SZ-Serie Sommer erleben Tipps für kleine Trips in der Großregion

Saarbrücken/Trier · Der coolste Bahnhof Europas, Mergelgrotten, französisches Kristall und grenzenloser Wanderspaß. Hier ein paar Ideen für Ausflüge in der Region und ins im nahen Ausland.

 Im Dreiländereck laden mehrere Traumschleifen zum Wandern ein. Hier der Panoramaweg Perl mit toller Aussicht auf Schengen.

Im Dreiländereck laden mehrere Traumschleifen zum Wandern ein. Hier der Panoramaweg Perl mit toller Aussicht auf Schengen.

Foto: Robby Lorenz/Robbby Lorenz

Warum in die Ferne schweifen, wo es in der grenznahen Großregion doch so einfach ist, Urlaubsgefühle zu bekommen? Man braucht bloß über die Grenze zu fahren (oder zu wandern), um das nahe Ausland zu genießen. Hier ein paar Tipps für längere und kürzere Ausflüge.

Lüttich, Maastricht und das Mergelland: Wärmstens zu empfehlen ist ein langes Wochenende – oder auch eine ganze Woche – im Limburger Mergelland (niederländisch: Heuvelland). Dieser allersüdlichste Zipfel der Niederlande hat (auch, wenn es sich um die höchsten Berge des Landes handelt) so atemberaubend sanfte Hügel, so idyllische Fachwerkdörfer, so gesellige Gasthöfe und freundliche Einwohner, dass man unweigerlich an J.R.R. Tolkiens Auenland denken muss. Einfach irgendwo an den Flüsschen Gulp oder Geul eines der schnuckeligen Häuschen beziehen und schöne Ausflüge machen. Eine Festung, mehrere Mergelgrotten und viele Restaurants locken in das Touristen-Städtchen Valkenburg. Wer es lebendiger, großstädtischer und authentischer möchte, sollte nach Maastricht und Lüttich fahren.

Maastricht, die Hauptstadt der niederländischen Provinz Limburg und eine der ältesten Städte der Niederlande, passt perfekt zum Mergelland. Theaterhochschule, Kunsthochschule, ein Konservatorium, eine Philharmonie, oder das Bonnefantenmuseum machen Maastricht zum kulturellen Zentrum von überregionaler Bedeutung.

 Blick in die Kristallkirche Saint Rémy in Baccarat. 20 000 Glaselemente aus Kristallglas tauchen das Innere des Betonbaus aus den 1950er Jahren in ein mystisches Licht.

Blick in die Kristallkirche Saint Rémy in Baccarat. 20 000 Glaselemente aus Kristallglas tauchen das Innere des Betonbaus aus den 1950er Jahren in ein mystisches Licht.

Foto: Georg Bense

Wie anders ist Lüttich, wo einst die Industrialisierung des europäischen Kontinents begann. Großstädtisch cool empfängt das kulturelle Zentrum der Wallonie seine Besucher im vielleicht spektakulärsten Bahnhof Europas. Ein futuristisches Meisterwerk aus Stahl, Glas und weißem Beton des Architekten Santiago Calatrava. Chocolatiers, Pattissiers und Metzger präsentieren ihre Kreationen in Schaufenstern schöner als wertvolles Geschmeide. Spätestens nach dem sonntäglichen Wochenmarkt La Batte oder der Besteigung der Montagne de Bueren wird es Zeit, in einem der vielen guten Restaurants essen zu gehen.

Grenzenloser Wanderspaß: An den Grenzen zu Frankreich, Luxemburg und Belgien kann man die abwechslungsreichen Landschaften wunderbar erwandern. Hier eine Auswahl fünf besonders schöner Wege:

Felsenweg 1, Echternach: Bizarre Felslandschaften, eine Schluchtund farnreiche Wälder kennzeichnen diese anstrengende aber lohnenswerte Wanderroute im NaturWanderpark delux (www.naturwanderpark.eu), die auch zahlreiche Sehenswürdigkeiten bietet wie die Liborius-Kapelle, das barocke Schloss Weilerbach oder das römische Diana-Denkmal in Bollendorf. Info: knapp 20 km, sechs Stunden, schwer. Start: Rue du Pont an der alten Grenzbrücke in Echternach.

Nat‘Our Route 1 im Dreiländereck Belgien, Luxemburg, Deutschland: Diese Tour (www.naturwanderpark.eu) verläuft wahrlich im Herzen Europas. Das urige, steile Ourtal, in dem die seltene Flussperlmuschel lebt, hat sich zwischen Tintesmühle und Ouren tief ins Schiefergebirge gegraben. Das Europadenkmal in Ouren zählt zu den Höhepunkten der leichten Tour. Info: knapp 13 km, 3,5 Stunden, leicht. Start: Parkplatz an der K 148 bei der Brücke in Tintesmühlen.

Traumschleife Schengen grenzenlos: Da, wo am 14. Juni 1985 das Schengen-Abkommen unterzeichnet wurde, können Wanderer heute zwischen Luxemburg und Frankreich umherwandern, ohne die Grenze auch nur zu erahnen. Der Weg durchs Naturschutzgebiet Stromberg bietet tolle Ausblicke ins Moseltal nach Luxemburg, Frankreich und Deutschland. Ein Besuch im europäischen Museum macht die Route zu etwas Besonderem. Info: 8,1 km, 3,5 Stunden, mittelschwer. Start: Tourist-Info an der Mosel in Schengen.

