Die Musik der Worte

Saarbrücken · Ann-Kathrin Ast ist Musikerin und Autorin und fühlt sich von beiden Künsten bereichert. Jetzt bekam die in Speyer geborene Wahl-Saarländerin ein Förderstipendium der Landeshauptstadt Saarbrücken.

 Ann-Kathrin Ast hat ein Förder stipendium erhalten. Foto: Krämer

Ann-Kathrin Ast hat ein Förder stipendium erhalten. Foto: Krämer

Foto: Krämer

Musik oder Literatur? Das ist für Ann-Kathrin Ast keine Frage: Sie betrachtet die beiden Künste als gegenseitige Bereicherung. "Sprache allein kann nicht ausdrücken, was man empfindet", erläutert die studierte Cellistin, die vor einigen Jahren das Schreiben für sich entdeckte und für ihre Lyrik und Prosa nun mit dem Förderstipendium der Landeshauptstadt Saarbrücken ausgezeichnet wurde. "Sprache lebt nicht vom Wortlaut und der Wortbedeutung allein. Sie ist mehr als Bedeutungsoberfläche: Es gibt Assoziationen, die durch Klang, Rhythmen und Melodien entstehen oder dadurch, wie Wörter gesetzt sind."

Eben da sitzt die Schnittstelle zur Musik - eine fruchtbare Interaktion ergibt sich auch aus den unterschiedlichen Schaffensprozessen. "Zum Schreiben muss man allein sein können", sagt Ann-Kathrin Ast. "Deswegen ist Musik eine sehr gute Ergänzung, weil man da viel mit Menschen zu tun hat." Nicht nur als konzertierende Musikerin: Ast lebt hauptsächlich vom Unterrichten.

Ihr Cellostudium absolvierte die 1986 in Speyer geborene Wahl-Saarbrückerin mit saarländischen Wurzeln an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst Mannheim. Während der Semesterferien fing sie an zu schreiben und besuchte die Darmstädter Textwerkstatt. Heute kann Ast Veröffentlichungen in mehreren Anthologien und Literaturmagazinen und obendrein diverse Auszeichnungen vorweisen. So war sie Finalistin beim Georg-K.-Glaser-Förderpreis 2009, erhielt 2010 das Arbeitsstipendium des Förderkreises deutscher Schriftsteller, wurde im Jahr darauf für den Leonce-und-Lena-Wettbewerb nominiert und war 2014 Stipendiatin eines deutsch-türkischen Poesie-Übersetzungsprojekts des Goethe-Instituts Istanbul.

Ihrem Interesse an Gedichtübertragungen ins Deutsche huldigt sie auch mit Übersetzungen der koreanisch-amerikanischen Dichterin Myung Mi Kim. Außerdem schrieb Ann-Kathrin Ast als freie Mitarbeiterin Musikkritiken, Künstlerporträts und Reportagen für den Mannheimer Morgen sowie die Rheinpfalz und - seit es sie 2010 der Liebe wegen ins Saarland verschlug - auch für die Saarbrücker Zeitung.

Als Autorin hat sie "Gedicht-Phasen" und "Prosa-Phasen", die einander im drei- bis sechsmonatigen Rhythmus abwechseln. Ihre freien Verse und Prosagedichte transportieren Stimmungen, Bilder und Assoziationen - Auslöser sind oft Orte, Erinnerungen, Musikstücke, Landschaften oder als surreal empfundene Erlebnisse wie zum Beispiel ein Kinobesuch in Paris. "Es geht mir darum, meine Eindrücke in verdichteter Form aufs Papier zu bringen", verdeutlicht Ast. Damit möchte sie dem Leser mitunter fantastische Vorstellungsräume und Erlebniswelten öffnen. Ihre Prosatexte dagegen besitzen oft ein irrationales Kipp-Moment und spielen mit der Frage "Was wäre, wenn", wodurch Alltägliches eine unheimliche Komponente bekommen kann. Ast: "Für mich ist entscheidend, dass es Bilder gibt, dass es besonders klingt und dass mit der Sprache etwas geschieht, was vom normalen Sprachgebrauch abweicht."

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Auf einen BlickEin Gedicht von Ann-Katrin Ast mit dem Titel "winterbild":über nacht farben gesogen aus dem mondförmig gebogenen garten - fichtenblau und schaukelgrün ist weiß über kugeligen büschen weiße blütenhaut terassentisch gedeckt mit eis schweigendes weiß das weiter als die dinge reicht? ein farbfleck bin ich in der handschuhhand buntstifte die den schnee ausmalen

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