Tat jährt sich zum ersten Mal Polizistenmord von Kusel von der Tat bis zur Verurteilung: Eine Chronik
Kusel · Vor genau einem Jahr wurden bei einer Routinekontrolle am frühen Montagmorgen eine Polizistenanwärterin und ein Oberkommissar erschossen, zwei Männer wurden verhaftet. Inzwischen wurde Andreas S. für die Tat mit lebenslänglicher Haft bestraft. Eine Chronologie der Ereignisse.

Tödliche Schüsse auf zwei Polizisten in Kusel: Eine Chronik
Eine 24-jährige Polizeianwärterin und ein 29-jähriger Oberkommissar befahren am frühen Montagmorgen, 31. Januar, die Kreisstraße 22. Die Zivilstreife der rheinland-pfälzischen Inspektion Kusel, hatte zur Aufgabe, Aufklärungsarbeit im Bereich der Einbruchskriminalität zu leisten. Die beiden Polizisten waren zwar in einem Zivilfahrzeug unterwegs, trugen aber Sicherheitswesten und Uniformen.
Laut SZ-Informationen ist die Polizeianwärterin in Homburg aufgewachsen und wohnte mit ihrem Lebensgefährten im benachbarten Waldmohr.
Weiterhin stand sie offenbar kurz vor Abschluss ihrer Ausbildung und hätte im Mai ihren Dienst aufgenommen. „Sie hatte alle Trainings, Schießtrainings, Einsatztrainings, Zugriffstrainings absolviert“, sagt Vize-Polizeipräsident Heiner Schmolzi auf einer Pressekonferenz am Dienstag.
Für gewöhnlich werden Auszubildende zu diesem Zeitpunkt als vollwertige Kollegen auf Streife eingesetzt. Sie habe bereits zwei Praktika beim Polizeipräsidium gemacht, war also fast „eine fertige Polizistin, dann kann man das machen“, sagte Schmolzi über ihren Einsatz.
Ihr Kollege sei „sehr anerkannt, erfahren, achtsam und aktiv“ gewesen, fügt er hinzu. Polizeipräsident Michael Denne sprach von einem „sehr sympathischen, sehr offenen Kollegen“. Auch der 29-Jährige stammt aus dem Saarland und spielte Fußball beim FC Freisen.
Letzter Funkspruch um 4.20 Uhr abgesetzt
Um kurz vor 4 Uhr gaben sie einen Funkspruch durch. Darin berichteten sie ihren Kollegen, dass sie bei einer Verkehrskontrolle zwischen Mayweilerhof und Ulmet „dubiose Personen“ festgestellt hätten, deren ganzer Kofferraum eines Kastenwagens voller Wild sei.
Gegen 4.20 Uhr funken sie: „Kommt schnell, die schießen, die schießen.“ Die unterstützenden Einsatzkräfte trafen etwa zehn Minuten später ein – doch für die beiden kam jede Hilfe zu spät.
Nach tödlichen Schüssen auf Polizisten: Spezialeinsatzkommando fasst Tatverdächtigen in Sulzbach
Die 24-jährige Polizeianwärterin lag tot vor dem Zivilfahrzeug. Sie wurde durch Schüsse aus einer Schrotflinte, unter anderem in den Kopf, getötet. Ihr 29-jähriger Kollege wurde schwer verletzt hinter dem Fahrzeug neben einer Böschung gefunden und war nicht mehr ansprechbar. Er wurde von vier Schüssen aus einem Jagdgewehr getroffen, einer davon in den Kopf. Kurze Zeit später erlag er seinen Verletzungen.
„Im Moment gehen wir davon aus, dass mindestens zwei Waffen verwendet wurden“, sagte Oberstaatsanwalt Stefan Orthen. „Und wir gehen auch davon aus, dass diese zwei Waffen von den beiden Beschuldigten genutzt wurden, also, dass jeder geschossen hat.“
Oberkommissar schoss 14 Mal
Die Ermittler stellen fest, dass der Polizeioberkommissar sein ganzes Magazin mit insgesamt 14 Schuss leer geschossen hat. Er trifft jedoch nur den Kastenwagen und nicht die zwei Insassen des Fahrzeugs.

Zwei Polizisten aus dem Saarland in Kusel erschossen – Bilder zeigen die Fahndung nach den flüchtigen Tätern
Demgegenüber habe die Polizeianwärterin vermutlich eine Taschenlampe und die Papiere in der Hand gehabt, als auf sie geschossen wurde.
