Großherzogtum sieht sich auf „richtigem Weg“ Luxemburgs Pandemie-Bekämpfer: „Wir sind ganz klar in der zweiten Welle“

Luxemburg · Vor zwei Wochen hat Luxemburg wegen hoher Corona-Infektionszahlen Schlagzeilen gemacht. Das Robert Koch-Institut stufte das Land als Risikogebiet ein.

 Medizinische Mitarbeiterinnen kümmern sich in Luxemburg um eine Person, die mit dem Fahrzeug zu einer der Stationen gekommen ist, um sich auf den Coronavirus testen zu lassen.

Medizinische Mitarbeiterinnen kümmern sich in Luxemburg um eine Person, die mit dem Fahrzeug zu einer der Stationen gekommen ist, um sich auf den Coronavirus testen zu lassen.

Foto: dpa/Harald Tittel

In Luxemburg hat sich der Anstieg der Corona-Infektionszahlen nach Angaben des obersten Pandemie-Bekämpfers im Land verlangsamt: „Die Zahlen stabilisieren sich im Moment, wenn auch auf hohem Niveau“, sagte der Direktor des Luxemburger Gesundheitsinstituts, Ulf Nehrbass, der Deutschen Presse-Agentur. Luxemburg sehe sich damit auf dem „richtigen Weg“ und sei „sehr verhalten optimistisch“, die Lage in den Griff zu bekommen. „Wir sind ganz klar in der zweiten Welle“, sagte Nehrbass, der auch Sprecher der Covid-19 Task Force in Luxemburg ist.

Vor zwei Wochen war Luxemburg vom Robert Koch-Institut (RKI) zum Corona-Risikogebiet erklärt worden, nachdem es die Schwelle von 50 Neuinfizierten pro 100 000 Einwohnern innerhalb von sieben Tagen deutlich überschritten hatte. Die hohen Zahlen hingen unter anderem damit zusammen, dass Luxemburg flächendeckend teste, sagte Nehrbass. Und: Testpersonen seien auch Grenzgänger aus den Nachbarländern Deutschland, Frankreich und Belgien: „18 Prozent der entdeckten neuen Infektionen haben sich auf Grenzgänger erstreckt.“

Am vergangenen Freitag waren noch 144 Neuinfektionen registriert worden, am Samstag waren es 83, am Sonntag dann 35. Bereits gut 400 000 Einwohner und Nicht-Ansässige sind im gut 600 000 Einwohner-Land getestet worden.

Rudi Balling, Mitglied der Taskforce „Research Luxembourg“, die die luxemburgische Regierung in der Pandemie-Bekämpfung berät, hat den Anstieg der Corona-Neuinfektionen im Großherzogtum als „natürlich alarmierend“ bezeichnet. „Die Frage, ob die Situation sich weiterhin verschärft, lässt sich im Moment nicht mit Sicherheit beantworten. Es kann in beide Richtungen gehen“, sagte der Biomediziner. Eine akute Gefährdung der Nachbarländer nannte Balling unwahrscheinlich.

Ein Anstieg von Neuinfektionen werde im Moment in vielen Ländern beobachtet, nicht nur in Luxemburg, unterstrich Balling. „Man könnte sagen: Das Fass läuft gerade tröpfchenweise über. Es wird für alle wichtig werden, die Ursachen für den jetzt wieder zu beobachtenden Anstieg der Neuinfektionen zu identifizieren“, sagte der Direktor des Forschungszentrums für System-Biomedizin der Universität Luxemburg. Ein intensives Testen wie in Luxemburg finde in den Nachbarländern nicht statt.

Die Lage in Luxemburg sei nicht kritischer als in Deutschland oder in Frankreich, sagte auch Experte Nehrbass. Dadurch, dass das Großherzogtum sehr viel teste (Large-Scale Testing), „haben wir ein Schauglas: Wir sehen tatsächlich, was sich in der Bevölkerung abspielt“. So könne man gezielt Infektionsketten unterbrechen.

Ohne umfassende Tests und miteinbezogene Grenzgänger hätte Luxemburg „deutlich geringere Zahlen“. Derzeit kämen jeden Tag zwischen 60 bis 100 neue Fälle dazu. Die Einstufung vom RKI als Risikogebiet mache Luxemburg zu schaffen. „Was uns trifft, ist, wie unreflektiert das geschehen ist. Ohne Nachfrage, ohne Diskussion und völlig unvermittelt.“ Bislang beläuft sich die Zahl der positiv auf Covid-19 getesteten Personen in Luxemburg auf 6321. Darunter sind 1158 Nicht-Ansässige (Stand Montagabend). In Verbindung mit dem Virus sind 112 Menschen gestorben.

Aus wissenschaftlicher und epidemiologischer Sicht gebe es keinen Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Strategie „Testen, Tracen, Isolieren“, betonte Balling. „Natürlich sind all diese Komponenten ressourcenintensiv und erfordern sowohl ein Commitment der politisch Verantwortlichen, als auch der beteiligten Wissenschaftler und vieler anderer. Die beschriebene Strategie ist in Luxemburg früh entwickelt und umgesetzt worden.“ Wie auch in anderen Ländern habe man auch in Luxemburg gesehen, dass ein hoher Anteil der Infizierten keine Symptome zeige. „Es ist schwer, gezielte Maßnahmen zu ergreifen, wenn ich nicht weiß, wer, wo, von wem infiziert wurde.“

Das Großherzogtum habe eine Kapazität von 20 000 Tests pro Tag aufgebaut. „An 17 Stellen werden sehr effizient Tests durchgeführt. Morgens getestet, binnen 24 Stunden erhält man das Ergebnis als SMS“, sagte Balling. Wichtig sei auch, dass die Hygiene- und Abstandsregeln eingehalten würden, meinte Nehrbass. „Wenn sich nur ein kleiner Prozentsatz nicht daran hält, schlägt sich das sofort nieder, weil das Virus so infektiös ist.“

Zu einem Gespräch über die aktuelle Corona-Lage trifft sich an diesem Dienstag (12.00 Uhr) die saarländische Gesundheitsministerin Monika Bachmann (CDU) mit ihrer luxemburgischen Amtskollegin Paulette Lenert in Perl-Nennig. Das Saarland hatte jüngst seine Quarantäneregelungen für Luxemburg-Reisende angepasst. Demnach wird von nicht notwendigen Reisen ins Großherzogtum abgeraten. Berufspendler sind laut Saar-Verordnung von der zweiwöchigen Quarantänepflicht ausgenommen - ebenso Menschen, die sich weniger als 72 Stunden in Luxemburg aufgehalten haben oder einen triftigen Reisegrund haben.

(dpa)
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