Traumschleife Grenzblickweg: Wanderer laufen hier streckenweise mitten auf der Grenze zwischen Lothringen und dem Saarland. Eine Grenze mit bewegter Geschichte. Alte Grenzsteine zeugen davon ebenso wie Schützengräben des Zweiten Weltkriegs und ein schlichtes Holzkreuz an einem Ort, an dem einst Soldaten kämpften und starben. Info: 13,2 km, 4,5 Stunden, Mittelschwer. Start: Heininger Kirche in Leidingen. Mehr Infos: www.saar-hunsrueck-steig.de

Seitensprung Wehrer Rosenberg: Mit Blick über die Mosel auf Luxemburg führt diese kurze, aber schöne Tour zu Überresten einer frühmittelalterlichen Fliehburg. Weil es auf Trittsteinen durch den wildromantischen Helterbach geht und mit Trittleitern und Seilsicherungen auf den Wehrer Rosenberg hinauf ist die Route trotz ihrer nur knapp fünf Kilometer (zwei Stunden) mittelschwer. Start: Parkplatz am Bahnhof Wehr. Mehr Infos: www.moselsteig.de

Épinal/Vittel/Baccarat: Wer im Sommer Frankreich wirklich entdecken will, muss nur die schnurgeraden Autorouten mal links liegen lassen und die Route Nationale oder, noch besser, die kleinen Départementales nehmen, die sich durch die grünen Hügel der Region Grand Est winden. Mit vielen Kurven, die schon beim Fahren entschleunigen.

Gut zwei Autostunden von Saarbrücken, drei von Trier aus, lohnt Épinal sogar mal ein verlängertes Wochenende. Stolz nennt man sich Hauptstadt des Département Vosges, ist mit gut 31 000 Einwohnern aber eher ein Hauptstädtchen mit zum Teil gut konserviertem mittelalterlichen Charme, einer hübschen Burgruine, netten Cafés, Restaurant und überraschend vielen gut sortierten Antiquariaten. Stunden kann man da mit Stöbern zubringen.

Dass die in der Vogesen-Stadt so zahlreich sind, hat seinen Grund. Seinen Eintrag ins Geschichtsbuch hat sich Épinal mit der Druckkunst verdient, genauer mit den Bilderbogen. Im Grunde so was wie Urururahnen der Comics. Wunderbar bunte und facettenreiche Bildgeschichten über Helden und Heilige, über Napoleons Schlachtenglück – aber auch über sein Waterloo. Sie boten (und bieten) Unterhaltung, waren früher Zeitung, Illustrierte und Fernsehen zugleich. In Zeiten, als längst noch nicht jeder lesen und schreiben konnte. Ein gewisser Charles Perrin (1756 bis 1836) begründete in Épinal diese Tradition. Geschäftstüchtig druckte er Bilderbogen, Heiligenbilder aber auch Spielkarten; Himmel und Hölle zugleich. Die „Maison Imagerie d’Épinal“ gibt es heute noch, die letzte Bilderbogendruckerei, wo man das Drucken miterleben kann, aber auch viel über die Historie der bunten Bilderbögen aus Lohringen erfährt.

Épinal hat aber auch als Kommune die Chance genutzt, seine Geschichte zu präsentieren und sich 2003 ein neues, schickes, auch architektonisch beeindruckendes Musée de l’Image gegönnt. Das ist ein modernes Mitmachmuseum mit vielen Angeboten für Kinder, in dem man aber auch viel über Medien, die Macht der Bilder und moderne Kommunikation erfährt. Außerdem kann man vor hier aus zum „Chemin des Images“ starten, einem Weg der Bilder durch die ganze Stadt zu Schaukästen, die immer wieder neu von Künstlern bestückt werden (mehr Infos: www.museedelimage.fr und www.imagesdepinal.com)

Von Épinal aus ist es bloß ein beherzter Steinwurf bis nach Baccarat. Gut 4000 Einwohner zählt das Städtchen, seit Jahrhunderten aber sorgt man für den großen Glanz auf den gedeckten Tafeln der echten und Möchtegern-Majestäten – mit edlem und sündteurem Kristallglas. Ludwig XV. selbst gab Order, eine Glasbläserei in Baccarat zu eröffnen. Die bekam 1823 die erste königliche Bestellung. Und bald schon lieferte die Manufaktur ihren transparenten Luxus – Gläser, Vasen, Leuchter – in alle Welt. Im Musée du Cristal zeigt man heute, wie der Luxus gemacht wird und welch’ wunderbare Blüten die Glasmacher schon getrieben haben. Mehr Bling-Bling in Glas geht nicht. Wer die gläserne Schönheit aber mit mehr Andacht genießen möchte, kommt in der täglich bis 17 Uhr geöffneten Kirche Saint-Rémy zur Ruhe. Quasi schnörkellos das Betongehäuse aus den 1950er Jahren, aber was für ein Rahmen für die über 20 000 Kristallglasteile und Glasfenster. Beeindruckend!

Jeder kennt natürlich die Flaschen mit dem rot-weißen Etikett, wer aber war schon mal in Vittel? Gut 5000 Einwohner reichen sicher nicht für ein pulsierendes Leben. Aber das Wasser aus den kühlen Quellen lockte schon die Römer, um diverse Zipperlein zu kurieren. Die alte Wandelhalle, der Kurpark und ein erstaunlich üppiger Bahnhof mit einer schmucken Schalterhalle wirken beinahe mondän, wecken Kurbad-Romantik. Die allerdings ist auch trügerisch. Die Quellen werden nämlich seit Ende der 1960er Jahre vom Nestlé-Konzern im wahrsten Sinne des Wortes ausgebeutet. Der Lebensmittelriese füllt, so heißt es, über zwei Millionen Flaschen Mineralwasser ab – pro Tag. So viel, dass man überlegen musste, ob man für die Einwohner das Trinkwasser von anderswo per Pipeline ranschafft. Das brachte die sonst eher ruhigen Kurbad-Bewohner dann aber richtig auf die Palme.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort