Kein Einzelfall in Zweibrücken Bitte um Gnade vor Recht nicht erhört

Zweibrücken · Rechtsausschuss bestätigt Führerschein-Entzug gegen Studenten. Der war zwar nicht berauscht gefahren, hatte aber laut Blutwerten nicht nur gelegentlich Cannabis konsumiert.

 In insgesamt 22 Fällen hat das Zweibrücker Ordnungsamt 2017 und 2018 Drogenkonsumenten den Führerschein entzogen.

In insgesamt 22 Fällen hat das Zweibrücker Ordnungsamt 2017 und 2018 Drogenkonsumenten den Führerschein entzogen.

Foto: dpa/Torsten Leukert

Einen ungewöhnlichen Fall hat der Rechtsausschuss der Stadt Zweibrücken verhandelt. Ungewöhnlich deshalb, weil in diesem Ausschuss Bürger (oder deren Anwälte) normalerweise zu begründen versuchen, warum die Stadt ihnen mit einer Maßnahme Unrecht angetan hat. Diesmal aber leitete der Widerspruchsführer, ein Zweibrücker Student, seine Worte damit ein, dass er weder die Kompetenz der Ordnungsamtsmitarbeiter anzweifele noch deren Entscheidung anfechten wolle, ihm wegen Cannabis-Konsums den Führerschein zu entziehen, die Rechtslage sei eindeutig. Er bereue sein Fehlverhalten „zutiefst, ich bitte um Gnade vor Recht“. Er werde auch nicht vor Gericht gehen, wenn der Rechtsausschuss gegen ihn entscheide, obwohl sein Rechtsanwalt ihm eine Klage empfohlen habe.

Er sei kurz vor seinem Abschluss an der Hochschule in Zweibrücken, vor allem in seiner Fachrichtung sei „eingeschränkte Mobilität ein deutliches Hindernis, ich musste schon eine Praxisstelle absagen, weil ich nicht fahren darf“. Er bitte deshalb den Rechtsausschuss darum, den Führerschein-Entzug zu überdenken, Auflagen und Bußgeld akzeptiere er gerne. Er bitte auch zu berücksichtigen, dass dies sein erster Drogen-Verstoß sei und er keine Punkte in Flensburg habe. Zudem sei er derzeit in einem Abstinenzverfahren und habe gerade erfolgreich den zweiten Drogentest bestanden. Er sei damals auch „nicht berauscht gefahren“, sondern erst über 20 Stunden nachdem er Cannabis konsumiert habe. Ihm sei „nicht bewusst gewesen“, dass solange Zeit nach dem Drogenkonsum der Führerschein in Gefahr gerate.

„Gnade vor Recht können wir nicht gewähren“, biss der Student bei der Ausschussvorsitzenden, Rechtsamtsleiter Annegret Bucher, allerdings auf Granit. „Auch wenn Sie es nicht wussten: Sie hätten wissen müssen, dass bei nicht nur gelegentlichem Konsum der Führerschein zu entziehen ist!“ Und bei der nach einer Verkehrskontrolle an einem Montagnachmittag gemessenen THC-Konzentration (Cannabis-Wirkstoff) von 2,7 Nanogramm pro Milliliter Blut nach dem Cannabis-Konsum etwa 24 Stunden zuvor sei davon auszugehen, dass der Student nicht wie behauptet einmalig Cannabis konsumierte, sondern dies mehr als nur gelegentlich getan habe, erläuterte Bucher. Das Ordnungsamt hatte deshalb nach der Kontrolle den Schluss gezogen, der Student könne nicht (wie von deutschen Gerichten gefordert) zwischen Kiffen und Autofahren trennen – und ordnete deshalb im Juli den Führerscheinentzug an. Laut Rechtsprechung liegt der Grenzwert hierfür bei 1,0 Nanogramm.

Der Rechtsausschuss ließ sich rechtlich zwar nicht erweichen, bemühte sich aber, dem Studenten den Weg zu erläutern, wie er möglichst bald wieder Autofahren zu dürfen. Wenn er seinen Widerspruch zurückziehe, könne er direkt eine Neuerteilung beantragen. Wenn er nach sechs Monaten weiter drogenfrei sei, werde der Führerschein neu ausgestellt, erläuterte der zuständige Ordnungsamts-Vertreter. Der Student folgte diesem Rat.

Der Ordnungsamts-Mitarbeiter berichtete in der Ausschusssitzung, es gebe in Zweibrücken „sehr viele“ solcher Fälle. Stadtsprecher Heinz Braun teilte dazu auf Nachfrage des Pfälzischen Merkurs mit, das Zweibrücker Ordnungsamt habe 2017 und 2018 (Stand November) insgesamt 22 Verfahren geführt, bei denen wegen Betäubungsmitteln die Fahrerlaubnis entzogen wurde. Davon betrafen zehn Fälle Amphetamine, sechs Fälle Cannabis, in weiteren sechs Fällen war beides konsumiert worden.

In Deutschland ist der Verkauf von Cannabis (außer auf ärztliches Rezept) verboten und auch der Cannabis-Besitz. Weil dieser aber bei Eigenbedarfs-Mengen meist nicht mehr strafrechtlich verfolgt wird und der Konsum ohnehin nicht verboten ist, unterliegen manche Kiffer dem Irrtum, sie dürften ähnlich wie bei Alkohol am nächsten Tag ans Steuer, wenn „der Rausch ausgeschlafen“ ist. Doch der Führerschein ist bei Cannabis-Konsumenten nicht nur dann weg, wenn sie unter direktem Einfluss der Droge Auto fahren – sondern auch dann, wenn sich im Blut nachweisen lässt, dass sie Cannabis häufiger konsumieren.

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