Deutsche Delegation in Lothringen Umstrittene Anlage in Bure als Vorbild für deutsches Atomendlager?

Bure · Ist Ton besser geeignet, radioaktiven Müll zu ummanteln als Salz? Eine Delegation aus Niedersachsen informierte sich in Lothringen über die Pläne für ein deutsches atomares Endlager.

 Eine Delegation um den niedersächsischen Umweltminister Olaf Lies (Dritter von links) sah sich in Bure genau um.

Eine Delegation um den niedersächsischen Umweltminister Olaf Lies (Dritter von links) sah sich in Bure genau um.

Foto: Andra

Im lothringischen Bure plant Frankreich ein Endlager für Atommüll. Jahrelang hatten Gegner des Projekts in den umliegenden Wäldern campiert. Immer wieder versuchten sie die Bauarbeiten der französischen Atommüllbehörde Andra zu behindern. Unter den Umweltaktivisten waren auch wieder deutsche Atomkraftgegner, die den Protest unterstützten. Vor zwei Jahren aber rückte die Polizei aus und vertrieb die Projektgegner aus ihren Baumhäusern und Holzhütten.

Vor kurzem kamen wieder Deutsche nach Bure, doch diesmal waren es Befürworter des Projektes. Eine achtköpfige Delegation um den niedersächsischen Umweltminister Olaf Lies (SPD) besuchte das Labor der Andra in Lothringen, wo sich Lies über die Möglichkeit der Einlagerung von radioaktivem Abfall in Tongestein informierte.

Während sich Frankreich auf das lothringische Dorf Bure für die Einlagerung hochradioaktiven Materials festgelegt hat, läuft in Deutschland die Suche nach einem Atom-Endlager weiter. Das Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit prüft in allen Bundesländern mögliche Standorte; auch im Saarland waren die Beamten schon (die SZ berichtete). Im Herbst 2020 soll der Prozess in seine entscheidende Phase kommen. Und da lohnt ein Blick darauf, wie andere Staaten mit dem Problem umgehen, dachte der niedersächsische Umweltminister. Denn das norddeutsche Bundesland hat schon einige sehr schmerzliche Erfahrungen in diesem Bereich machen müssen.

In den 1960er Jahren waren schwach- und mittelradioaktive Abfälle in 126 000 Fässern im ehemaligen Salzbergwerk Asse bei Wolfenbüttel unter teils katastrophalen Bedingungen eingelagert worden. Nachdem dort radioaktiv verseuchte Lauge gefunden worden war, die aus verrosteten Atommüllfässern austrat, müssen die Abfälle ab 2033 für mindestens 3,35 Milliarden Euro zurück ans Tageslicht geholt werden. Ebenso in Niedersachsen befindet sich der Standort Gorleben im Wendland, der als Zwischenlager genutzt wird, aber seit 2012 keine Castor-Behälter mit hochradioaktivem Müll aufnimmt. Der Plan, aus Gorleben ein Atomendlager zu gestalten, war unter anderem an jahrelangen und bundesweit Aufsehen erregenden Protesten in der Bevölkerung gescheitert.

So wie schon in Asse und Gorleben hat sich Deutschland in seiner Suche nach einem geeigneten Standort bisher eher auf Salz als Ummantelung und Abdichtung des Atommülls fokussiert. In Bure hingegen soll die Einlagerung in Ton erfolgen. Wird dieser Tonmantel als langfristig sicher eingestuft, könnte diese Erkenntnis die Anzahl der Gebiete erhöhen, die in Deutschland als Endlager-Standorte in Frage kommen.

Seine Reise nach Bure sei Umweltminister Lies angetreten, „um ein Gefühl dafür zu bekommen, ob wir auch in Deutschland technologisch überhaupt in der Lage sind, sauber bewerten zu können, welche Einlagerungsmethode und welches Wirtsgestein bei uns die optimale Lösung sein könnten“, hieß es. Dabei dürfe und könne Salz nicht als Favorit eingestuft werden, nur weil in Gorleben lange daran geforscht worden sei. „Ich sage nicht, dass Salz am Ende ausgeschlossen ist. Ich sage nur, alles muss sauber vergleichbar geprüft werden – also auch andere Wirtsgesteine“, betonte Lies.

Und tatsächlich konnte die Delegation in Lothringen von der Eignung von Ton als Atommüllmantel überzeugen. „Klar ist für mich nach dem Besuch in Frankreich: Ton ist ein geeignetes Material für ein Endlager, so die Formation des Tons entsprechend geeignet ist“, teilte Lies mit. „Das heißt für uns: Wir müssen auch in Deutschland entsprechende Regionen mit Tongestein prüfen, ob dort ein Standort möglich ist.“ Damit dürfte die Diskussion bundesweit wieder an Fahrt gewinnen.

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