Erweiterung der Congresshalle Das sind die fünf besten Entwürfe für das neue Congresszentrum Saarbrücken (mit Bildergalerie)

Saarbrücken · Wie soll das neue Messe-, Kongress- und Kulturforum (MKK) und das Areal rund um die denkmalgeschützte Saarbrücker Congresshalle (CCS) aussehen? Wir stellen die ersten fünf Preisträger des Architektenwettbewerbs vor, deren Entwürfe zurzeit im Pingusson-Bau ausgestellt sind.

Congresshalle Saarbrücken: Fünf Entwürfe in der engeren Wahl
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Diese Entwürfe hat die Jury ausgewählt – Ausstellung im Pingusson-Bau

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Foto: Kadawittfeldarchitektur

Die Jury hat nicht nur die Architektur des neuen Baukörpers bewertet, sondern auch dessen Funktionalität, sowie das freiraumplanerische und das energetische Konzept. Es gab einen ersten Platz, keinen zweiten, dafür aber zwei dritte Plätze. Insgesamt wurden fünf Preise vergeben und Preisgelder von insgesamt 300 000 Euro.

Der Siegerentwurf: Arbeitsgemeinschaft Kadawittfeldarchitektur GmbH aus Aachen.

Architektonische Gestalt: Geplant ist ein in der Höhe abgestufter, höchstens 15 Meter hoher fünfeckiger Bau mit einem kleinen und einem großen Saal, der ebenerdig mit der alten Congresshalle über einen Glasgang verbunden ist und sich zur Saar hin öffnet. Die Fassade des neuen MKK ist geprägt von einer horizontal gegliederten „Haut“, die sich über den gesamten Neubau zieht. Rampen, Treppen, Sitzstufen und Pflanzbeete im Außenbereich laufen im übertragenen Sinne mithilfe horizontaler Keramiklamellen an der Fassade des Neubaus weiter. Das Ziel: eine optische Verschmelzung von Landschaft und Neubau- Architektur. In die nachhaltig produzierten Keramik-Lamellen können Beete für Rank-Pflanzen oder Photovoltaik integriert werden.

Freiraumplanung: Über einen so genannten „grünen Canyon“, eine bepflanzte, barrierefreie Rampenanlage, die Park und Stadt verbindet und die Streifen-Ästhetik des Neubaus aufgreift, gelangen Besucher unter diesem Gang hindurch weiterhin vom Johannes-Hoffmann-Platz zum Bürgerpark.

Die ungepflegten, vermüllten Wasserbecken des angrenzenden Parkhauses sollen in eine Dachterrasse für das Foyer des Neubaus verwandelt werden.

Energiekonzept: Die neue Halle soll „klimapositiv“ sein, sie soll also mehr saubere Energie „ernten“ als verbrauchen im gesamten Lebenszyklus. Man will deshalb viel Holz verwenden. Geplant sind Fassaden- und Dachbegrünung und eine Photovoltaikanlage sowie ein innovatives, natürliches Entlüftungssystem. Geheizt und gekühlt wird mit Grundwasser oder Erdwärme und einer Wärmepumpe. Das Regenwasser wird genutzt.

Das sagt die Jury: Die ebenerdige Verbindung zwischen Alt- und Neubau, der „dynamische, polygonale und selbstbewusste Solitär“ und die „vermittelnde Dachkontur des Neubaus“ entwirren den „gordischen Knoten“: die Kombination aus reibungslosem Messeablauf durch „variabel kombinierbare Flächen“ und bestmöglicher Zugänglichkeit des Hafeninselparks. Durch den „grünen Canyon“ entstehe der Eindruck, das der tiefer liegende Bürgerpark auf den Hoffmann-Platz hineingezogen werde. Gelobt wird der „facettenreiche Dialog“ zwischen Neubau und Denkmal. Bemängelt wird, dass die Gestaltung des Platzes noch nicht ausgereift sei. Auch ein klimapositiver Betrieb sei „nicht nachvollziehbar“, obwohl das Energiekonzept „insgesamt schlüssig“ sei. Zudem sei die Verwendung von Grundwasser nicht genehmigungsfähig.

