"Das Älterwerden nicht als Katastrophe sehen"

Saarbrücken. Wer dachte, bei der Lesung am Dienstagabend im Saarbrücker Rathausfestsaal einen Autor zu erleben, der bedächtig hinter seinem Buch sitzt, um daraus die für ihn schönsten und interessantesten Passagen vorzulesen, der wurde angenehm überrascht

 Henning Scherf (links) ließ die Zuhörer wie Lothar Arnold eigene Beispiele aufzeigen. Foto: hth

Henning Scherf (links) ließ die Zuhörer wie Lothar Arnold eigene Beispiele aufzeigen. Foto: hth

Saarbrücken. Wer dachte, bei der Lesung am Dienstagabend im Saarbrücker Rathausfestsaal einen Autor zu erleben, der bedächtig hinter seinem Buch sitzt, um daraus die für ihn schönsten und interessantesten Passagen vorzulesen, der wurde angenehm überrascht. Henning Scherf, Sozialdemokrat und Bremer Altbürgermeister, huschte im Publikum hin und her, sprach über das älter Werden und wollte dabei gestört werden. "Wann immer Sie sich einbringen wollen, heben Sie den Zeigefinger. Ich freue mich, unterbrochen zu werden", sagte er. Der 73-Jährige zeigte anhand einiger lebendiger Geschichten auf, dass das Alter kein Müßiggang sein muss und die Zuhörer brachten sich mit eigenen Beispielen ein."Ich will nicht, dass wir das Älterwerden als Katastrophe sehen", sagte Scherf. Sich in Vereinen engagieren, im Chor singen, sich um jüngere Generationen kümmern, Sport treiben - selbst das Alter böte noch viele Gelegenheiten, einer Trostlosigkeit oder Vereinsamung entgegenwirken. "Es geht viel besser eine veränderte Lebenssituation anzunehmen, wenn man nicht alleine bleibt", erklärte Scherf. Er selbst - um nur einige Beispiele zu nennen - singt im Chor, ist schließlich der Präsident des Deutschen Chorverbandes, engagiert sich in verschiedenen Schulprojekten, und er trifft sich regelmäßig mit einer Gruppe, die malt. "Mein erstes Modell war 100 Jahre alt", erklärte er augenzwinkernd. Seine Ausführungen luden nicht selten zum Schmunzeln ein.

Alters-WG als Chance

Der Altbürgermeister lebt mit seiner Frau in einer Wohngemeinschaft, die er selbst als Chance sieht, der Angst vor dem alt Werden entgegenzutreten. Sich im Altenheim versorgen zu lassen, obwohl man noch aktiv sein könnte, sei für ihn unvorstellbar. Selbstbestimmt alt zu werden und das in gewohnter Umgebung - so stellt er sich seinen Lebensabend vor.

Die Menschen lebten heute im Durchschnitt 30 Jahre länger, als noch vor 100 Jahren. Und länger zu leben sei keine Schande, sondern eine Chance. Scherf zeigte am Dienstagabend ein fröhliches und aktives Bild vom alt Werden auf. Seine Ausführungen vor weit mehr als 100 Zuhörern hat er in seinem Buch "Grau ist bunt - Was im Alter möglich ist" festgehalten. "Wir müssen zu einem neuen Miteinander finden", lautete sein Fazit. Dabei gelte es, die Trennung zwischen Alt und Jung aufzuheben. Als "nicht nur spannend in der Sache, sondern auch sehr unterhaltsam" bezeichnete Wirtschaftsminister Heiko Maas (SPD) Scherfs Buch. Ein Buch, das Mut mache, alt zu werden. Scherf kam auf Einladung des Kulturforums der SPD und der Stiftung Demokratie Saarland.

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