Vor Ort fanden die Einsatzkräfte den Führerschein des 38-jährigen Andreas S. aus dem Saar-Pfalz-Kreis. Neben der getöteten Kollegin lag sein Personalausweis.
Fahndung nach Andreas S. im Saarland
Rund 200 Beamte der rheinland-pfälzischen und der saarländischen Polizei rückten zur Fahndung aus.
Mit einem Foto des Verdächtigen Andreas S. wandten sich die Ermittler an die Bevölkerung. Gegen 17 Uhr verließ der 38-jährige ein Wohngebäude in Sulzbach. Dann erfolgte der Zugriff der Polizei an seinem Auto. Andreas S. ließ sich widerstandslos festnehmen. Bei einer Durchsuchung des Wohnobjekts wird auch der zweite Tatverdächtige, ein 32-Jähriger, verhaftet. Nach SZ-Informationen wohnte er in einer stadtbekannten Einrichtung in Sulzbach, wo sozial Benachteiligte leben. Die beiden Männer sollen befreundet sein.
Polizei stellt Waffenarsenal in Spiesen-Elversberg sicher
Bei den Verdächtigen wurde ein großes Waffenarsenal sichergestellt. Bei einer Hausdurchsuchung im saarländischen Spiesen-Elversberg fand die Polizei fünf Kurzwaffen, ein Repetiergewehr, zehn weitere Langwaffen, eine Armbrust sowie einen Schalldämpfer und Munition. Im Haus des zweiten Tatverdächtigen entdeckten die Ermittler zwei Langwaffen. Darunter seien auch die Tatwaffen gewesen, hieß es aus Sicherheitskreisen.
Vertuschung einer Wilderei als Motiv für Polizistenmord
Am Dienstagvormittag werden die beiden Verdächtigen dem Amtsrichter in Kaiserslautern vorgeführt. Der erlässt Haftbefehl wegen des Verdachts des gemeinschaftlichen Mordes in zwei Fällen und wegen Wilderei. Als mutmaßliches Motiv für den Doppelmord, sehen die Ermittler die Absicht, eine Wilderei vertuschen zu wollen.
Andreas S. wegen Jagdwilderei polizeibekannt
Beide Tatverdächtige sind nicht vorbestraft, doch der 38-Jährige ist bereits wegen Jagdwilderei und Verkehrsunfallflucht polizeibekannt, sagte Kriminaldirektor Frank Gautsche. Gegen den 38-jährigen Tatverdächtigen Andreas S. hat die Staatsanwaltschaft Saarbrücken in den vergangenen Jahren nach SZ-Informationen mehrfach ermittelt. Dabei ging es unter anderem um mögliche Insolvenzverschleppung und Betrugsvorwürfe. In zwei Verfahren ist bereits Anklage erhoben worden.
Der 32-Jährige war der Polizei wegen Betrugsdelikten bekannt. Es gebe Hinweise, dass beide gewerblich und professionell gewildert hätten.
Andreas S. aus dem Saarland wurde der Jagdschein entzogen
Andreas S. aus Spiesen-Elversberg soll nach SZ-Recherchen neben seiner Tätigkeit als Jäger, auch Mitglied in einem Schützenverein gewesen sein. Seit 2020 hat die Jagdbehörde ihm allerdings wegen mangelnder Zuverlässigkeit den Jagdschein entzogen – und damit auch die Waffenbesitzkarte.
Prozess und Urteil vor dem Landgericht Kaiserslautern
Am Mittwoch, 30. November, befand Richter Raphael Mall den Hauptangeklagten Andreas S. wegen zweifachen Mordes für schuldig. Das Gericht verhängte eine lebenslange Freiheitsstrafe und stellte die besondere Schwere der Schuld fest. Damit ist es ausgeschlossen, dass der 39-Jährige nach 15 Jahren aus dem Gefängnis frei kommt. Erfahrungsgemäß, so Richter Mall, wird Andreas S. für mindestens 20 bis 25 Jahre in Haft bleiben.
Ebenfalls angeklagt war Florian V. Gegen diesen hatte es kurz nach der Tat ebenfalls Mordermittlungen gegeben. Am Ende blieb nur noch eine Anklage und Verurteilung wegen schwerer Jagdwilderei übrig. Allerdings ohne Strafe. Das Gericht würdigte es, dass Florian V. schon zu Beginn der polizeilichen Ermittlungen wesentlich zur Aufklärung beigetragen hatte und auch den Namen von Andreas S. genannt hatte.