Plädoyers im Rechtsbeugungs-Prozess Staatsanwältin fordert für Strafrichter eine Bewährungsstrafe

Zweibrücken · Am kommenden Freitag will die Erste Strafkammer des Landgerichts Zweibrücken im laufenden Rechtsbeugungs-Prozess das Urteil sprechen.

  Im Prozess gegen einen vorläufig vom Dienst enthobenen Richter, der in mehreren Fällen das Recht gebeugt haben soll, wird am Freitag das Urteil erwartet.

Im Prozess gegen einen vorläufig vom Dienst enthobenen Richter, der in mehreren Fällen das Recht gebeugt haben soll, wird am Freitag das Urteil erwartet.

Foto: dpa/Volker Hartmann

Ein Jahr und neun Monate Haft, ausgesetzt zur Bewährung, hat Oberstaatsanwältin Kristine Goldmann am Dienstag in der Verhandlung gegen einen Richter gefordert, dem sie Rechtsbeugung vorwirft. Der Strafrichter am Kaiserslauterer Amtsgericht soll laut Anklageschrift willkürlich, bewusst und gesetzeswidrig mehreren Verurteilten Bewährungsauflagen erlassen haben, um den Arbeitsaufwand der Justizbehörden zu mindern.

Im Zeitraum von 2013 bis 2016 soll der Richter, der Ende 2018 vorläufig vom Dienst enthoben wurde, in vier Fällen nachträglich die Zeiten gemeinnütziger Arbeit, die drei Verurteilte in ihrer Bewährungszeit hätten ableisten müssen, gekürzt und die Zahlung einer Geldauflage an eine gemeinnützige Einrichtung einem weiteren Verurteilten erlassen haben – allesamt mit der Begründung, bei den Justizbehörden herrsche Personalnot und deshalb Überbelastung, weswegen die Erfüllung von Bewährungsauflagen kaum noch zu kontrollieren sei.

In ihrem Plädoyer sagte die Oberstaatsanwältin, der angeklagte Jurist sei weder „dumm noch psychisch krank“, er habe mit Vorsatz gehandelt. Zwar dürfe auch ein Richter Kritik an seinem Dienstherren üben, „aber niemals auf dem Rücken der Beschuldigten“. Der 58-Jährige habe „seine Macht ausgenutzt“, um „seinen Unmut über die Personalnot zu äußern“, warf sie ihm vor.

Der Anwalt des Richters, Matthias Weihrauch, forderte für seinen Mandanten einen Freispruch. Er verwies darauf, dass eine Freiheitsstrafe ab einem Jahr, was bei Rechtsbeugung – vom Gesetz als Verbrechen eingestuft – als Mindeststrafe vorgesehen ist, für den Juristen zwangsläufig eine „Entfernung aus dem Dienst“ bedeuten würde. Es handele sich bei den hier vorgeworfenen vier Fällen weder um elementare Rechtsverstöße noch um offensichtliche Willkürakte. „Es geht lediglich um die Änderung von Bewährungsauflagen. Rechtsbeugung kommt überhaupt nicht in Betracht“, sagte der Verteidiger in seinem Plädoyer.

In seinem Schlusswort appellierte der angeklagte promovierte Jurist an den „gesunden Menschenverstand“. „Wenn an einem Fuhrwerk mit mehreren Pferden eines ausgespannt wird, wird man langsamer und kann vielleicht nicht mehr alle Ziele erreichen“, umschrieb er nochmals die Folgen der Personalnot, wie er sie und die daraus folgende Überbelastung als Strafrichter am Kaiserslauterer Amtsgericht erlebt haben will. Dort war eine von fünf Richterstellen gestrichen worden. Nur darauf habe er mit seinem Handeln aufmerksam machen wollen: „Ich bin kein Verbrecher.“

Die Verhandlung wird am 4. Oktober fortgesetzt. Dann will das Gericht sein Urteil verkünden.

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