Baustellen, Staus - und Probleme für BASF Pfälzer Baustellen: von „unumgänglich“ bis „großer Kollaps“

Mainz · Viele Brücken und Hochstraßen in Rheinland-Pfalz sind marode. Die Folge sind viele Baustellen und Staus – und Probleme für den Chemie-Riesen BASF.

 Ein Baufahrzeug hobelt auf der Salierbrücke den Asphalt ab. Im Hintergrund ist der Dom zu Speyer zu sehen. Die Brücke, eine wichtige Verkehrsverbindung zwischen Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, ist wegen Modernisierungsarbeiten für mehr als zwei Jahre gesperrt. (Archivbild)

Ein Baufahrzeug hobelt auf der Salierbrücke den Asphalt ab. Im Hintergrund ist der Dom zu Speyer zu sehen. Die Brücke, eine wichtige Verkehrsverbindung zwischen Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, ist wegen Modernisierungsarbeiten für mehr als zwei Jahre gesperrt. (Archivbild)

Foto: dpa/Uwe Anspach

  Zumindest für Autofahrer ganz im Süden von Rheinland-Pfalz hat sich die Lage mittlerweile etwas entspannt. Dort wurden auf der Rheinbrücke bei Wörth nach monatelangen Sanierungsarbeiten am 28. Dezember wieder alle Spuren freigegeben. Andernorts sind weiter Staus oder Umwege angesagt. Ein paar Rheinkilometer abwärts in Speyer sieht es im Fall der Salierbrücke zum Beispiel düsterer aus. Auf dieser rund 600 langen Rheinquerung sollte bis März 2021 alles fertig werden, nun müssen unerwartete Schadstoffe beseitigt werden, das Projekt verzögert sich bis ins Frühjahr 2022. Die Baukosten steigen wohl von rund elf Millionen Euro auf mindestens 16,7 Millionen Euro.

An vielen Stellen in Rheinland-Pfalz werden marode Brücken saniert oder neugebaut. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) sagt, Behinderungen wegen der Baustellen mögen „lästig“ sein, sie seien aber „unumgänglich“. „Die meisten Brücken entlang von Bundesfernstraßen stammen aus derselben Bauzeit und haben daher auch in etwa zur selben Zeit einen Sanierungsbedarf“, sagt der Minister. „Hinzu kommt, dass die Brücken damals nicht für die heutigen Verkehre ausgelegt wurden.“

Ein Beispiel ist die Schiersteiner Brücke über den Rhein zwischen Mainz und Wiesbaden an der vielbefahrenen Autobahn 643. Sie wurde in den 1960er Jahren für rund 20 000 Fahrzeuge pro Tag gebaut, 2012 rollten täglich 90 000 darüber. 2021 soll sie als neue Doppelbrücke fertig werden – sechs Jahre, nachdem ein Element nach einem Bauunfall abgesackt war und die Region in ein Verkehrschaos stürzte.

 Ein Binnenschiff fährt an einer Baustelle an der Schiersteiner Brücke vorbei. (Archivbild)

Ein Binnenschiff fährt an einer Baustelle an der Schiersteiner Brücke vorbei. (Archivbild)

Foto: dpa/Andreas Arnold

„Unsere Brückenbauwerke sind einfach in die Jahre gekommen“, sagt auch Herbert Fuss. Er ist beim ADAC Mittelrhein Abteilungsleiter Verkehr und Technik. Gebaut worden seien viele Brücken in Zeiten mit deutlich weniger Schwerlastverkehr als heute. Weil in den vergangenen Jahren kein Geld da gewesen sei, seien Sanierungen geschoben worden, hier und da seien Tempolimits verhängt worden. „Kein Mensch, der ein Eigenheim hat, wartet, bis es reinregnet“, sagt Fuss. Es wäre schöner gewesen, wenn schon in den vergangenen 20 Jahren mehr in die Bauwerke geflossen wäre. Aber: „Jetzt passiert massiv etwas.“

