Windräder sollen weiter weg

Hermeskeil · Die heiße Debatte um den Windkraftkurs in der Verbandsgemeinde (VG) Hermeskeil geht weiter. Die Initiative „Rettet den Hochwald“ hat am Donnerstag im Rathaus eine Unterschriftenliste übergeben. 1004 Unterzeichner verlangen vom VG-Rat, dass beim Bau neuer Räder ein größerer Mindestabstand als 1000 Meter zu Häusern gelten soll. Derweil bringt der Fund eines neuen Fledermaus-Quartiers die Windkraftpläne in der Region noch mehr ins Wanken.

 Wo Fledermäuse (unser Symbolfoto zeigt eine Kleinbartfledermaus) sind, dürfen keine Windräder hin. Foto: Schutzgemeinschaft Deutscher Wald

Wo Fledermäuse (unser Symbolfoto zeigt eine Kleinbartfledermaus) sind, dürfen keine Windräder hin. Foto: Schutzgemeinschaft Deutscher Wald

Foto: Schutzgemeinschaft Deutscher Wald

"Zeit, dass sich was dreht", heißt es in einem bekannten Song von Herbert Grönemeyer . Diese Textzeile passt auch zur Windkraftdebatte in der VG Hermeskeil . Viele Gemeinden hoffen weiter darauf, dass sich ihre Pläne verwirklichen lassen und bald auf ihrem Gebiet Räder rotieren. Doch ein streng geschütztes Tier schafft dabei immer neue Probleme. Dazu später mehr. Auf eine Wende bei der Windkraft hofft auch die Interessengemeinschaft (IG) Rettet den Hochwald.

Um ihre wichtigste Forderung zu untermauern, hat die Gruppe um den früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Karl Diller gestern im Rathaus VG-Chef Michael Hülpes (CDU ) eine Unterschriftenliste überreicht. Seit Anfang 2014 hat die IG Unterschriften gesammelt, damit sich der VG-Rat mit einem sogenannten Einwohnerantrag beschäftigt. Um die formalen Kriterien zu erfüllen, wären 450 Unterschriften nötig gewesen. Schlussendlich haben 1004 Menschen unterzeichnet, die den Standpunkt der IG teilen. 74 Prozent der Bürger sind aus der Stadt, 26 Prozent aus den übrigen zwölf Orten im VG-Gebiet. "Wir haben bei 1000 Unterschriften aufgehört zu sammeln. Sonst wären sicher mehr zusammengekommen", sagt Diller. Die Unterschriftenliste lag unter anderem in Hermeskeiler Geschäften aus. Man sei "aber nicht sammelnd durch die Orte gezogen", so Diller weiter.

Die IG habe zudem bewusst das Ende der Sommerpause abgewartet, da sich der VG-Rat nach Abgabe innerhalb von drei Monaten mit dem Einwohnerantrag befassen muss. Ziel der Gruppe ist es, dass der VG-Rat seine bisherigen Beschlüsse aufhebt. Das Gremium hatte im Mai noch einmal seinen Grundsatz bekräftigt, dass beim Bau neuer Räder ein Mindestabstand von 1000 Metern ausreicht. Die Interessengemeinschaft setzt sich hingegen für größere Distanzen ein. "Unsere Botschaft ist einfach: Je höher ein Windrad ist, umso weiter muss es von der Wohnbebauung wegstehen", sagt Diller.

Die Formel der IG lautet, dass der Abstand mindestens der zehnfachen Nabenhöhe eines Rads entsprechen muss. In der Praxis wären das rund 1400 Meter. Rückenwind hat die Gruppe durch das Ergebnis einer Einwohnerumfrage in der Stadt Hermeskeil bekommen. Dort sprachen sich am 25. Mai etwa 73 Prozent der Abstimmenden für die Position der IG aus.Dass der Stadtrat dieses Votum berücksichtigt und seine Windkraft-Planungen ändert, ist fast sicher (siehe Artikel unten).

Bleibt es im Rest der VG aber bei der bisherigen 1000-Meter-Regel, würden die Anlagen der Nachbarorte, etwa Rascheid oder Geisfeld , aus Sicht der IG immer noch zu nahe an die Hermeskeiler Stadtteile Höfchen und Abtei heranrücken. Gleiches gelte für Grimburger Räder, die weniger als 1400 Meter von Gusenburger Häusern entfernt geplant sind. Deshalb fordert die Gruppe den VG-Rat dazu auf, dass er bei der Flächennutzungsplanung für das komplette VG-Gebiet den größeren Abstand festschreibt.

