Corona-Krise Der Premier ärgert sich über Luxemburgs Party-Szene

Luxemburg verzeichnet weiterhin steigende Corona-Neuinfektionen. Premierminister Bettel macht dafür die Unvernunft von Feiernden verantwortlich.

 Eine Medizinische Mitarbeiterin nimmt in Luxemburg Schutzausrüstung Tupferproben von Autofahrern in einer Covid-19-Teststation, die als Drive-in eingerichtet wurde.

Eine Medizinische Mitarbeiterin nimmt in Luxemburg Schutzausrüstung Tupferproben von Autofahrern in einer Covid-19-Teststation, die als Drive-in eingerichtet wurde.

Foto: dpa/Francisco Seco

Noch vergangene Woche ist man in Luxemburg davon ausgegangen, die Corona-Pandemie im Griff zu haben. Die Zahl der Neuinfektionen bewegte sich auf einem niedrigen Niveau. Doch seit gestern gehört das Großherzogtum wieder zu den Risikoländern. Dänemark, Finnland und auch Estland haben Einreisebeschränkungen für Bürger aus Luxemburg erlassen. Grund sind die seit Tagen steigenden Zahlen der Neuinfektionen. Alleine am Donnerstag kamen 62 neue Fälle hinzu. Über 500 Infizierte gibt es derzeit im Nachbarland. Vor einem Monat waren es etwas mehr als 20. Die Zahl der Corona-Patienten in Krankenhäusern steigt ebenfalls wieder.

Man sei alarmiert, sagte Gesundheitsministerin Paulette Lenert diese Woche im Parlament. Allerdings gebe es noch keinen Grund, Alarm zu schlagen. Was wohl ausdrücken soll, die Regierung habe die Lage trotz der steigenden Infektionszahlen im Griff. Doch genau daran zweifeln immer mehr Menschen in Luxemburg. Die Opposition im Parlament, allen voran die Christsozialen, sprechen von einem Chaos was die Lockerungen der Ausgangssperre angeht.

Premierminister Xavier Bettel hatte zuvor in einer zum Teil sehr leidenschaftlich gehaltenen Rede zur Lage der Nation an die Verantwortung und die Solidarität der Bürger appelliert. Durch die Unvernunft einiger dürfe nicht das Erreichte, also die niedrigen Infektionszahlen, aufs Spiel gesetzt werden. Es könne nicht sein, dass die durch erneute Einschränkungen bestraft würden, die sich an Regeln hielten. „weil andere es nicht tun“, kritisierte Bettel. Er spielte damit auf Partys im Privaten und Kneipen an, bei denen sich offenbar nicht an Hygiene- und Abstandsregeln gehalten wurde. Der Premierminister warf den Teilnehmern dieser Runden unsolidarisches Handeln vor. Solche Partys gelten als Hotspots für die neue Welle in Luxemburg. Die Regierung hatte bereits in der vergangenen Woche angekündigt, die Lockerungen für solche Treffen wieder teilweise rückgängig zu machen und größere Partys mit mehr als 20 Leuten mehr oder weniger zu verbieten. Man werde alles tun, um eine zweite Welle zu verhindern, sagte Bettel vor den Abgeordneten der Kammer. Doch angesichts der aktuellen Zahlen befürchten viele in Luxemburg, dass die zweite Welle längst begonnen hat. Einen erneuten Lockdown wie im März  solle es nicht mehr geben, sagte Gesundheitsministerin Lenert. Auch lokale Lockdowns wie derzeit in einzelnen Regionen Spaniens oder kürzlich nach dem massenhaften Corona-Ausbruch beim Fleischverarbeiter Tönnies im Kreis Gütersloh soll es in Luxemburg nicht geben. Man wolle die gerade erlangte „Quasi-Normalität“ nach Möglichkeit erhalten. Noch sei man in der Lage, die Infektionsketten zurückzuverfolgen sagte Lenert. Alle Kontaktpersonen der Infizierten, ob im In- oder im Ausland, sollen identifiziert, registriert und gegebenenfalls in Quarantäne geschickt werden.  Die 52-Jährige gilt mittlerweile als die Managerin der Corona-Krise in Luxemburg. In der jüngsten Politmonitor-Umfrage im Auftrag von RTL wurde sie erstmals als beliebteste Politikerin des Landes gekürt.

Im Gegensatz zu der Sozialdemokratin kann der liberale Bildungsminister Claude Meisch nicht von der Krise profitieren. Er steht derzeit heftig in der Kritik, weil er sich frühzeitig für einen Normalbetrieb an den Schulen stark gemacht hat. Seit zwei Wochen läuft dort wieder geregelter Unterricht. Doch in den vergangenen Tagen ist es vermehrt zu Corona-Fällen bei Schülern gekommen. Meisch betonte gestern erneut, dass er in Schulen keinen Infektionsherd sehe. Von 90 000 Schülern seien derzeit 60 positiv getestet. Die meisten davon hätten sich außerhalb der Schule, im privaten Umfeld, angesteckt, ist der Minister überzeugt.

Er will daher auch für die Rückkehr der Schüler nach den am Mittwoch beginnenden zweimonatigen Sommerferien an einem normalen Unterricht festhalten. Die Kinder und Jugendlichen hätten ein Recht auf Bildung, betonte Meisch erneut. Man könne gewährleisten, dass Schule sicher sei.

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