Minister Wissing sieht das ähnlich. Nach der Finanzkrise 2007 sei der Verkehrsetat des Bundes stark zurückgefahren worden, für eine Erneuerung hätten zunächst keine Haushaltsmittel zur Verfügung gestanden. „Mit dem Investitionshochlauf des Bundes und des Landes hat sich dies nun geändert, was die vielen Baustellen erklärt.“ Es gehe darum, Brücken zu ertüchtigen und an heutige Standards anzupassen. Vielfach sei ein Ersatzneubau unumgänglich.

Gewerkelt wird beispielsweise auch an den Talbrücken Pfädchensgraben und Tiefenbach an der A61 – es ist Teil des sechsstreifigen Ausbaus der Autobahn zwischen der Anschlussstelle Rheinböllen und der Tank- und Rastanlage Hunsrück. Irgendwann zwischen 2022 und 2024 soll dort nach Angaben des Landesbetriebs Mobilität (LBM) alles fertig sein an dieser wichtigen rheinland-pfälzischen Nord-Süd-Verbindung. Beim LBM wurde angesichts vieler Projekte die Zahl der Planstellen für Ingenieure von 721,5 Ende 2016 auf 791,5 Ende Oktober dieses Jahres erhöht.

Besonders gravierend waren 2019 die brückenbedingten Verkehrsprobleme in und um Koblenz. ADAC-Vertreter Fuss spricht von einem „großen Kollaps“. Im April 2019 begannen an der rund einen Kilometer langen Bendorfer Autobahnbrücke an der A48 über den Rhein nördlich von Koblenz die Arbeiten in Fahrtrichtung Westerwald und dauerten bis Anfang Dezember. Nach einer Pause wird es von Ende März bis Anfang Dezember 2020 in der Gegenrichtung weitergehen.

Mit einer Notlage kämpft auch Ludwigshafen. Hier geht es um die maroden Hochstraßen. Im Februar soll der Abriss eines Teilstücks der Süd-Trasse beginnen. Bereits im Oktober – und damit noch vor den weitergehenden Sperrungen unterhalb des Bauwerks – waren die Probleme mit der Hochstraße Süd Thema im Wirtschafts- und Verkehrsausschusses des Landtages. Damals betonte Wirtschaftsstaatssekretär Andy Becht (FDP), die Metropolregion Rhein-Neckar mit Ludwigshafen sei einer der wirtschaftlichen Motoren Deutschlands. Sollte beispielsweise bei BASF eine Anlage aufgrund fehlender Roh-, Hilfs- oder Betriebsstoffe abgeschaltet werden müsse, ziehe dies in der Regel einen betriebswirtschaftlichen Schaden in Millionenhöhe nach sich.

Der Chemieriese in Ludwigshafen selbst hat angesichts der Probleme mit den Hochstraßen schon 2017 damit begonnen, eigene Maßnahmen auszuarbeiten, um betriebliche Abläufe zu gewährleisten. Dazu zählen nach Unternehmensangaben mobiles und zeitlich flexibles Arbeiten, die Anmietung von Büroflächen außerhalb Ludwigshafens, die Förderung von Fahrgemeinschaften und die Optimierung der Mobilität am Standort. Einiges sei schon umgesetzt.

„Im Güterverkehr werden wir gezwungen sein, Lkw-Verkehre auf die nördlichen Ein- und Ausfahrten des Werks zu konzentrieren und Ladezeiten und -konzepte an die Stausituation anzupassen.“ Teilweise seien dafür auch Bauarbeiten nötig. „Im Hinblick auf die aktuelle Sperrung der Hochstraße Süd beobachten wir tagesgenau die Verkehrssituation.“ Nun müssten alle Kräfte gebündelt werden, um die Region als attraktiven Wirtschaftsstandort zu erhalten und zukunftsfest zu machen.

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