Dritter Platz: Hascher Jehle Design GmbH und Topos Stadtplanung/Landschaftsarchitektur/Stadtplanung osd GmbH

Architektonische Gestalt: Auch dieses Team setzt auf eine plastische, in der Höhe gestaffelte, aber insgesamt niedrigere Gebäudekontur (maximal 12 Meter), die neben dem Denkmal als Solitär bestehen kann. Der unterirdische Übergang zwischen Alt- und Neubau hat Oberlichter im Platz und schließt dort an einen Ausstellungsbereich an. Ähnlich wie der Siegerentwurf hat der Bau eine Fassade aus Lamellen in „differenzierter horizontaler Schichtung“. Sie sollen aus Naturstein sein. „Die einzelnen Schichten springen dabei vor oder zurück und werden von horizontalen Fensterbändern unterbrochen“, heißt es in der Präsentation. Für das auf dem Sockel sitzende Obergeschoss ist eine vorgehängte begrünte Ebene vorgesehen, die nicht nur gut aussieht, sondern auch das Mikroklima verbessert.
Freiraumplanung: Es entsteht ein großzügiges Kulturforum, geeignet für Open-Air-Veranstaltungen, mit freien Durchblicken und über Rampen und Terrassen mit dem Bürgerpark verbunden. Neben den „Stadtterrassen“ soll das Café auf der zweiten Ebene des Neubaus als eine Art „Stadtbalkon“ ein attraktiver Treffpunkt werden. Die angrenzenden Wasserbecken auf der Garage sollen zu Spiel- und Sportflächen werden.

Energiekonzept: Geplant ist Stromversorgung aus Photovoltaik (plus Speicher) und Brennstoffzellen, die mittelfristig statt Erdgas auf CO2-neutralen Wasserstoff verbrennen könnten. Eine reversible Wärmepumpe soll sowohl fürs Heizen als auch für die Kühlung sorgen über Boden- und Wandleitungen. Neben den klassischen Umweltwärmequellen der Wärmepumpe (Luft, Sole) soll die Saar mit in das Energiekonzept einbezogen werden (nicht nur in diesem Entwurf). Eine passive Kühlung und ein Nachtlüftungskonzept sorgen für niedrigen Energiebedarf. Regenwassernutzung.

Das sagt die Jury: Sie hält den Bau für „maßvoll dimensioniert“ und „selbstbewusst“ und lobt die Möglichkeit, Sicht- und Wegeachsen zwischen der Halle und dem Park zu „inszenieren“. Auf dem Vorplatz (Kulturforum) wünscht sie sich allerdings „kontinuierliche Baumstrukturen“. Hauptkritikpunkt: die hohe Versiegelung der vorgelagerten Bereiche im Bürgerpark. Außerdem ist die Jury nicht überzeugt von der unterirdischen Verbindungspassage – zu dunkel.

Weiterer dritter Platz: Arbeitsgemeinschaft gmp International GmbH (von Gerkan/Marg und Partner) und Rainer Schmidt Landschaftsarchitekten GmbH & ee concept GmbH aus Aachen

Architektonische Gestalt: Zweigeschossiges, quadratisches Congressgebäude mit aufgesetztem Staffelgeschoss. Der Bau ist so hoch wie das Denkmal und hat einen mehrfach unterteilbaren Mehrzwecksaal mit indirektem Tageslicht sowie einen kleinen Saal. Er wird als „kompakt und wirtschaftlich“ beschrieben. Über einen offenen Durchgang zwischen Alt- und Neubau gelangt man vom Vorplatz zum Bürgerpark. Bei Bedarf kann der Durchgang mit Schiebefassaden-Elementen zu einem Windfang werden, der jederzeit passierbar bleiben soll.

Brüstungsbänder aus weißem Beton bilden äußerlich das Grundgerüst für die offenen und geschlossenen sowie teilweise zurückspringenden Bereiche der Fassade und eine große Besucherterrasse im Obergeschoss. Vertikale, goldfarbene Metallelemente zwischen den Brüstungsbändern sollen mit gleichfarbigen Photovoltaik-Elementen belegt sein.

