„20 Prozent lehnen Zuwanderer ab“

Trier · Der Trierer Politologe Professor Uwe Jun hält es für möglich, dass die CDU wegen der Flüchtlingskrise konservative Wähler verlieren wird. Ob die AfD davon profitieren könne, hänge von deren Entwicklung ab, sagte Jun im Interview mit SZ-Redakteur Daniel Kirch.

Das öffentliche Bild war in den vergangenen Wochen stark von Hilfsbereitschaft und Willkommenskultur geprägt. Wurde da ein realistisches Bild gezeichnet?

Jun: Eine Mehrheit der Deutschen hat grundsätzlich eine positive Haltung gegenüber Migration und Einwanderern. Das können wir aus verschiedenen Datensätzen herauslesen. Auch im Eurobarometer sehen wir, dass die Deutschen eher migrantenfreundlich sind, viel eher als andere europäische Länder. Aber wir sehen natürlich auch, dass es einen bestimmten Anteil in der Bevölkerung gibt, der eher kritisch oder skeptisch gegenüber Ausländern ist. Der Kern derjenigen, die grundsätzlich ablehnend gegenüber Migranten und Ausländern sind, liegt nach jüngsten Angaben bei etwa 20 Prozent.

Welche Gruppen sind das in besonderem Maße?

Jun: Zwei Gruppen sind besonders betroffen: Zum einen Menschen mit geringer formaler Bildung und zum anderen Menschen in den ostdeutschen Bundesländern. Das führen Beobachter darauf zurück, dass die Erfahrungen mit Ausländern in den ostdeutschen Ländern schwächer, diffuse Ängste aber dafür umso stärker ausgeprägt sind.

Die Kanzlerin hat sich sehr klar zugunsten der Aufnahme der vielen Flüchtlinge geäußert. Glauben Sie, dass das der CDU politisch schaden könnte?

Jun: Es ist nicht auszuschließen, dass bestimmte Wählergruppen, die eher autoritäre Werte wie den Vorrang der eigenen Nation und der eigenen Kultur vertreten, in Zukunft nicht mehr die CDU wählen, wenn sich eine wählbare Alternative anbietet. Man muss abwarten, inwieweit es beispielsweise der AfD gelingen wird, nach ihrem internen Streit wieder als ernsthafter Konkurrent aufzutreten.

Kann die AfD von der Besorgnis über den Zuzug profitieren?

Jun: Innerhalb der Partei hat sich der Flügel durchgesetzt, der nationalkonservative Positionen und autoritäre Werte vertritt. Wenn er diese artikuliert und vielleicht auch größere Probleme bei der Integration der Migranten auftreten, könnte die AfD profitieren, das ist nicht ausgeschlossen.

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