Einbruch um fast 80 Prozent Schwarzes Jahr für die Honigernte

Straßburg · Kalter Frühling, Sommerhitze und Gewitter führen zu Ertragsverlusten im Elsass.

  Die Bienen blieben wegen der kalten Temperaturen eher im Stock, statt Nektar zu sammeln.

Die Bienen blieben wegen der kalten Temperaturen eher im Stock, statt Nektar zu sammeln.

Foto: dpa/Patrick Pleul

In fast 45 Jahren Imkertätigkeit hat Roland Saenger aus der Straßburger Randgemeinde Illkirch noch nie so eine schwache Ernte wie in diesem Jahr gehabt: „In einem normalen Jahr müssten wir 20 bis 30 Kilo Honig pro Bienenstock ernten. In diesem Jahr sind es nicht einmal zehn Kilo“, sagte der Hobbyimker im Regionalradio France Bleu Alsace. Der katastrophale Ernteeinbruch gilt für alle Honigarten, die Saenger produziert: für Tanne, Akazie, Kastanie und Lindenblüten.

Der Grund ist der kalte und regnerische Frühling, der die Bienen daran hinderte, ihren Stock zu verlassen und Nektar zu sammeln – und das im Monat Mai, der wegen der üppigen Blütenpracht überall als Hauptschwärmzeit gilt. Als Folge wuchsen die Bienenvölker nicht, wie Imker Charles Huck erklärt. Die Imker mussten ihre Bienenvölker füttern, einige verhungerten sogar. „Ende Mai, Anfang Juni waren die Kolonien schwach“, sagt Huck. Denn wenn es zu kalt ist und die Bienen keine Nahrung herbeischaffen können, hört die Königin auf, Eier zu legen.

Dann setzte die Trockenheit und Hitzewelle im Juni und Juli den Bienen weiter zu. Statt Nektar zu sammeln, zogen es die Tiere vor, im Kühlen zu bleiben. Dazu kam, dass etwa die normalerweise zu dieser Jahreszeit blühenden Lindenblüten schnell austrockneten und so das Nektar sammeln fast unmöglich machten. Zuletzt zerstörten einige heftige Gewitter die wenigen Honigproduktionsansätze in den Bienenkolonien. Die Imker erwarten einen Ernteausfall von bis zu 80 Prozent der Honigproduktion im Elsass im Vergleich zu einem Durchschnittsjahr.

Es gibt noch andere Faktoren, die diesen Ausfall erklären: „Man muss die intensive Nutzung von Pestiziden dazurechnen, die die Bienenpopulationen dezimieren“, erklärt Michel Kerneis. Er ist Vorsitzender der Imkervereinigung Straßburg 1869. „Und unsere ländlichen Gegenden sind regelrechte Wüsten: Es gibt auf den Feldern keine Möglichkeit mehr zum Nektar sammeln.“ Eine Feststellung, die André Frieh, Präsident des Imkerverbandes Haut-Rhin, teilt: „Die riesigen Maisfelder in der Rheinebene sind zwar hübsch anzuschauen. Aber was die Artenvielfalt angeht, ist es eine Katastrophe für alle Insekten, einschließlich der Bienen.“

Im Elsass produzieren 3700 Imker Honig, nur ein Prozent davon professionell. Insgesamt sind im Elsass 38 000 Bienenstöcke aufgestellt. Frankreichweit produzieren 55 000 Imker rund 20 000 Tonnen Honig. In der Region Grand Est waren es 2018 an die 4140 Tonnen. In diesem Jahr könnte die landesweite Honigproduktion auf 15 000 Tonnen fallen. Der Honigkonsum in Frankreich liegt bei rund 45 000 Tonnen jährlich.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort