Brieftäubin aus der Region schreibt Geschichte

Winterbach · Sie hat die Ausdauer und die Kondition eines Hochleistungssportlers: Die blaue Brieftäubin des Winterbacher Züchters Frank Selgrath hat es 2013 geschafft, die schnellste in ganz Deutschland zu sein.

 Fank Selgrath untersucht das Gefieder seiner Taube.

Fank Selgrath untersucht das Gefieder seiner Taube.

Die schnellste Brieftäubin im Jahr 2013 in Deutschland kommt aus Winterbach. "Vater" des Erfolges ist der 46-jährige Winterbacher Frank Selgrath. Ihm ist es gelungen, seine "reisenden Damen" zu Höchstleistungen zu motivieren. Die Schlaggemeinschaft Frank Selgrath und Heijo Kammer (75) hat mit beeindruckenden Leistungen Brieftaubengeschichte geschrieben. Nachdem sich beide Züchter schon in den Vorjahren immer in der Spitze des Regionalverbandes Saar-Pfalz und in der Reisevereinigung Lebach platzieren konnten, gelang den beiden Taubenfreunden 2013 der absolute Durchbruch an die Spitze des deutschen Brieftaubensports mit dem besten 1. "AS-Weibchen" auf Bundesebene. Sie sicherten sich gleichzeitig die fünfte nationale Verbandsmeisterschaft.

Seit 2009 ist Heijo Kammer Schlagpartner von Frank Selgrath. Beide züchten und pflegen in einem gemeinsamen Taubenhaus, Schlag genannt, ihre Brieftauben. Darüber hinaus besteht mit Eric Frantz (48), einem Jugendfreund von Selgrath, seit Jahren eine Art "Zuchtgemeinschaft", bei der Verstärkungen gemeinsam erworben werden und die Nachzucht getauscht wird.

Die diesjährigen Erfolge sind einmalig in der saarländischen Brieftaubengeschichte: Die einjährige Täubin mit der Ringnummer 716 setzte sich gegen 700 000 Konkurrenten in Deutschland durch und siegte bei allen elf Flügen mit insgesamt 1012 AS-Punkten. Mit dieser Leistung wurde sie das beste Brieftauben-Weibchen von ganz Deutschland. Die komplette Reisemannschaft von Frank Selgrath und Heijo Kammer wurde zudem Saarlandmeister und belegte den 5. Platz bei der Deutschen Meisterschaft, an der sich 44 000 Züchter beteiligten.

"Um solch gewaltige Leistungen zu erbringen, müssen die Tiere über das ganze Jahr hinweg ausgiebig gepflegt und trainiert werden", berichtet Frank Selgrath. So werden die kleinen Hochleistungssportler mit einer gezielten Ernährung auf die anstehenden Strapazen vorbereitet. Der Zeitaufwand, den der jeweilige Züchter erbringen muss, beläuft sich während der Reisesaison auf zwei bis vier Stunden täglich. Die aktivste Zeit der Brieftaubenzüchter ist die Zeit von Mai bis September. In diesem Zeitraum werden wöchentlich 500 bis 1000 Tauben in den einzelnen Orten der Reisevereinigung eingesetzt und mit einem speziell ausgestatteten Lkw, dem Kabinenexpress, zu den einzelnen Auflassorten gefahren.

Seit einiger Zeit ist die Phönixanlage im Winterbacher Bruchwäldchen zum neuen Domizil der St. Wendeler Züchter geworden, hier werden die Tiere meist samstags für den kommenden Wettflug eingesetzt. Nach dem Start am französischen Auflassplatz sollte die Heimreise schnellstmöglich erfolgen. Die Züchter konkurrieren in der Reisevereinigung Lebach (Zusammenschluss der RV Lebach, Neunkirchen und St. Wendel) mit 60 "reisenden Schlägen". Die Reisevereinigung Lebach wiederum ist Bestandteil des Regionalverbandes Saar-Pfalz mit über 150 reisenden Schlägen.

"Die Leistungen der kleinen Renner sind mit den Leistungen der Spitzensportler bei der Tour de France zu vergleichen", sagt Frank Selgrath, Vorsitzender der Winterbacher Brieftaubenzüchter: "Lange Wegstrecken, die zurückgelegt werden, überwiegend in Frankreich, eine große Ausdauer und Kondition mit beachtlichen Leistungen der Akteure und immer das Ziel vor Augen."

Schon in der Luft beim Anflug erkennt Frank Selgrath seine blaue Spitzentäubin. Sie hat nie das Taubenhaus direkt angeflogen, sondern zuerst immer noch eine Ehrenrunde um den Schlag gedreht, sich anschließend noch auf einem Telefonkabel vor der Gartenanlage niedergelassen und dann erst mit einer zeitlichen Verzögerung den Ausflug mit der Antenne angepeilt.

 Die Taubenzuchtanlage im Anwesen von Frank Selgrath wurde in das Gartenbild integriert. Fotos: privat

Die Taubenzuchtanlage im Anwesen von Frank Selgrath wurde in das Gartenbild integriert. Fotos: privat

 Das Reisejahr 2013 ist die Krönung ihres züchterischen Wirkens: Die Schlaggemeinschaft Heijo Kammer (75, links) und Frank Selgrath (46).

Das Reisejahr 2013 ist die Krönung ihres züchterischen Wirkens: Die Schlaggemeinschaft Heijo Kammer (75, links) und Frank Selgrath (46).

 Die Siegerin und Miss Germany 2013.

Die Siegerin und Miss Germany 2013.

Zum Thema:

HintergrundEine Wettflugsaison (jedes Wochenende von Mai bis August) besteht in der Regel aus 13 bis 14 Wettflügen (Etappen). Diese steigern sich innerhalb eines Reisejahres von Troyes (260 Kilometer entfernt) bis Angouleme (700 Kilometer) im Süden Frankreichs. Die Tauben legen diese Strecken je nach Witterungsverhältnissen mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 75 bis 80 km/h zurück. Die ersten 33 Prozent der vom Wettflug eingetroffenen Tauben werden wöchentlich in einer sogenannten Preisliste entsprechend ihrer Platzierung veröffentlicht. Diese Wettflugliste wird separat für alle durchgeführten Wettflüge erstellt. Die Taube, die am Ende einer Saison am meisten und am besten in den Listen platziert war, ist die beste Taube der Saison (AS-Weibchen).Früher wurden die Tauben noch mit der Bahn zu ihren Auflassplätzen gebracht, nach ihrer Rückkehr vom Flug wurde die Flugzeit und der mitgeführte Gummiring mittels einer verplombten, mechanischen, speziellen Taubenuhr registriert und abgestempelt, erklärt Selgrath. Heute hat wie überall der Fortschritt Einzug gehalten, die gute alte Eisenbahn wurde ersetzt durch einen voll klimatisierten speziellen Lkw (Kabinenexpress). Heute werden die Flugzeiten der Tauben, mittels eines speziellen Code-Ringes auf einem Rechner erfasst, sobald sie die im heimatlichen Schlag installierten Registrierantennen überqueren. maw

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