxus, den sie sich aber gerne leiste. Ab einem Literpreis von zwei Euro würde sie allerdings auf Bus und Bahn umsteigen.

Nachvollziehen könne das auch Gerald Fasching aus Oberkirchen. Der 59-Jährige lasse das Auto mittlerweile öfter stehen und erledige Einkäufe zu Fuß oder per Rad. Er ist sich sicher: "Autofahren ist ein kostspieliges Vergnügen geworden."

Foto: Anna Oertel

Foto: Anna Oertel

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