Für Geschichte europäischer Populärkultur Deutsch-luxemburgische Forschungsgruppe erhält rund 3 Millionen Euro

Saarbrücken/Luxemburg-Stadt · Die Forschungsgruppe „Populärkultur transnational – Europa in den langen 1960er Jahren“ wird mit weiteren rund drei Millionen Euro gefördert. Die Leitung der deutsch-luxemburgischen Forschungsgruppe hat der Saarbrücker Historiker Dietmar Hüser. In der zweiten Etappe werden auch grenzüberschreitende Fußball- und Jahrmarktkulturen erforscht.

3 Millionen Euro für Forscher um Saarbrücker Historiker Dietmar Hüser
Foto: LFT/Robert Theisen

Die Forschergruppe „Populärkultur transnational – Europa in den langen 1960er Jahren – FOR 2475“ von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Fonds National de la Recherche gefördert. Die Gesamtfördersumme beläuft sich auf über drei Millionen Euro, etwa 1,8 Millionen davon gehen ins Saarland. Gefördert wird die zweite Projektphase von 2021 bis 2025.

Hauptsächlich untersuchen die Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler Themenfelder für Promotionen und Habilitationen, die sich beispielsweise um Fernsehserien, Musikgeschichte, dem Alltag der Jugend in den 1960er Jahren und andere zeitgenössische Phänomene drehen.

Der Kontakt zur Öffentlichkeit ist für die Historikerinnen und Historiker von besonders großer Bedeutung. Denn nicht wenige heutige Zeitgenossen sind natürlich auch gleichzeitig Zeitzeugen von damals, die sich vielleicht noch an Fernsehserien, ihre Lieblings-Radiosendung oder auch über die Festkultur in ihrem Heimatort erinnern. „So konnten wir auch eine zentrale These aus der ersten Projektphase bestätigen“, sagt Dietmar Hüser. Der Professor für Europäische Zeitgeschichte ist der Sprecher der grenzüberschreitenden Forschungsgruppe. „Die innereuropäischen Transfers waren bisher viel zu wenig beachtet, der Einfluss amerikanischer Popkultur wurde bislang als zu dominant empfunden. So gibt es etwa TV-Kinderserien, die sich ganz bewusst abgesetzt haben von den Importen aus den USA und diesen – etwa bei der britischen BBC oder der italienischen RAI – mit eigenen, kulturell höherwertigen Angeboten die Stirn bieten wollten.“ Auch andere Länder wie Belgien, Frankreich oder die Niederlande warteten mit nationalen Serien auf.

Als weiteres Beispiel seien französische Lieder verschiedenster Genres genannt, die auch in Deutschland eine durchgängige und breitenwirksame Präsenz auf Tonträgern, in Rundfunk und Fernsehen fanden. Das Spektrum reichte von literarischen oder engagierten Chansons von Gréco, Brel, Brassens, Ferré oder Ferrat über massentauglichere Pop-Klänge jüngerer Künstlerinnen „à la française“ wie Françoise Hardy, Sylvie Vartan oder France Gall bis hin zu kaum klassifizierbaren Grenzgängern wie Gilbert Bécaud, Serge Lama oder Sacha Distel. „Es gab innerhalb Europas zahlreiche Multiplikatoren, die sehr viel mehr bewegt haben als man allgemein annehmen sollte“, so Hüser. Musikproduzenten beispielsweise haben Formate aus dem europäischen Ausland importiert oder dorthin verkauft. Eine solche ökonomische Perspektive auf die Geschichte der Popkultur soll einer der Schwerpunkte in den kommenden Jahren sein.

Zudem soll in der nächsten Förderperiode untersucht werden, welche Fußballfan-Kulturen es in den Grenzregionen gab oder auch, wie sich die sehr beliebten Tanzkapellen oder Jahrmärkte über Grenzen hinweg entwickelt haben.

Mit der Förderung werden vor allem Doktoranden und Post-Doc-Stellen finanziert. In den 10 weiteren Teilprojekten (sechs auf deutscher, vier auf luxemburgischer Seite) werden die Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler zentrale Aspekte der grenzüberschreitenden innereuropäischen Populärkultur untersuchen. Neben Dietmar Hüser sind Professor Clemens Zimmermann und Professor Christoph Vatter (beide Universität des Saarlandes) sowie die Professorinnen und Professoren Sonja Kmec, Machteld Venken, Valérie Schaffer und Andreas Fickers (alle Universität Luxemburg) am Leitungsteam beteiligt.

Weitere Informationen unter https://popkult60.eu/de