rheinland-pfälzischer Ort Frankenstein Die CDU/AfD-Ehe, die nicht sein soll

Frankenstein · Im pfälzischen Frankenstein bilden eine CDU-Frau und ihr AfD-Ehemann eine Fraktion.

Im rheinland-pfälzischen Ort Frankenstein (bei Kaiserslautern) hat die CDU eine Fraktionsgemeinschaft mit der AfD geschlossen – trotz eines De-facto-Verbots durch CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Das Entsetzen bei Christdemokraten ist groß. Besagte Fraktionsgemeinschaft hingegen – das Ehepaar Schirdewahn – zeigt sich standhaft. „Das widerspricht allem, was uns wichtig ist und was wir beschlossen haben“, zürnt etwa der Generalsekretär der Landes-CDU, Gerd Schreiner. Der zuständige CDU-Kreisvorstand brachte einen Parteiausschluss gegen die CDU-Politikerin Monika Schirdewahn auf den Weg. Am Mittwoch entscheidet Bezirksparteigericht darüber.

Für viele Christdemokraten ist das Geschehen in Frankenstein blanker Horror. Erst kürzlich sagte Kramp-Karrenbauer mit Blick auf die AfD-Wahlergebnisse in Brandenburg und Sachsen auf die Frage, ob ihre Partei bei der Abgrenzung Richtung AfD bleiben und ein Viertel der Wähler außen vor lassen könne: „Ja, wir können.“ Für manche klingen die Worte so, als habe sie diese Wähler abgeschrieben.

Nun also Frankenstein, ein Ort mit etwa 950 Einwohnern, benannt nach einer Burg und nicht nach dem berühmten Monsterroman von Mary Shelley. Zehn Sitze gewann die Freie Wählergemeinschaft hier bei der jüngsten Kommunalwahl. Die CDU holte ein einziges Mandat, ebenso wie die AfD – um etwas mehr Einfluss zu haben, schlossen sich beide zur Fraktionsgemeinschaft „Fortschritt Frankenstein“ zusammen. Es waren wohl keine schwierigen Verhandlungen – zwischen Monika Schirdewahn und ihrem Mann, dem AfD-Politiker Horst Schirdewahn.

Das Ehepaar, dessen Entscheidung Schockwellen bis ins politische Berlin schickt, wohnt wie Dutzende weitere Menschen im Frankensteiner Ortsteil Schliertal, in einem Haus ohne Wasseranschluss. Und hier nimmt die Geschichte von der Zusammenarbeit von CDU und AfD eine etwas andere Wendung. Denn während es für die einen um nichts Geringeres geht als um eine Neuordnung der deutschen Parteienlandschaft, geht es für die anderen schlicht um eine Wasserleitung. Das Zuhause der Schirdewahns ist aus Sicht der Behörden ein Wochenendhaus ohne Anspruch auf Wasseranschluss. Das Paar bestreitet dies – und pocht auf eine leitungsgebundene Ver- und Entsorgung. „Durch das novellierte Bundesbaugesetz von 2017 ist das problemlos möglich, zumal Investoren da sind und es die Ortsgemeinde keinen Cent kosten würde“, betont Monika Schirdewahn. Im Schliertal hingegen müssten die Bewohner ihr Trinkwasser mühsam in Behältern herbringen. „Ich schäme mich für meine Partei, die CDU, wegen unterlassener Hilfeleistung und der Menschenrechtsverletzung auf Trinkwasser im Schliertal.“ Und an diesem Punkt kommt die Politik ins Spiel. Horst Schirdewahn gründete kurz vor der Kommunalwahl im Mai eine AfD-Ortsgruppe. Als der 67-Jährige und seine Frau in den Rat einzogen, schlossen sie sich zusammen – auch, um in Sachen Wasser im Gremium mehr zu erreichen. Der CDU-Kreisvorsitzende Marcus Klein sieht das völlig anders. Monika Schirdewahn habe „eine rote Linie überschritten“. Der Beschluss der Bundes-CDU, nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten, sei eindeutig. Gegen einen möglichen Parteiausschluss will Monika Schirdewahn „bis in die letzte Instanz gehen“, sagt die 62-Jährige. Viele würden ihr Verhalten als sehr mutig bezeichnen. „Schließlich wären sehr viele CDU-Mitglieder nicht ohne Grund in die AfD gewechselt“, betont sie. Deutschland sei eine Demokratie und keine Diktatur. „Und was mein Mann und ich machen, ist gelebte Demokratie.“

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