Die Freiraumgestaltung dieses Entwurfes ist bereits gut ausgearbeitet und schließt das Bahnhofsareal mit ein: Von dort sollen Fußgänger über eine Baumallee ( „Stadtboulevard“) zur Halle kommen und an die Saar geleitet werden. Der Hoffmann-Platzsoll ebenfalls von Alleen mit klimaverträglichen Baumarten gesäumt werden. Vieleckige Pflanzinseln mit Vollholzbänken und eine Wasserfläche laden dort zum Verweilen ein. Eine „Stadtterrasse“ am Bürgerpark mündet in eine weitläufige Freitreppe, die auch als Tribüne einer Stadtbühne für Open-Air-Veranstaltungen dient. Die Docks an der Saar sollen mit eingebunden werden. Angrenzend an den Vorplatz der Congresshalle ist eine Freitreppe mit barrierefreier Rampe geplant. Die Wasserflächen des Parkhauses werden begrünt und bieten Spiel- und Ruheflächen.

Energiekonzept: „Die nachhaltige und zukunftsweisende Entwicklung des CCS steht im Mittelpunkt dieses Entwurfs“, schreiben die Architekten. Das Gebäude soll den Energieeffizienzstandard 40 haben, ist damit aber nicht in der höchsten Effizienzklasse. Sehr viel Grün – Bäume, insektenfreundliche Beete, Gründächer – sollen den gesamten Platz und sein Umfeld verschatten und kühlen sowie Regenwasser zurückhalten. Für Strom zum Eigenverbrauch gibt es großflächige Photovoltaikanlagen (plus Speicher). Geheizt wird mit Wasser-Wärmepumpen (und Saar-Wasser). Es gibt Sonnenschutz und Nachtluft-Klappen, aber maschinelle Lüftung mit Wärmerückgewinnung. Geplant sind Heiz-Kühl-Decken.

Das sagt die Jury: Sie lobt die Funktionalität und die gute Tageslichtversorgung des Baus, der der alten Congresshalle aber „zu nahe“ komme. Auch der verglaste Übergang zwischen Alt- und Neubau wirke „unentschieden“, weil nicht klar sei, wann er wie geschlossen wird, so dass der freie Zugang zum Bürgerpark dort nicht immer gewährleistet ist. Die Jury kritisiert die „unterdurchschnittliche Flächeneffizienz“ und die Höhe, die womöglich die Betriebskosten steigere und so den Anspruch auf Nachhaltigkeit konterkariere. Positiv sei, das keine fossilen Energieträger verwendet werden sollen. Wie das zu schaffen sei, müsse weiter ausgearbeitet werden.

Vierter Platz: Arbeitsgemeinschaft Krug Grossmann Architekten, eep Architekten ZT GmbH & Freiland ZT GmbH Rosenheim.

Hier wird ein flacher Verbindungsbau mit kreisrunden Lichthöfen zum Neubau geschaffen. Er dient als Foyer und Ausstellungsfläche. Darunter hindurch gelangt man in den Park. Der Neubau-Sockel geht fließend in den zweigeschoßigen Sockel des Denkmals über. Auf dem Sockel ruhen die neuen Veranstaltungssäle. Die Hafenstraße wird in den Vorplatz eingebunden und verkehrsberuhigt. Der „sensible Umgang mit dem unter Denkmalschutz stehenden Bestand ist besonders gelungen“, schreibt die Jury.

Der fünfte Platz geht an die Saarbrücker Arbeitsgemeinschaft der Büros Hepp + Zenner, Schaus Decker, Rollmann, Neumann Gusenburger und Anja Diehl. Sie haben einen markanten, textilbespannten Kubus entworfen, der sich mit seinen durchsichtigen Hauptfassaden sowohl zur Stadt wie zum Park hin öffnet und dem Denkmal keine Konkurrenz macht. Der gläserne Verbindungsgang soll normalerweise hälftig offen sein für den Zugang von Fußgängern zum Park. Die Jury überzeugt diese Lösung aber nicht. Sie lobt den Entwurf zwar für seine „Zurückhaltung gegenüber dem Bestand“, kritisiert aber, dass er durch einen „hohen technischen und energetischen Aufwand“ erkauft werde.

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