Arzneimittel-Versorgung gefährdet Das Apotheken-Sterben im Saarland geht weiter

Saarbrücken · Immer mehr Apotheken im Saarland müssen schließen, weil ihre Inhaber keine Nachfolger finden. Was bedeutet das für die Versorgung der Saarländer, gerade im ländlichen Raum?

 Vor Risiken und Nebenwirkungen warnt in dieser Apotheke in Bildstock keiner mehr. Immer mehr Apotheken müssen  schließen,  die Arzneimittel-Versorgung auf dem Land ist  schwierig.

Vor Risiken und Nebenwirkungen warnt in dieser Apotheke in Bildstock keiner mehr. Immer mehr Apotheken müssen schließen, die Arzneimittel-Versorgung auf dem Land ist schwierig.

Foto: Stephanie Schwarz

Ohne Nachfolger, verlassen und vergessen. Seit Jahrzehnten schließen immer mehr Apotheken im Saarland für immer. Die Zahl der Apotheken in Deutschland ist 2017 sogar auf den tiefsten Stand seit 1987 gesunken – mit 19 748. Ein Trend, der sich auch im Saarland zeigt. Vor allem in ländlichen Gebieten müssen Anwohner immer längere Strecken zur nächstgelegenen Apotheke zurücklegen. Eine Entwicklung, die vor allem für ältere Menschen zum Problem wird. Gab es 2007 noch 345 Apotheken im Saarland, so waren es zehn Jahre später nur noch 301, ein Rückgang von rund 13 Prozent.

Für viele Apotheker werde es immer schwieriger, wirtschaftlich zu arbeiten, sagt Manfred Saar, Präsident der Apothekerkammer des Saarlandes. „Einige Kollegen im Rentenalter haben große Schwierigkeiten, einen Nachfolger zu finden, der den Standort erhalten will.“ Vor allem im ländlichen Bereich dünne die Zahl an Apotheken seit Jahren aus. Die Folge: eine Einschränkung bei der Arzneimittel-Versorgung.

Die Gründe für das zunehmende Apotheken-Sterben sind aus Saars Sicht vielfältig: Die Gewinnmarge habe abgenommen, Online-Apotheken seien eine große Konkurrenz, und der Apotheker-Nachwuchs wolle das finanzielle Risiko einfach nicht eingehen, erklärt Saar. Verständlich, sagt er weiter, wo Pharmazie-Absolventen in der Forschung und Industrie oftmals bessere Arbeitsbedingungen vorfänden: „Die Arbeitszeiten sind kürzer, die Bezahlung ist besser und das gesellschaftliche Ansehen eines Forschers ist höher als das eines Apothekers.“

50 Stunden pro Woche zu arbeiten, sei im Apothekerberuf keine Seltenheit, plus Sonntagsdienst. Da hätten es die Absolventen in der Forschung besser. Von rund 25 Pharmazie-Studenten gingen aus diesen Gründen nur ein oder zwei in eine Apotheke.

Ein weiteres Problem: „Apotheken sind darauf angewiesen, dass ein Arzt in der Nähe ist. Fällt der Arzt weg, ist die Apotheke auch weg“, sagt Saar. Insbesondere der Umsatz der Apotheken auf dem Land bestehe zu gut 85 Prozent aus Rezept-Einlösungen. Besonders betroffen sei hier das Nordsaarland.

Arzneimittel-Versorgung gefährdet: Das Apotheken-Sterben im Saarland geht weiter
Foto: Stephanie Schwarz

Außerdem mache die zunehmende Bürokratie den Apothekern zu schaffen, sagt Saar. „Ich bin als Apotheker fast nur noch mit Papierkram beschäftigt und habe kaum noch Zeit, Kunden zu beraten.“ Der Apotheker müsse jeden Handgriff genau dokumentieren und das koste Zeit – zu viel Zeit. 80 Prozent der Arbeitszeit gehe dafür drauf, sagt Saar.

Auch in Städten müssen immer mehr Apotheken schließen. Gestiegene Mieten bei geringeren Einnahmen nennt der Apotheker-Präsident als Gründe dafür. In den vergangenen sechs Jahren wurden sechs Apotheken in Saarbrücken geschlossen. Die Problematik sei hier jedoch nicht so akut wie auf dem Land, sagt Saar. „In Saarbrücken ist die Apotheken-Dichte noch hoch und die Arzneimittel-Versorgung gut.“

Auffällig sei ebenfalls, dass immer weniger Filialen neu eröffnen. Seit 2012 sind im Saarland 39 Apotheken weggefallen und nur acht haben eröffnet. Ein Trend, der sich auch in den kommenden Jahren fortsetzen wird, sagt Saar. Trotzdem ist sich der Apotheker sicher, dass eine flächendeckende Medikamentenversorgung auf dem Land in den kommenden Jahren aufrechterhalten werden kann. Um die Einschränkungen zu begrenzen, sei die Apothekerkammer unter anderem mit Ärzten im Gespräch, sagt Saar: „Wenn ein Patient am Wochenende 20 bis 30 Kilometer zum ärztlichen Notdienst fahren muss, dann sollte er danach nicht auch noch weitere 20 Kilometer bis zur nächstgelegenen Apotheke fahren müssen.“ 

Rezeptsammelstellen seien eine weitere Maßnahme, um Menschen in ländlichen Gebieten nicht von der Medikamentenversorgung abzuschneiden, sagt Saar. „Diese sollen das Versorgungsproblem auf dem Land lösen und vor allem älteren Menschen den Weg zur Apotheke erleichtern.“ Zu diesem Zweck hat Saar kürzlich eine digitale Rezeptsammelstelle in Heusweiler eröffnet.

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