3000 Menschen wurden evakuiert 250-Kilo-Bombe hält die Stadt in Atem

Zweibrücken · Nachdem ein Teil der Zweibrücker City evakuiert war, konnte der Sprengkörper am Abend entschärft werden.

Die Bombe in der Gabelsbergerstraße.

Die Bombe in der Gabelsbergerstraße.

Foto: Jan Althoff

Dort, wo die ersten Baugruben für den neuen Kindergarten in der Gabelsbergerstraße ausgehoben werden, steckt am Dienstag das eine Bein eines gedachten Zirkels. Hier wurde eine 250 Kilogramm schwere britische Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden. Auf Wunsch des Kampfmittelräumdienstes soll sie noch an diesem Tag entschärft werden. Grund ist laut Ordnungsamtsleiter Klaus Stefaniak der spezielle Zünder. Der sei „problematisch“.

Der Kreis um die Fundstelle, der evakuiert werden muss, hat einen Radius von 500 Metern. Dazu gehört das Hilgard-Center, das schon Punkt 14 Uhr so leer ist wie sonst nur an Sonn- und Feiertagen. Vereinzelt kommen Kunden. Und bleiben verdutzt an der Eingangstür von Edeka Ernst stehen. „Wegen Bombenfund kurzfristig geschlossen“, steht dort auf einem Zettel.

Zum 500-Meter-Umkreis mit seinen 3000 zu evakuierenden Zweibrückern gehört auch das Awo-Seniorenheim am Rosengarten. Ebenso das Helmholtz-Gymnasium. Das Landgestüt. Die Justizbehörden vom Amtsgericht bis zum Schloss mit dem OLG. Auch die Polizeiinspektion in der Landauer Straße. Aber die nur theoretisch.

Diese von der Feuerwehr verbreitete Grafik zeigt das Evakuierungsgebiet.

Diese von der Feuerwehr verbreitete Grafik zeigt das Evakuierungsgebiet.

Foto: Jan Althoff

Wie in alten Fernsehfilmen fahren Polizei-Bullis durch die betroffenen Straßen und wiederholen immer wieder die Evakuierungs-Aufforderung. Einige Bürger entlang der Strecke sind trotzdem verwirrt, fühlen sich schlecht informiert. Warum muss das jetzt so Hals über Kopf passieren? Schließlich ist 60 Jahre lang alles ruhig gewesen. Was haben die Polizisten da gerade gesagt? Man versteht es nicht so gut, wenn man nicht auf der Straße ist. Und was ist mit den alten und kranken Leuten, die das nicht mitbekommen?

Die Antwort auf diese letzte Frage sind die vielen Feuerwehrleute, die innerhalb des Bannkreises unterwegs sind. „Darf ich fragen, wohin Sie möchten?“ Höflich aber bestimmt werden Passanten aus der Gefahrenzone geschickt. Die Helfer haben Skizzen mit der Evakuierungszone dabei. Immer wieder sieht man an diesem Tag Einsatzkräfte und Bürger über diese Skizzen gebeugt: Ist mein Haus auch drin? Wie komme ich jetzt nach Hause? Um sicherzustellen, dass alle Bürger Bescheid wissen, klingeln die Helfer an allen Häusern. Organisieren notfalls Transportmöglichkeiten.

Rund 430 Helfer sind laut Oberbürgermeister Marold Wosnitza im Einsatz. Von der Stadtverwaltung mit dem Ordnungsamt, von der Polizei, der Feuerwehr, dem THW, dem UBZ, den Stadtwerken sowie den Rettungsdiensten DRK und ASB.

Sonja Hahn erwischt die Evakuierung am Dienstag kalt. Sie lässt sich ihre gute Laune aber nicht nehmen. „Ich brauche Asyl“, ruft sie munter, als sie um 14 Uhr ins Café „Lavazza“ kommt. Sie wohne in der Landstuhler Straße, erzählt sie, wenige 100 Meter Luftlinie vom Bombenfund entfernt. Es sei dort alles gesperrt, daher sei sie in die Stadt gefahren, um hier erst einmal abzuwarten. Sie habe gerade eben mit einer Mieterin, die ebenfalls in der Landstuhler Straße wohnt, gesprochen. „Die wusste noch von gar nichts.“ Ansonsten herrschte auch in dem Café Rätselraten, wie es weitergeht. „Notfalls fahre ich nach Contwig, da wohnt mein Sohn“, sagt Sonja Hahn. Um dann, nur Sekunden später, unsicher zu fragen: „Ich komme ja wohl doch noch mit meinem Auto nach Contwig?“

Navigieren ist an diesem Tag in der Tat nicht nur für Fußgänger ein Problem. Auch Autofahrer müssen wegen der Sperrungen unter anderem der Hofenfels- und der Landauer Straße umdisponieren. Immer wieder schlängeln sich am Nachmittag und besonders im Feierabendverkehr Fahrzeuge durch Straßen an der Peripherie, in denen es zu dieser Tageszeit für gewöhnlich deutlich geruhsamer zugeht.

Wer nicht weiß, wo er hin soll, bis die Bombe entschärft ist, wird zur Pestalozzischule in die Himmelsbergstraße geschickt. Dort kann er warten, bis sich die Lage in der Innenstadt geklärt hat. Auch die Turnhalle der Herzog-Wolfgang-Realschule-Plus ist für Evakuierte gerichtet. Vor allem Bewohner des Awo-Seniorenheimes. Die bettlägerigen Bewohner werden im Nardini-Klinikum untergebracht. Kurz vor 17 Uhr werden in der Halle 76 Personen gezählt. „Ein weiterer Reisebus ist unterwegs“, ruft jemand aus dem Hintergrund. Rollstühle stehen in dem engen Gang, der in die Halle führt. Wer ankommt, wird registriert und bekommt eine Flasche Wasser. Dann bleibt nur: Warten.

Das Warten dauert länger als geplant. Weil die Evakuierung länger dauert als geplant. Um 17 Uhr sollte die Entschärfung starten, tatsächlich gehen die Experten erst um 19.25 Uhr ans Werk.

„Die Bombe ist entschärft“, informiert Oberbürgermeister Marold Wosnitza schließlich gegen 20.45 Uhr erleichtert. Zusammen mit Ordnungsamt, Feuerwehr und Polizei hatte er in der Feuerwache auf den Anruf des Kampfmittelräumdienstes gewartet. „Das war ein aufregender Tag. Aber es ist wieder gut ausgegangen.“ Gerade seien die Helfer dabei, rund 220 bettlägerige oder sonst wenig mobile Bürger zurückzubefördern. Leider hätten sich im Vorfeld der Evakuierung einige Bürger unvernünftig verhalten und ihre Wohnungen nicht verlassen wollen, das habe die Entschärfung der Bombe wie erwähnt verzögert. Wosnitza befürchtet, dass es nicht der letzte Bombenfund in Zweibrücken gewesen sein wird. Immerhin: Die Gerüchte über zwei weitere Bomben-Fundorte, die durch die Stadt gegeistert waren, erwiesen sich gestern als falsch.

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