Malu Dreyer baut ihre Regierung um

Mainz · Erdrutsch in der rheinland-pfälzischen Landespolitik: Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) bildet ihr Kabinett rigoros um. Damit reagiert die Landeschefin auf die anhaltende Kritik zum Umgang mit der Nürburgring-Affäre.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD ) holt zum Rundumschlag aus: Gestern kündigte sie an, ihr Kabinett umzubauen und mit einer veränderten Mannschaft in den Wahlkampf 2016 zu ziehen.

Den Entschluss, die SPD komplett neu aufzustellen, soll Dreyer erst vor wenigen Tagen gefasst haben. Fraktionschef Hendrik Hering kam offenbar im Urlaub unabhängig von der Regierungschefin zu der gleichen Erkenntnis wie sie, nämlich, dass er und andere in der SPD durch die Nürburgring-Affäre zu stark belastet sind, um künftig erfolgreich zu sein.

Die Staatsanwaltschaft Koblenz prüft derzeit noch, ob sich aus dem kritischen Bericht des Landesrechnungshofs zum Nürburgring der Anfangsverdacht einer Straftat gegen Hering oder den ebenfalls ausscheidenden Finanzminister Carsten Kühl ergeben könnte. Anhaltspunkte dafür, dass dies der Auslöser für Dreyers Kabinettsumbildung gewesen sein könnte, gibt es derzeit keine. Erst kürzlich hatte Dreyer Rücktrittsforderungen der Union im Landtag noch als unbegründet zurückgewiesen.

Seit 1991 regieren die Sozialdemokraten in Rheinland-Pfalz. Eine lange Zeit, die zu eingeschliffenen Prozessen und teilweise sogar zu Lähmungserscheinungen geführt hat. So einen großen Paukenschlag wie diesen von Dreyer hat es seitdem nicht gegeben, auch nicht unter Dreyers Vorgänger Kurt Beck .

Fraktionschef Hering fällt ebenso wie die ausscheidenden Minister Jochen Hartloff (Justiz) und Margit Conrad (Europa) relativ weich, hat er doch noch sein Mandat als Landtagsabgeordneter. Hartloff und Conrad wollten, heißt es, ohnehin am Ende der Wahlperiode ausscheiden. Groß aufgefallen sind beide in ihren Ämtern nicht. Hartloff allenfalls dadurch, dass er die scharf kritisierte Justizreform leise beerdigte. Conrad verirrte sich irgendwo zwischen Berlin und Brüssel.

Demgegenüber trifft es Finanzminister Carsten Kühl hart, seine Tage als Berufspolitiker sind vorerst gezählt. Man munkelt, Kühl, der seit 1993 für das Land tätig war und auch in der Opposition großen Respekt genießt, könnte es in die Wissenschaft ziehen.

Als strahlende Sieger der Regierungsumbildung zählen Roger Lewentz , Doris Ahnen und Alexander Schweitzer (siehe "Neue Köpfe im rheinland-pfälzischen Kabinett "). Der wegen der Nürburgring-Affäre stark unter Druck geratene Finanzminister Carsten Kühl scheidet aus. Seinen Posten übernimmt Bildungsministerin Doris Ahnen , die wiederum von ihrer Staatssekretärin Vera Reiß beerbt wird. Auch Justizminister Jochen Hartloff und Europaministerin Margit Conrad sollen gehen, sie sind bald nur noch Abgeordnete.

Neu ins Kabinett rücken der Trierer Juraprofessor Gerhard Robbers (Justiz) und die ehemalige Drogenbeauftragte Sabine Bätzing-Lichtenthäler (Soziales). Stühlerücken auch in Dreyers engster Umgebung in der Staatskanzlei: Deren Chef und damit rechte Hand Dreyers wird Clemens Hoch, der bereits dort arbeitet. Vorgängerin Jacqueline Kraege wechselt zur Landesvertretung nach Berlin.

In der SPD-Landtagsfraktion legt Hendrik Hering seinen Posten als Vorsitzender nieder. Auch er war wegen des Ring-Skandals heftig in die Kritik geraten. Ob Hering Abgeordneter im Landtag bleibt, ist offen. Neuer Fraktionschef wird der bisherige Sozialminister Alexander Schweitzer. Bei den Grünen ändert sich nach SZ-Informationen nichts.

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