Das Leben ist keine Madeleine

Luxemburg · Just zu ihrem 60. Geburtstag am 27. April hat Léa Linster nun ihre Lebenserinnerungen aufgeschrieben. Was aber nicht heißt, dass die Sterne- und Fernsehköchin kürzer treten will, auch wenn in ihrem Restaurant in Frisange mittlerweile mit Sohn Louis die nächste Linster-Generation wirbelt. Wenn die Linsters übrigens mal fremd essen, dann gern beim Saarbrücker Drei-Sterne-Koch Klaus Erfort.

 Luxemburger Markenzeichen: Spitzenköchin Léa Linster ist wohl mindestens so bekannt wie Großherzog Henri, vor dessen Palast sie hier posiert. Natürlich hat sie auch für den Großherzog schon gekocht, einmal zusammen mit Alfred Biolek, als Henri noch Erbprinz war. All das kann man jetzt in ihrem Buch nachlesen. Fotos: Iris Maurer

Luxemburger Markenzeichen: Spitzenköchin Léa Linster ist wohl mindestens so bekannt wie Großherzog Henri, vor dessen Palast sie hier posiert. Natürlich hat sie auch für den Großherzog schon gekocht, einmal zusammen mit Alfred Biolek, als Henri noch Erbprinz war. All das kann man jetzt in ihrem Buch nachlesen. Fotos: Iris Maurer

"Wie, wo bleibt das Kompliment?" Da kann Madame aber fix fuchsig werden. Pardon, man hatte bloß noch den Mund voll. Freute sich stumm der Mandelsüße ihrer Madeleine. "So sind die Männer halt", setzt Léa Linster nach: "Wenn sie einer Frau vor Jahren mal gesagt haben, ‚ich liebe dich'‚ denken sie, das reicht." Was Léa Linster will, fordert sie sich ein. Gewohnt in ihrem Sterne-Restaurant in Frisange und sonst auch zu sagen, wer den Kochlöffel schwingt. Rasch also ein Kompliment. Schon lacht sie wieder. Verführerisch. Zum Reinbeißen. Wie ihre begehrte Nascherei, nach der die fernsehberühmte Köchin sogar ihr Bistro in Kayl, irgendwo im luxemburgischen Nirgendwo, benannt hat: "Pavillon Madeleine". Niemand sonst wäre wohl darauf verfallen, diesen hypermodernen Stahl- und Glasquader nach einem wohl gerundeten Feingebäck zu taufen. Léa Linster aber gefällt's. Kontraste geben auch ihrer Vita Würze, n'est-ce pas? Denn das Leben der wohl bekanntesten Luxemburgerin (bei dieser Frage schaut sie höflich schweigend Richtung Palast des Großherzogs, ihr Lachen aber meint: "oui") war nicht immer süß wie eine Madeleine.

Arbeit, Energie, schlaflose Nächte, Riesenportionen davon, hat es neben ihrem untrüglichen Instinkt für Aromen gebraucht, dorthin zu kommen, wo sie heute steht. Ob in der Küche oder im Fernsehstudio neben Kerner, Lanz & Co. Ja, eine wunderbare Verwandlung war es schon, wie sie aus dem Lokal der Eltern mit Fremdenzimmer, Kegelbahn und Tankstelle ein Restaurant gemacht hat, das Feinschmecker aus ganz Europa ansteuern. Und sich in der ewigen Männerdomäne Topgastronomie durchzubeißen und zu halten, ist wie Sahne schlagen: frau darf nie nachlassen. "Manche sagen, ich sei Feministin, aber bin ich das?", fragt sie zweifelnd. Aus Notwendigkeit vielleicht. Denn Männer paktieren im Zirkus der Spitzenköche, gegen die es die wenigen Chefinnen dann schwer haben.

Nach wie vor ist die 59-Jährige die einzige Frau, die je den "Bocuse d'or", den Koch-Oscar, aus den Händen des Jahrhundertkochs Paul Bocuse erhielt. 1989 in Lyon war das. "Manche behaupteten damals, ich hätte den Preis bekommen, weil ich mit Bocuse ein Verhältnis gehabt hätte", sagt sie. Und schreibt das ähnlich unverblümt jetzt auch in ihren Lebenserinnerungen. Dabei ist diese Unterstellung eine Beleidigung ihrer Kochkunst. Denn ja, sie verführte Bocuse und die Jury mit saftigem Fleisch. Aber es war ihr Lammbraten à la "Bocuse d'or". Nach wie vor ein Glanzlicht ihrer Karte in Frisange, auf der modischer Schnickschnack keinen Platz findet. "Mit Molekularküche konnte ich nie viel anfangen", meint sie. Obwohl Linster sich - immer schon höchst reiselustig - Anregungen aus der ganzen Welt holt.

Von fremden Tellern naschen: Das mochte sie schon jung sehr gern, als Papa-Kind an der Hand des geliebten Vaters, der sie schon in Top-Lokale mitnahm. Und auch als Jura-Studentin in Metz: Ihr bisschen Geld trug sie in edle Restaurants, "um Neues zu erkunden". Die Juristerei blieb eine ungeliebte Episode, das Kochen lebenslange Leidenschaft. Heute begleitet sie oft ihr einziger Sohn Louis zu den Schlemmer-Exkursionen; der 25-Jährige führt zum Stolz von Maman mittlerweile mit ihr das Restaurant in Frisange und das kleine Linster-Reich mit 30 Mitarbeitern. "Ich habe ihn aber nie dazu gedrängt." Gerne geht's dann auch mal zum Saarbrücker Drei-Sterne-Koch Klaus Erfort . "Ein guter Typ", sagt Linster. Und lacht ihr süßestes Madeleine-Lachen.

Überhaupt: Das Saarland liebt sie. Die SR-Sendung "Léas Kochlust" (2004-2008) hat "meine Karriere enorm geboostet", sagt sie weltbürgerisch. Und wäre sie nicht Köchin, es hätte wohl das Fernsehen sein müssen. Sie liebt die Kamera, das "Performen". Und dass es die 2007 verstorbene SR-Moderatorin Kriemhild Waskönig war, die ihr das Tor dazu aufstieß, hält sie in ihrem Herzen fest. Léa Linster vergisst Freunde nicht. Neider halten sich von selbst in Erinnerung, das weiß sie. Als sie um die Jahrtausendwende ein Lokal im Luxemburger Bahnhof eröffnete, waren die sofort zur Stelle. Selbst das Gas für die Küche drehte man ihr öfters ab. "Draußen in Frisange, da störte ich niemand, aber in der Stadt war ich Konkurrenz." Das "débacle" hat sie längst abgehakt. Wie die Liebe, die daran und darüber zerbrach.

Da ist jetzt es auch ein Statement, dass sie vor zwei Jahren mitten in Luxemburg ihre kleine Boutique für all die Linster-Produkte - von den Kochbüchern bis zum eigenen Wein - aufmachte. Vis à vis des großherzöglichen Palastes, vor allem aber direkt neben dem Friseurladen ihrer Freundin. "Wie wichtig es ist, schick frisiert zu sein, das habe ich beim Fernsehen gelernt", sagt Linster. Darum gönnt sie sich jede Woche nun einen Besuch im Salon. Ein Ritual wie ihr morgendlicher Spaziergang durch die Weinberge unterhalb ihres Hauses.

Vieles von dem hat sie nun in ihrem Buch aufgeschrieben. Charmant und unverstellt im Ton, so wie sie redet. Wobei dieses Plaudern nicht verbirgt, wie steinig ihr bewusst gewählter "Weg zu den Sternen" war. Und auch meinte, dass das Privatleben oft auf Zwangsdiät blieb. Drei, vier Mal im Jahr sieht sie ihren Lebensgefährten Sam, wenn sie sich in New York treffen. "Aber was wollte ich auch mit einem Mann, der Zuhause rumsitzt, da bekäme ich ja nicht mal ein Ei gepellt", wischt sie die Fragen danach weg. Der Band zum Sechzigsten ist so gesehen zwar Bilanz, aber kein Zeichen dafür, dass Madame im Menü ihres Lebens schon beim Digestif angekommen wäre. "Ich habe noch viel vor", verkündet sie. Und lacht wieder ihr schönstes Madeleine-Lachen.

 Einen Gruß auf eine Packung Madeleines, den schreibt Léa Linster „avec amour“.

Einen Gruß auf eine Packung Madeleines, den schreibt Léa Linster „avec amour“.

 Léa Linster mit Freundin und Friseurin. Deren Salon liegt gleich neben Linsters Boutique in Luxemburg. Und zum Palast des Großherzogs sind es auch nur wenige Meter.

Léa Linster mit Freundin und Friseurin. Deren Salon liegt gleich neben Linsters Boutique in Luxemburg. Und zum Palast des Großherzogs sind es auch nur wenige Meter.

Zum Thema:

Auf einen BlickDas Buch "Mein Weg zu Sternen - Aus meinem Leben", das Léa Linster gemeinsam mit Kerstin Holzer geschrieben hat, ist bei Kiepenheuer & Witsch (220 Seiten, 18,99 Euro) erschienen. Es enthält auch einige Rezepte - u.a. für Madeleine. Léa Linster liest am 21. April, 19 Uhr, im Festsaal des Saarbrücker Schlosses. Karten bei der Buchhandlung Raueiser unter Tel. (06 81) 37 91 80. red

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