„Können Impfkampagne alleine schultern“ Ärzte im Saarland kritisieren Landesregierung scharf

Update | Saarland · Wer sich gegen das Corona-Virus impfen lassen möchte, kann das im Saarland nicht nur in den Arztpraxen tun. Die saarländischen Ärzte fühlen sich benachteiligt. Mittlerweile hat auch das Saar-Gesundheitsministerium auf die Vorwürfe reagiert.

Impfung gegen Corona: Ärzte im Saarland üben Kritik an Regierung
Foto: dpa/Moritz Frankenberg

Bald sollen sich Impfwillige im Saarland neben Arztpraxen und Impfzentren auch in Apotheken und Tierarztpraxen gegen das Corona-Virus impfen lassen können. Nun hat sich auch die saarländische Ärzteschaft zu den Plänen des Saar-Gesundheitsministeriums geäußert – und massive Kritik geübt. „Die saarländische Ärzteschaft fordert, dass Impfungen nur in den Händen humanmedizinischer Ärztinnen und Ärzten durchgeführt werden“, lautet die deutliche Forderung an die Landesregierung. Die Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) liegt der SZ vor.

Es sind deutliche Vorwürfe gegen das saarländische Gesundheitsministerium, das die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Saarland in der Resolution vom Freitag erhebt. Unterstützt wird die Resolution von insgesamt 18 ärztlichen Berufsverbänden darunter auch der Saarländische Hausärzteverband sowie die saarländischen Ableger des Hartmannbundes (Verband der Ärztinnen und Ärzte Deutschland) und des Verbandes der niedergelassenen Ärzte Deutschlands, um nur drei davon zu nennen.

Im Plan des Gesundheitsministeriums, Apotheken und Tierarztpraxen in die Impfkampagne einzugliedern, sehen die Saar-Ärzte keinen Mehrwert. Im Gegenteil. „Eine Lieferung der benötigten Impfstoffe vorausgesetzt, könnten saarländische Praxen die Impfkampagne alleine schultern“, schreibt die KV in ihrem Statement. Vor diesem Hintergrund könnte auch auf die reaktivierten Impfzentren verzichtet werden: „Die dauerhafte Aufrechterhaltung der Impfzentren ist für uns in dieser Lage nicht nachvollziehbar“, heißt es in der Mitteilung. Auch deshalb, „da eine Impfung dort ein Vielfaches einer Praxisimpfung kostet“.

Corona-Impfzentren werden laut Saar-Ärzten bevorzugt – „nicht hinnehmbar“

Die Ärzteschaft moniert in diesem Zuge auch eine „nicht hinnehmbare Bevorzugung der Impfzentren“.

Vor allem in den Wochen, in denen der Biontech-Impfstoff „besonders knapp war“, so berichten die Ärzte, mussten sie viele bereits vorher fest ausgemachte Impftermine absagen und sich deshalb etlichen Diskussionen mit ihren Patienten stellen. Während gleichzeitig „Impfzentren öffentlich gezielt für Impfungen mit diesem Wirkstoff werben konnten“.

In der Resolution betonen die Ärzte: „Im Verlauf der letzten 10 Monate haben saarländische Arztpraxen mit größtem Aufwand und unter erheblichem Einsatz des Praxispersonals mehr als eine Million  Impfungen durchgeführt, davon 392 000 Booster-Impfungen.“ Und die Ärzte beklagen: „In den letzten Monaten wurde die ärztliche Impfkampagne erheblich gestört durch unzuverlässige Lieferung von Impfstoffen, insbesondere des Impfstoffes von Biontech, der vorher in öffentlichen Stellungnahmen als besonders sicher dargestellt wurde.“

Außerdem fordern die Ärzte, eine staatliche „Corona-Prämie für die Mitarbeitenden in den Praxen“ – als Zeichen der Wertschätzung.

Gesundheitsministerium reagiert auf die Vorwürfe der Ärzte

Zu den Vorwürfen betreffend die Impfstoff-Verteilung stellte das saarländische Gesundheitsministerium klar: „Die Lieferung von Impfstoffen verantwortet der Bund. Er liefert über den Großhandel getrennt an Ärzte und Impfzentren. Daran kann die Landesregierung nichts ändern.“

Außerdem kündigte das Ministerium an, es werde dem Ministerrat vorschlagen, die Impfzentren bis Ende 2022 offen zu lassen: „Darauf haben sich alle 16 Länder mit dem Bundesgesundheitsminister geeinigt.“ Gleichzeitig will das Ministerium aber auch an der bewährten Impfallianz mit den niedergelassenen Ärzten festhalten.

(smz)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort