Polizei-Reform Mehr Polizei in Forbachs Brennpunkten

Forbach · Eine neue Einheit wird frankreichweit in rund 30 Problemvierteln eingesetzt. Zwei von ihnen liegen direkt hinter der Grenze.

 Im Wohngebiet Wiesberg in Forbach wird eine neue Polizeireform getestet. Mehr Sicherheitskräfte sollen dort die Kriminalität eindämmen.

Im Wohngebiet Wiesberg in Forbach wird eine neue Polizeireform getestet. Mehr Sicherheitskräfte sollen dort die Kriminalität eindämmen.

Foto: Oliver Dietze

Drogen- und Waffenhandel, Krawalle, gezielte Angriffe auf Polizisten und Feuerwehrleute: Viele französische Vorstädte haben ein schlechtes Image. Manche gelten sogar als rechtsfreie Räume. Und jeder Präsident, der neu gewählt wird, versucht auf seine eigene Art, Herr der Lage zu werden. Nicolas Sarkozy wollte die sogenannten Banlieues „mit dem Kärcher reinigen“. François Hollande schlug leisere Töne an, blieb aber weitgehend so erfolglos wie sein Vorgänger. Nun setzt Emmanuel Macron mit seiner Polizeireform auf mehr Personal und eine neue Einheit, die „Police de sécurité du quotidien“ (kurz: PSQ, Deutsch: „Polizei für Sicherheit im Alltag“). Rund 10 000 neue Stellen sollen landesweit in den kommenden Jahren geschaffen werden, kündigte Innenminister Gérard Collomb an. In den Städten und Vorstädten bei der Polizei und im ländlichen Raum bei der Gendarmerie. Nicht nur personell, sondern auch materiell sollen die Sicherheitskräfte aufgerüstet werden: Mit 30 000 neuen Fahrzeugen, 70 000 kugelsicheren Westen und 110 000 Tablets, welche helfen sollen, Verwaltungsakte wie Identitätskontrollen zu beschleunigen.

Rund 30 Problemviertel wurden landesweit ausgewählt, um die Effizienz der neuen Einheit zu testen. Darunter befinden sich vor allem die Vorstädte von Paris, Lyon und Marseille, in denen die Kriminalitätsrate sehr hoch ist. Mit Wiesberg und Bellevue werden auch zwei Viertel der Grenzstadt Forbach zum Testfeld. Ab Januar 2019 sollen sie dort Drogendealern den Kampf ansagen, illegale Autorennen unterbinden und für „Law and Order“ in den öffentlichen Verkehrsmitteln sorgen. Erst vor einem Monat hatte im Wiesberg-Viertel ein Jugendlicher einen Böller durch die offene Tür eines Busses geschmissen. Passagiere wurden dabei nicht verletzt, aber der Fahrer leidet seitdem unter einem schweren Tinnitus. Seine Kollegen weigerten sich anschließend den Wiesberg anzufahren.

Christophe Arend, der zu Macrons Partei „La République en Marche“ (LREM) gehört, und den Wahlbezirk Forbach in der Nationalversammlung vertritt, freut sich über das eingelöste Wahlversprechen des Präsidenten. Im Wiesberg oder in Bellevue leben rund 8700 Menschen. Oft fühlten sie sich von den politischen Maßnahmen ausgeschlossen. „In diesen Vierteln müssen wir den Bürgern zeigen, dass die Republik da ist und sie nicht vergessen werden“, sagt er. „Mehrere Vorfälle haben dazu beigetragen, dass die Situation immer schlechter wurde. Jetzt werden wir das aber wieder in den Griff bekommen“, zeigt er sich zuversichtlich. Auch Innenminister Collomb geht es darum, eine bessere Verankerung der Polizei in den Brennpunkten zu schaffen und ein Vertrauensverhältnis zu deren Bewohnern aufzubauen.

Seitens der Polizei wurde die personelle Aufstockung begrüßt. Die Gewerkschaft Alliance zweifelt jedoch daran, dass die Anzahl an neuen Beamten reichen wird, um Brennpunkte Tag und Nacht abzudecken. Neben Forbach bekommt in der Region Grand Est auch Straßburg neue Polizisten, die im Viertel Meinau eingesetzt werden. Bewährt sich die „Polizei für Sicherheit im Alltag“ in den zunächst ausgewählten Problemvierteln, wird das Projekt bis Ende 2020 auf weitere 30 Brennpunkte ausgeweitet.

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