Mainz/Trier „Einfach nur schön“ – Malu Dreyer siegt erneut

Mainz/Trier · Die rheinland-pfälzische Landesmutter gewinnt die Wahl. Sie feiert einen „glücklichen Abend“ für die SPD, ihr CDU-Herausforderer nennt ihn „bitter“.

 Die rheinland-pfälzische SPD-Spitzenkandidatin und Ministerpräsidentin Malu Dreyer freute sich am Abend in Mainz über einen „klaren Regierungsauftrag“. Links ihr Ehemann Klaus Jensen.

Die rheinland-pfälzische SPD-Spitzenkandidatin und Ministerpräsidentin Malu Dreyer freute sich am Abend in Mainz über einen „klaren Regierungsauftrag“. Links ihr Ehemann Klaus Jensen.

Foto: dpa/Boris Roessler

Malu Dreyer strahlte. „Heute freue ich mich einfach sehr“, sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin am Sonntagabend nach ihrem deutlichen Wahlsieg. Die Strategie ihrer SPD, im Wahlkampf alles auf die beliebte Regierungschefin zu setzen, ist voll aufgegangen. In der Landesregierung bleibt nun wohl alles beim Alten – eine Fortsetzung der Ampel-Koalition mit FDP und Grünen sei ihre „erste Wahl“, sagte Dreyer. Am Abend schien nach Lage der Zahlen indes auch Rot-Grün nicht ganz ausgeschlossen.

Dreyer ist in Rheinland-Pfalz so bekannt, dass auf ihren SPD-Wahlplakaten neben ihrem Foto und dem Motto „Wir mit ihr“ häufig nicht einmal ihr Name stand. Die Wahl wollte sie unbedingt gewinnen. Und das gelang. Dreyers SPD gewann die Wahl trotz Verlusten mit mehr als 35 Prozent der Stimmen klar. Umfragen sahen im Vorfeld bereits gute Chancen für Dreyer und ihre Ampel.

  Der Spitzenkandidat der CDU in Rheinland-Pfalz, Christian Baldauf, erlebte einen „bitteren Abend“ und gab die Schuld auch der Corona-Krise und der Masken-Affäre der Union.

 Der Spitzenkandidat der CDU in Rheinland-Pfalz, Christian Baldauf, erlebte einen „bitteren Abend“ und gab die Schuld auch der Corona-Krise und der Masken-Affäre der Union.

Foto: dpa/Andreas Arnold

Dem Ergebnis des Wahlabends hatte die Landesmutter schon am Vormittag optimistisch entgegengesehen. „Ich bin zuversichtlich“, sagte sie nach der Stimmabgabe in Trier. Es gebe „keine Wechselstimmung“. Trotzdem: Als „sehr zurückhaltender Mensch“ könne sie sich erst freuen, wenn die Stimmen ausgezählt seien, sagte die Frau, die in Rheinland-Pfalz auch wegen ihrer Art beliebt ist. Am Abend dann Freude über den „klaren“ Regierungsauftrag. Von einem „glücklichen Abend“ sprach Dreyer in Mainz. Es sei „einfach nur schön, dass wir so klar an der Spitze stehen“.

Schon seit sie ihr Regierungsamt bei der Landtagswahl 2016 trotz eines zeitweiligen Umfragetiefs verteidigen konnte, ist sie für viele Sozialdemokraten eine Hoffnungsträgerin. Damals holte Dreyers SPD den Vorsprung der CDU der damaligen Spitzenkandidatin Julia Klöckner in den Umfragen auf und landete am Wahlabend mit 4,4 Prozentpunkten Abstand deutlich vor den Christdemokraten.

Dieses Kunststück gelang Dreyer nun auch in diesem Jahr. Der noch im Januar deutliche Vorsprung der CDU von Spitzenkandidat Christian Baldauf schmolz stetig dahin. Am Ende konnte sie mit einem großen Vorsprung gewinnen. Die CDU sackte ab auf um die 26 Prozent. Baldauf sprach von einem „bitteren Abend“. Er gab der Corona-Krise und der Maskenaffäre der Union die Verantwortung für das Ergebnis.

Die Grünen legten deutlich zu auf über 8 Prozent, die FDP kam auf rund 6. Die AfD verlor Stimmen auf unter 10, die Linke verpasste den Sprung ins Parlament. Die Freien Wähler schafften es wohl rein.

Obwohl die SPD in Rheinland-Pfalz entgegen dem Niedergang im Bundestrend seit 30 Jahren ununterbrochen regiert, war ein Wahlsieg in dem strukturkonservativen Land für Dreyer kein Selbstläufer. Ihr Image als bodenständige Landesmutter bekam in der Corona-Pandemie Kratzer. Bei Anne Will sagte Dreyer im Januar, dass Deutschland „insgesamt gut durch die Pandemie gekommen“ sei – ein Satz, der angesichts von damals bereits mehr als 50 000 Corona-Toten und schleppender Impfungen breite Kritik auslöste.

Hinzu kam, dass wenige Tage zuvor rund 30 000 ausgemachte Impftermine abgesagt und verschoben werden mussten, nachdem bekannt geworden war, dass das Land weniger Impfstoff geliefert bekommen würde als geplant. Nach Bund-Länder-Konferenzen betonte Dreyer immer wieder, wie wichtig ein gemeinsames Vorgehen der Bundesländer sei. Von den zahlreichen Alleingängen ihrer Amtskollegen wirkte sie zunehmend genervt, auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erregte ihre Kritik.

Dreyer ist seit Anfang 2013 als Nachfolgerin von Kurt Beck Ministerpräsidentin in Rheinland-Pfalz. Schon damals hieß es über sie in der SPD, sie sei „so beliebt wie Hitzefrei und Freibier“. Nach der Ära Beck, die unter anderem durch die Affäre um Millionenzahlungen für den Nürburgring belastet war, gelang es Dreyer, die SPD als führende Regierungspartei im Land wieder aufzurichten.

Vor ihrem Wechsel in die Staatskanzlei war die 1961 in Neustadt an der Weinstraße geborene Tochter eines Schuldirektors und einer Erzieherin bereits seit 2002 Sozialministerin im Kabinett Beck. Die soziale Gerechtigkeit blieb ein zentrales politisches Thema für die Juristin.

2019 war Dreyer nach dem Rücktritt von Andrea Nahles vom SPD-Vorsitz Teil der kommissarischen Troika, die die Bundespartei bis zur Wahl der neuen Vorsitzenden führte. Verheiratet ist die 60-Jährige mit dem früheren Trierer Oberbürgermeister Klaus Jensen. Sie leben in einem inklusiven Mehrgenerationenprojekt in Trier. Nach ihrer Nominierung als Beck-Nachfolgerin 2013 stand zunächst besonders Dreyers Erkrankung an Multipler Sklerose im Mittelpunkt des Inte- resses. Die Nervenkrankheit behindert sie beim Gehen, bei weiteren Strecken nutzt sie einen Rollstuhl. Inzwischen ist ihre Erkrankung kein großes Thema mehr.

Der SPD-Landeschef Roger Lewentz geriet am Abend regelrecht ins Schwärmen. Der Wahlsieg sei eine „Sensation“ und „eine hohe Anerkennung für Malu Dreyer“. Die SPD sei in Rheinland-Pfalz Volkspartei. Das sei „ein tolles Gefühl“. Und Malu Dreyer erklärte: „Ich bin ein glücklicher Mensch.“

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