Kommentar Urlaub kurz nach der Flutkatastrophe: Anne Spiegel kann sich kaum noch als Familienministerin halten

Meinung | Mainz · Schon die Aussagen von Malu Dreyer und Roger Lewentz im Untersuchungsausschuss haben ihre Ministerkollegin Anne Spiegel in einem schlechten Licht dastehen lassen. Die Frankreich-Reise bringt Spiegels Versäumnisse auf eine plakative Ebene. Sie kann sich jetzt als Ministerin kaum noch halten, kommentiert Sebastian Stein.

 Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hat am Freitag vor dem Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe im Ahrtal ausgesagt.

Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hat am Freitag vor dem Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe im Ahrtal ausgesagt.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Malu Dreyer und Roger Lewentz ließen am Freitagabend nur wenig Zweifel aufkommen. Zu gut vorbereitet, zu gut abgestimmt, schlicht zu ausgebufft waren die Aussagen der erfahrenen Regierungsspitze vor dem Untersuchungsausschuss. Das Auftreten sollte zeigen: Wir waren aktiv, handlungsfähig und eine Einheit. Selbst die Opposition schien beeindruckt zu sein vom fein abgestimmten Auftritt der SPD.

Lewentz und Dreyer haben aber auch ein Bild ihrer ehemaligen Ministerkollegin Anne Spiegel gezeichnet. Ein gegenteiliges. Zu keiner Zeit seien die Ministerpräsidentin und der Innenminister, so berichteten sie, über die relevanten Informationen aus dem Umweltministerium informiert gewesen. Nicht darüber, wie die abnormen Pegelprognosen zu interpretieren sind; nicht darüber, dass sich eine Katastrophe an der Ahr anbahnt. Dieses womöglich folgenreiche Kommunikationsdefizit war der eigentliche Skandal des Wochenendes.

Spiegels Urlaub nach der Flutkatastrophe

Dass Spiegel zehn Tage nach der Flut für vier Wochen in Urlaub fuhr, wie am Sonntag bekannt wurde, ist nun der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Spiegel kann sich jetzt als Ministerin kaum noch halten.

Klar, auch Ministerinnen dürfen Urlaub machen. Dennoch zeugt Spiegels Verhalten während und nach der größten Naturkatastrophe in Rheinland-Pfalz schlicht von fehlendem Verantwortungsbewusstsein.

So stark schon bislang die Argumente aus dem Untersuchungsausschuss gegen sie wogen, so schwierig sind solche Details der Öffentlichkeit zu vermitteln. Über eine vierwöchige Frankreich-Reise während der Aufräumarbeiten im Ahrtal kann mich sich leichter aufregen. Wäre Spiegel noch Ministerin in Rheinland-Pfalz müsste sie spätestens jetzt ihren Hut nehmen. In Berlin bleibt abzuwarten, wie lange ihre Grünen-Parteifreunde hinter ihr stehen. Und, ob Kanzler Scholz sich das noch lange ansieht. Aber Spiegel ist nicht seine einzige Baustelle im Kabinett.

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