„Jeder Saarländer soll mit Französisch in Kontakt kommen“ Frankreichstrategie wird ausgebaut: Wie das Saarland jetzt französischer werden soll

Saarbrücken · Seit 2014 verfolgt das Saarland die Frankreichstrategie. Nun beginnt die nächste Etappe für die weitere Zusammenarbeit mit Frankreich. Dabei geht es auch um Vorhaben, die das Leben im Saarland und seinem Grenzgebiet einfacher machen – und wirtschaftlich reicher.

Frankreichstrategie des Saarlandes setzt auf Wirtschaft, Bildung und Gesundheit
Foto: dpa/Peter Kneffel

Das Saarland will sich langfristig auf Frankreich, aber auch Europa und die frankophone Welt ausrichten. Die täglichen Miteinander sollen französischer werden und damit mehr grenzüberschreitende Möglichkeiten und Kooperationen für Gesundheit, Energie, Mobilität, Arbeit, Wirtschaft und Kultur entstehen. Zudem soll das Saarland bis 2043, also in zwei Jahrzehnten, mehrsprachig sein.

Wo die Frankreich-Reise hingehen soll, hält die „Feuille de route“ fest, also das Positionspapier der Frankreichstrategie des Saarlandes. An diesem Donnerstag stellte David Lindemann, Chef der Staatskanzlei und Bevollmächtigter für Europaangelegenheiten, das vierte und damit aktuelle Positionspapier vor.

Frankreichstrategie mit guten Ergebnissen in der Bildung

Während der Corona-Zeit seien Projekte mit Austauschen ins Stocken gekommen, zudem hätten die Grenzschließungen zu einem traurigen Höhepunkt geführt; man sei aber gestärkt aus der Belastungsprobe hervorgegangen, so Lindemann. Zur Frankreichstrategie zieht er eine positive Zwischenbilanz: „Wir haben in den vergangenen knapp zehn Jahren gute Ergebnisse erzielt, insbesondere im Bildungsbereich.“ Im Saarland sind 83 Kitas gegenüber 197 Einrichtungen bundesweit als Élysée-Kitas zertifiziert. Beim Ausbau der zweisprachigen Krippen und Kitas gibt es einen leichten Anstieg: 2020 waren es 240 saarländische Kitas mit zweisprachigem Konzept, heute sind es 253 – das sind 51 Prozent aller saarländischen Kitas. Mit fünf Standorten ist ein Zuwachs an bilingualen Grundschulen zu verzeichnen, sogenannte Abibac-Schulen gibt es vier.

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Foto: AP/Michael Probst

Zu den zentralen Punkten der Frankreichstrategie gehört also Bildung, auch weiterhin in der „Feuille de route IV“. So soll beispielsweise im vorschulischen Bereich das Netzwerk „écoles maternelles bilingues Élysée 2020“ weiter ausgebaut werden, zudem sind unter anderem gemeinsame Weiterbildungen der Élysée-Einrichtungen von Saarland und Grand Est geplant. Ziel ist auch, Einstellungen von Personal mit französischen Abschlüssen weiter voranzubringen. Der Ausbau zweisprachiger Angebote in Krippen und Kitas steht ebenfalls im Programm. 2022 hatten zwei leitende Regierungsmitarbeiter in einer Bestandsaufnahme geurteilt, dass bei Französisch-Angeboten in Grundschulen und Kitas noch Luft nach oben sei – weil noch nicht alle Kitas hier über muttersprachiges französisches Personal verfügten.

Mehr Französisch ab der ersten Klasse

„Jeder Saarländer soll mit Französisch in Kontakt kommen. Spätestens ab der Grundschule ist der Kontakt hergestellt“, sagt der Chef der Staatskanzlei. In Grundschulen soll flächendeckender Französischunterricht ab Klassenstufe 1 weiter ausgebaut werden. Mehr Ausbau auch bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit Bildungsbehörden der Großregion und bei Grundschul-Austauschen im Saarland und im Département Moselle. An allgemeinbildenden Schulen geht es unter anderem darum, das Robert-Schuman-Austauschprogramm als individuelles Schüleraustauschprogramm zu stärken und grenzüberschreitende Schülerpraktika zu intensivieren. Auch sollen Fremdsprachenassistenten und deutsch-französische Freiwillige im Schulalltag aktiver werden. Zudem wird grenzüberschreitende Weiterbildung gestärkt.

Die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung ist auch ein zentrales Handlungsfeld der „Feuille de route IV“. Hier will die Landesregierung dauerhaft einen grenzüberschreitenden Gesundheitskorridor entlang der deutsch-französischen Grenze einrichten. Das beinhaltet auch die Ausweitung des Mosar-Projekts auf die grenzüberschreitende Schlaganfallversorgung. „Die Verhandlungen stehen kurz vor dem Abschluss“, erklärt der Chef der Staatskanzlei.

Weitere Schwerpunkte für 2023 und 2024 liegen auch auf Energie und Wirtschaft. So sollen unterschiedliche Wasserstoff-Projekte in der Großregion als grenzüberschreitende Wasserstoffwirtschaft etabliert werden – mit dem Saarland als Rückgrat für eine europäische Gemeinschaft für erneuerbare Energien und Wasserstoff. „Die Frankreichstrategie ist an einem kritischen Punkt und wir haben den Ehrgeiz, sie mit neuem Leben zu füllen“, sagte Lindemann. Es solle jedem im Saarland klar werden, „dass Französisch zu können, ein absoluter Vorteil ist“, sagte Lindemann. „So wie jedem klar ist, dass kein Englisch zu beherrschen, ein Nachteil.“ Auch wirtschaftlich. Ein Beispiel sei der Küchenbauer Nobilia, der sich bewusst im Saarland angesiedelt habe – weil hier viele Mitarbeiter Französisch sprechen.

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