Sommerkurse am Uniklinikum Chirurgen üben Ernstfall an der Puppe

Homburg · Die international renommierten Sommerkurse am Uniklinikum tragen auch zu einem positiven Saarlandbild bei.

 Aus der ganzen Welt kommen Chirurgen ins Saarland, um bei Professor Pohlemann (in blau) am Uniklinikum des Saarlandes neue OP-Praktiken bei Beckenverletzungen zu lernen.

Aus der ganzen Welt kommen Chirurgen ins Saarland, um bei Professor Pohlemann (in blau) am Uniklinikum des Saarlandes neue OP-Praktiken bei Beckenverletzungen zu lernen.

Foto: Christine Maack

Auf dem Operationstisch liegt eine Plastikpuppe. Sie hat nicht nur ein gebrochenes Bein, sondern auch ein zertrümmertes Becken. Aus einem Loch im Bauch quillt rötliches Wasser heraus, das mit Hilfe von blaugrünen Putzlappen aufgefangen wird, die die Chirurgen in das Loch hineinstopfen. Das Becken der Puppe haben sie mit einer Schraubzwinge festgemacht, damit es nicht auseinanderfällt. Die Werkzeuge sehen alle ein bisschen aus, als habe man den Klempner gerufen, nicht den Arzt.

Professor Tim Pohlemann, Leiter der Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie am Universitätsklinikum des Saarlandes in Homburg, hatte Mitte Juni zum alljährlichen Beckenkurs eingeladen. Aus 22 Nationen stammen die 61 Unfallchirurgen und Orthopäden, die sich jedes Jahr im Juni am Universitätsklinikum fortbilden. Mit dem Beckenkurs habe sich „ein Format etabliert, das sich zum weltweit führenden Konzept zur Schulung und Fortentwicklung modernster Behandlungstechniken nach Beckenfrakturen und Hüftproblemen entwickelt hat“, so Pohlemann.

Der Frühsommer am Uniklinikum des Saarlandes ist der Weiterbildung gewidmet, denn das ist die beste Zeit, um möglichst viele Experten zu erreichen, bevor der Sommer beginnt. Und es ist durchaus ein Standortfaktor für das Saarland, wenn international beachtete Kurse auch in Homburg stattfinden.

Jedes Jahr Ende Mai reisen 40 Herzchirurgen aus der ganzen Welt nach Homburg, um zu erfahren, wie man eine äußerst komplizierte Herzklappenoperation ausführt. Der weltweit gefragte Experte dafür ist Professor Hans-Joachim Schäfers, Chirurg am Universitätsklinikum. Seine Motivation: „Ich gebe mein Wissen an Spezialisten weiter. Ich bin der Wissenschaft und der Medizin verpflichtet, diese über Jahre angesammelte Erfahrung nicht für mich zu behalten.“ Bei Professor Pohlemann standen diesmal Notfallkonzepte zur Lebensrettung nach schweren Beckenverletzungen und neueste Techniken zur Rekonstruktion des Hüftgelenkes im Fokus des Expertentreffens.

Nach Beckenbrüchen infolge von Unfällen ist das Verbluten immer eine große Gefahr, „früher starben über 60 Prozent der Patienten, es ist uns gelungen, diese Rate auf 20 Prozent herunterzudrücken, was auch dem Einsatz von entsprechenden Geräten zu verdanken ist, die wir mitentwickelt haben“, so Pohlemann. Der Ansturm auf seinen Kurs ist groß, „weil es international nichts Vergleichbares gibt.“ Wie der Kurs über die Aortenklappe ist auch der Beckenkurs für gestandene Chirurgen konzipiert, die diesen Job schon viele Jahre machen und ihre Methoden verbessern wollen. Es herrscht eine gut gelaunte und gleichzeitig konzentrierte Atmosphäre. Pohlemann geht von einem Tisch zum anderen, erklärt und legt selbst Hand an.

 Professor Knopp leitet den Lappenkurs

Professor Knopp leitet den Lappenkurs

Foto: Wolfgang Koop

Doch nicht nur Knochen, auch Weichteile müssen wiederhergestellt werden, weshalb es in Homburg auch einen Kurs zum Thema „Lappenplastiken“ gibt, der mit zwölf Teilnehmern ebenfalls immer ausgebucht ist und von dem Unfallchirurgen Professor Walter Knopp geleitet wird. Das aufwändige Verfahren der Weichteilrekonstruktion erfordere eine fundierte Ausbildung, ein ständiges Training und eine Weiterentwicklung der Techniken. „Es ist wichtig, diese Praktiken zu üben, denn die Gefäße müssen an den Lappen einzeln befestigt werden, das ist vor allem unter Zeitdruck nicht einfach“, so Knopp. Und was bietet Homburg außerhalb der Fortbildung? Teilnehmer, die zuvor kaum wussten, wo das Saarland liegt, seien begeistert wieder abgereist, so der Eindruck der Professoren. Die einen sitzen gerne mit ihren Kursteilnehmern im Biergarten, die anderen in der Biosphäre. Das Saarland biete nette Gelegenheiten, die fachlichen Diskussionen abends in angenehmer Runde fortzusetzen, betont Pohlemann. Dabei werde auch ein weltweites Netzwerk von Experten  aufgebaut, die gerne das Saarland weiterempfehlen. Die internationalen Kurse trügen über die fachliche Bedeutung hinaus  viel zu einem positiven Saarlandbild bei.

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