Töpferhandwerk Elsass Wie die Töpfer im Elsass ums Überleben kämpfen

Soufflenheim/Betschdorf · Das Poterie-Handwerk im Nordelsass feiert 300. Geburtstag. Doch die Freude ist getrübt.

 Martin Remmy arbeitet in 13. Generation als Töpfer. Trotz starker Umsatzeinbußen will er sein geliebtes Handwerk nicht aufgeben.

Martin Remmy arbeitet in 13. Generation als Töpfer. Trotz starker Umsatzeinbußen will er sein geliebtes Handwerk nicht aufgeben.

Foto: Knopf

Sie gelten als die Töpferdörfer im nördlichen Elsass: Soufflenheim und Betschdorf. Das Handwerk hat eine lange Tradition. Der Hagenauer Forst mit seinen riesigen Holzvorräten und der lehmige Boden bieten beste Voraussetzungen für die Töpferzunft. Aktuell feiert man in den Dörfern vis-à-vis von Baden-Baden den 300. Geburtstag der Arbeit mit Ton. Doch die Festivitäten stehen unter keinem guten Stern.

Die Zeiten für die Werkstätten sind längst nicht mehr so rosig wie in den Jahrzehnten zuvor. „Wir müssen kämpfen. Vor allem die Konkurrenz aus Asien macht uns zu schaffen“, erklärt Marc Siegfried, der in fünfter Generation in Soufflenheim Keramikwaren produziert. Die Qualität sei zwar schlechter, aber die Preise niedriger. Immer weniger Touristen öffnen ihr Portemonnaie in den Werkstätten der Fachwerkdörfer im Osten Frankreichs. „Vor 20 Jahren kamen etwa 50 Prozent unserer Kunden aus Deutschland, heutzutage sind es vielleicht noch fünf Prozent“, sagt Siegfried. Aber nicht nur Asien-Konkurrenz und Billigdenken befeuern den Niedergang der Poterien nördlich von Straßburg: Weinbau und Tourismus haben die Töpferei als Hauptwirtschaftszweig im Elsass schlicht überholt. Dennoch will der 55-Jährige an seinem Handwerk festhalten. Wohin das Auge blickt, sieht es kobaltblaue oder rostbraune Schüsseln, Vasen und Auflauf-Formen. Elsass-typisch mit Tiermotiven, Blumen oder Weinreben verziert. Der Klassiker ist nach wie vor das Geschirr „Marguerite“ auf blauem Grund, dessen Design aus dem 14. Jahrhundert stammt. Tochter Chloé bringt den Ton in Form, ehe er bei 1000 Grad gebrannt wird. Früher gab es in dem schmucken Straßendorf viele Poterien. Von den einst rund 700 Arbeitsplätzen in den 1960er Jahren bestehen heute aber gerade noch 100.

Ortswechsel ins wenige Kilometer entfernte Betschdorf. Dort hat Martin Remmy zu kämpfen. Bereits in 13. Generation arbeitet er als Töpfer. Über die Ardennen und den Westerwald ließen sich die Nachfahren von Hugenotten hier nieder und produzieren seit Beginn des 18. Jahrhunderts salzglasiertes Steingut – mit immer größeren Absatzschwierigkeiten. Der Umsatz schwindet pro Jahr um etwa fünf Prozent. „Den Leuten sitzt das Geld nicht mehr so locker wie das früher der Fall war“, betont Remmy und fügt hinzu: „Früher sind hier am Wochenende die Straßen voll gewesen. Heutzutage gibt es viel mehr Angebote. Das Freizeitverhalten hat sich völlig verändert“, sagt er, während er routiniert die Töpferscheibe bearbeitet. Er schätzt, dass heutzutage gerade noch sieben oder acht Familien in Betschdorf vom Töpfern leben können. „Welches Mädchen lässt sich heutzutage zur Kommunion noch Geschirr von den Verwandten schenken? Heute gibt es einen Flatscreen-TV. Fertig. Wir leben in einer komplett anderen Zeit,“ sagt er. Er wünsche sich mehr Engagement beispielsweise von der EU, um die Handwerkskunst besser zu schützen.

 Farbenfroh und liebevoll verziert – Töpferware aus dem Nordelsass. Die Handarbeit hat ihren Preis und konkurriert mit Billigware aus Asien.

Farbenfroh und liebevoll verziert – Töpferware aus dem Nordelsass. Die Handarbeit hat ihren Preis und konkurriert mit Billigware aus Asien.

Foto: Knopf

Um besser über die Runden zu kommen, setzt man in den Gemeinden seit einiger Zeit auf „Offene Ateliers“ und mehr Marketing. So wurde ein Verband gegründet, um die Töpfer-Qualität aus dem Elsass mit dem Prüfzeichen „Potiers d’ Alsace“ zu versehen. So will man die Touristen für Qualität sensibilisieren und den Niedergang abbremsen.

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