Brüder helfen damals wie heute den Armen in der Stadt Als ein Ausdruck der Mitmenschlichkeit

St Wendel · Die St. Wendeler Sebastianus-Bruderschaft begeht am Montag, 20. Januar, ihren 573. Jahrestag. Seinerzeit schlossen sich St. Wendeler Bürger ständeübergreifend zusammen, um die Not in Stadt und Umland zu lindern.

Auf eine 573 Jahre alte Tradition kann sich die St. Wendeler Sebastianus-Bruderschaft berufen. Im Pest- und Hungerjahr 1441 schlossen sich nämlich St. Wendeler Bürger aus allen Ständen zusammen, um die in Stadt und Umland grassierende Seuchen- und Hungersnot zu lindern. In bruderschaftlichen Angelegenheiten galten die Standesgrenzen nicht: Geistlicher, Ritter, Handwerker und Bauersmann wollten der Not solidarisch begegnen und organisierten sich nach Art einer mittelalterlichen Handwerkerzunft, die sich gegenseitige Hilfe und die Unterstützung der Armen im Stadtbereich zur Aufgabe machte.

Und das tut sie bis heute. Denn die Bruderschaft ist auch heute noch aktiv. Ihr wichtigster Tag ist der 20. Januar, in diesem Jahr ein Montag. Dann kommen die Mitglieder der St. Wendeler Sebastianus-Bruderschaft zum Jahrestag und Patronatsfest zusammen, um nach ihrer uralten Regel zu helfen, die besagt: "die gesell undt Bruderschafft halten undt follvirren" (die Gesell- und Bruderschaft zu halten und zu vollführen). An diesem Tag übergeben die Mitglieder ihre Spende für bedürftige Bürger dem so genannten Bruderrat.

Der Sebastiantag beginnt am Montag, 20. Januar, um 10 Uhr mit einem Hochamt in der Basilika St. Wendelin für die lebenden und verstorbenen Mitglieder der Bruderschaft. Nach dem Gottesdienst kann die Spende im Laufe des Tages im "Vaterhaus" Café Lerner, Balduinstraße, entrichtet werden. Als Bildandenken erhalten die Mitglieder beim Entrichten ihrer Spende eine Darstellung des heiligen Sebastian aus der Kirche St. Marien in Urweiler. Um 18 Uhr ist eine Feierstunde im Café Lerner. Gerd Schmitt hält einen Vortrag zum Thema: "Die Familie Dhame/von Hame - prägend für 200 Jahre der St. Wendeler Geschichte".

Die Bruderschaft sieht sich heute trotz ihrer katholischen Wurzeln überkonfessionell. Sie verteile die anvertrauten Spenden an bedürftige Bürger ohne Ansehen sozialer oder konfessioneller Zugehörigkeit,. heißt es in einer Pressemitteilung. Die derzeit etwa 320 Mitglieder aus allen sozialen Schichten der Bevölkerung stehen unter der Leitung eines Brudermeisters, heute ist dies Anton Stier, der von den Mitgliedern des Bruderrates unterstützt wird. Die Mitwirkung erfolgt ehrenamtlich; das Überbringen der Gaben erfolgt persönlich und diskret. So lebe die älteste Bruderschaft des Landes, die "Bruderschaft der heiligen Märtyrer Fabian und Sebastian", als Wahrzeichen des Verantwortungsbewusstseins der St. Wendeler Bürger füreinander auch heute noch fort, heißt es in der Mitteilung weiter. Die Sebastianus-Bruderschaft: Die derzeit etwa 320 Mitglieder stehen unter der Leitung eines Brudermeisters, der von einem Bruderschreiber (zuständig für den Schriftverkehr) und einem Bruderknecht (zuständig für die Kassenverwaltung) unterstützt wird. Weitere vier Mitglieder des Bruderrates leisten Dienste als Beiräte und Kassenprüfer. Sämtliche sieben Mitglieder des Bruderrates arbeiten ehrenamtlich. Sie teilen gemeinsam die eingegangenen Spendengelder zu und überbringen die Gaben persönlich und diskret. Der Bruderrat ergänzt sich bei Ausscheiden eines Bruderratsmitgliedes selbst durch Berufung eines Ersatzmannes aus den Reihen der Bruderschaft. Aus Gründen der Diskretion gegenüber den Armen gilt ein strenges Verschwiegenheitsgebot. Nach den seit dem Mittelalter geltenden Regeln kennt die Bruderschaft aus eben diesen Gründen keine Mitgliederversammlung mit Rechenschaftsbericht und keine Vorstandswahl. Die Kontrolle erfolgt durch die Mitglieder des Bruderrates gegenseitig; Brudermeister und Bruderknecht legen Rechenschaft ab vor dem Bruderrat. Das Regelwerk und eine im christlichen Denken wurzelnde Haltung der Mitglieder hat diese, über ein halbes Jahrtausend bestehende Solidaritätsgemeinschaft der St. Wendeler Bürgerschaft auch über schwierigste Zeiten am Leben erhalten.

Die seit 1441 vorhandenen Mitgliederlisten weisen neben den Namen alteingesessener Familien immer auch die Namen von Neubürgern aus, die in der Bruderschaft Aufnahme fanden. So ist es bis heute. Die Mitgliedschaft war nie ein Privileg der alten Familien, sondern Zeichen des Gemeinschaftsgeistes und der Mitmenschlichkeit unter den Bewohnern der Stadt. Die Bruderschaft kennt keine besonderen Aufnahmebedingungen; lediglich erfolgt die Registrierung der Neumitglieder am Sebastianstag im Bruderschaftslokal, dem Vaterhaus, am Bruderratstisch. Heutiges Vaterhaus ist das Café Lerner in der Balduinstraße. Jeder Bruder und jede Schwester gibt jährlich eine Spende in Höhe des eigenen Ermessens.

Die Bruderschaft, mit vollem Namen "Bruderschaft der heiligen Märtyrer Fabian und Sebastian" , wählte am 20. Januar 1441 die Heiligen zu ihren Schutzpatronen: den Papst Fabian, der die Armenpflege in Rom organisiert hatte, zum Patron gegen Hungersnot und den Offizier Sebastian, der zum Erschießen mit Pfeilen verurteilt worden war, zum Patron gegen die Pest.

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