Tanja Gräff ist seit sieben Jahren spurlos verschwunden - Mutter hat das Vertrauen in die Polizei verloren

Trier · Mit großem Aufwand hat die Trierer Polizei nach der vor sieben Jahren unter mysteriösen Umständen verschwundenen Tanja Gräff gesucht. Vergeblich. Gibt es noch eine Chance, das Schicksal der damals 21-Jährigen zu klären?

Wer die Trierer Ermittler nach ihren Bemühungen im Fall Tanja Gräff fragt, der wird mit einem Berg an Zahlen konfrontiert: 2020 Hinweise, 871 Spurenakten, 200 Stehordner, 173 Asservate, zig Ermittler . "Es ist wirklich nichts unversucht gelassen worden, den Fall aufzuklären oder zumindest einen Erfolg versprechenden Ermittlungsansatz zu finden", sagt Triers Leitender Oberstaatsanwalt Peter Fritzen. Der erst seit kurzem an der Spitze der Staatsanwaltschaft stehende Fritzen hat den Fall von seinem Vorgänger Jürgen Brauer übernommen, dem seinerseits der Fall Tanja Gräff von seinem Vorgänger Horst Roos übergeben worden war. Peter Fritzen ist also schon der dritte Trierer Chef-Ermittler, der sich mit dem mysteriösen Kriminalfall befasst.

Doch woran liegt's, dass sich der Fall Tanja Gräff bis dato einfach nicht lösen lässt? Der Jurist Detlef Böhm glaubt, einen Grund zu kennen. "Die Trierer Polizei hat viel gemacht, aber eben auch einiges versäumt", sagt der Rechtsanwalt, der sich im Auftrag von Tanjas (inzwischen verwitweter) Mutter seit drei Jahren mit dem Fall befasst. Böhm habe sich die Akten angeschaut und sei dabei auf einige "nicht nachvollziehbare und völlig inakzeptable Nachlässigkeiten" gestoßen. Einer der Kritikpunkte: Das Umfeld von Tanjas damals neuem Freundeskreis sei von den Ermittlern nie richtig unter die Lupe genommen worden. Staatsanwalt Fritzen wehrt sich: "Alle ermittelbaren männlichen Bekannten" von Tanja Gräff, mehr als 200 Personen, seien vernommen und überprüft worden.

Als Indiz für seine These führt Böhm an, dass einer der in der Nacht ihres Verschwindens zuletzt in der Nähe Tanjas gesehenen Männer erst Jahre später identifiziert worden sei - trotz einer recht genauen Beschreibung von Zeugen. Der Mann mit dem Spitzbart soll auf dem Sommerfest der Fachhochschule mit drei anderen Männern zusammengestanden haben. Ein bislang unbekanntes Mitglied dieser Gruppe soll einen Kommilitonen der Studentin mit den Worten "He, lass Tanja in Ruhe" angeblafft haben. Dieser Mann wird seit Jahren gesucht, weil nach dieser Situation gegen 4 Uhr morgens Tanja nicht mehr lebend gesehen wurde. Über den erst 2011 identifizierten "Spitzbart" hätten die Ermittler wesentlich früher auch die anderen Mitglieder der Gruppe identifizieren können, meint der Jurist.

Auch weitere Spuren wurden nach Böhms Meinung nicht ausreichend überprüft: Ein Zeuge hatte von panischen Schreien einer Frau berichtet, die er um kurz vor halb fünf in jener Nacht am Moselufer gehört haben will. Ein anderer Zeuge hatte mitgeteilt, dass er er zwei Tage nach dem Verschwinden der Trierer Studentin im saarländischen Homburg beobachtet habe, wie ein Unbekannter eine Tanja ähnelnde, wimmernde Frau in ein Auto geschleppt habe. Beides Beobachtungen, die nach Auffassung von Fritzen "keine Anhaltspunkte für weitere Erfolg versprechende Ermittlungen" bieten.

Tanjas Mutter hat das Vertrauen in die Trierer Ermittler ohnehin längst verloren. Sie hätte am liebsten, dass eine andere Dienststelle den Fall noch einmal unter die Lupe nimmt, unterstützt von Spezialisten des Landeskriminalamts. Dazu bestehe kein Anlass, weist Fritzen zurück. Mit einem eindringlichen Appell richtet sich Waltraud Gräff auch an den Mörder ihrer Tochter. "Als Mutter fühle ich, dass sie nicht mehr lebt. Ich wäre Ihnen unsagbar dankbar, wenn Sie wenn auch nur anonym den Hinweis gäben, wo ich mein Kind finden kann. Geben Sie Tanja ihre Würde zurück. Geben Sie mir die Möglichkeit, an ihrem Grab die Trauer zu verarbeiten."

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