Nicht auf den Augen verlieren darf man in der bevorstehenden Debatte die personelle Besetzung des neuen VG-Rats. 15 von 28 Ratsmitgliedern, also die Mehrheit, kommen inzwischen direkt aus Hermeskeil . Michael Hülpes versicherte der IG nach Übergabe der Unterschriftenliste, dass sich der VG-Rat in seiner Oktobersitzung mit dem Einwohnerantrag beschäftigen wird.

"Ich kann nicht sagen, wie diese Diskussion ausgehen wird. Nach meiner Einschätzung ist der VG-Rat aber relativ fest davon überzeugt, dass die bisherigen Planungsgrundsätze wohl abgewogen sind und Bestand haben sollen", so der Bürgermeister. In diesem Fall würde am Mindestabstand von 1000 Metern nicht gerüttelt.

Allerdings wird die Abstandsdiskussion laut Hülpes zurzeit von einem ganz anderen Problem überlagert, das eine "völlig ungeklärte Situation" zur Folge hat. Dies liegt nämlich an einem neuen Fund: Im Bereich Grimburg /Sitzerath haben Gutachter, die im Auftrag der Investorenfirma Juwi im Wald unterwegs waren, kürzlich ein neues Quartier der streng geschützten Mopsfledermaus gefunden. Bleibt es bei den bisher gültigen Vorschriften, ist im Radius von fünf Kilometern der Bau neuer Windräder tabu. "Diese neue Lage erschlägt unsere Planungen im gesamten südlichen Bereich der VG", sagt Hülpes.

Betroffen wären unter anderem Hermeskeil , Gusenburg und Grimburg . Auch in Reinsfeld würden nach Aussage von Ortschef Rainer Spies (SPD ) im günstigsten Fall drei Anlagen übrig bleiben.Mathias Queck (CDU ) ist Hermeskeils Stadtbürgermeister, Rainer Spies (SPD ) ist Ortschef von Reinsfeld , und Josef Barthen (FWG) übt das Amt in Gusenburg aus. Sie repräsentieren damit die drei größten VG-Orte und sind auch alle VG-Ratsmitglieder. Mathias Queck kündigt an, dass im Stadtrat am 23. September die geänderte Windkraftplanung vorgestellt wird. "Dabei wird das Einwohnervotum maßgeblich berücksichtigt." Bei den Vorberatungen habe es diesbezüglich einen breiten Konsens gegeben. Auch die Investorenfirma Gaia sei mit den Planungen einverstanden. Bisher waren auf Hermeskeiler Gebiet zehn Anlagen geplant. Wie viele bei größeren Abständen übrig bleiben, will Queck zwar nicht konkret sagen.

Nach Informationen unserer Zeitung werden es aber wohl vier Räder sein. Was sein Verhalten auf VG-Ebene angeht, sagt Queck: "Ich werde mich natürlich dafür einsetzen, dass die Interessen der Hermeskeiler gebührend berücksichtigt werden." Das gelte vor allem für die Pläne der Orte, die an Hermeskeil angrenzen - etwa Rascheid und Geisfeld . Reinsfeld nennt Queck nicht. Die dort geplanten Räder sind über 1400 Meter von Hermeskeiler Gebiet entfernt. Rainer Spies betont: "Ich bin ganz klar dafür, dass wir im VG-Rat bei den bisherigen Beschlüssen bleiben und die 1000 Meter auf keinen Fall aufheben." Die Reinsfelder Bevölkerung stehe auch hinter diesem Kurs.

Regeln über Bebauungsplan

"Wenn die Hermeskeiler auf ihrem Gebiet größere Abstände einhalten wollen, können sie das doch über einen Bebauungsplan regeln", sagt Spies. Josef Barthen betont: "Uns ist zwar allen bewusst, dass die Hermeskeiler inzwischen im VG-Rat die Mehrheit haben. Meine persönliche Sicht ist aber, dass wir die 1000-Meter-Regel beibehalten sollten und es jeder Gemeinde selbst überlassen bleibt, wie sie mit der Abstandsfrage umgeht."

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