Das Handy verrät die Besuchsdauer im Straßburger Münster

Straßburg/Colmar · Alle drei Minuten sendet das Handy des Touristen ein Signal, das zeigt, wo er sich gerade aufhält. So entstehen Bewegungsprofile, von denen sich die Tourismusbranche im Elsass viel verspricht.

Wie lange bleiben die Touristen im Elsass ? Aus welchen Ländern kommen sie? Besuchen sie erst Straßburg und dann die Elsässische Weinstraße? Wo essen sie zu Mittag? Besuchen sie in der Adventszeit lieber den Weihnachtsmarkt in Colmar oder Kaysersberg? Auf diese Fragen hatte die Elsass-Tourismusförderung, die vor kurzem mit der Wirtschaftsfördergesellschaft Elsass zur neu gegründeten Agence de l'Attractivité d'Alsace (AAA) unter einem Dach vereint wurde, bislang nur relativ ungenaue Antworten, die sich aus den Befragungen von Hoteliers, Gastronomen, Zeltplatzbetreibern und der Verwaltung von Sehenswürdigkeiten ergaben.

Ab Mitte Januar 2015 steht der Elsass-Tourismusförderung ein viel genaueres Instrument zur Verfügung: Im Elsass wie in zehn weiteren französischen Regionen können die Tourismusverbände auf Bewegungsprofile von Touristen und Einheimischen zurückgreifen, die sich mit ihrem Handy im Netz des Mobilfunkanbieters Orange, einer Tochter von France Télécom, einloggen. Das Projekt "Orange Flux Vision" stützt sich darauf, dass ein Handy alle drei Minuten ein Signal an den nächstgelegenen Mobilfunkmast sendet. "Wir bekommen damit eine fantastische Möglichkeit, die Touristenströme besser zu analysieren, was bisher nicht möglich war", sagt Benoît Gagneux vom Elsässischen Tourismusobservatorium ORT. Bislang habe das ORT nur das erfahren, wonach man gefragt habe. Der Mobilfunkanbieter Orange könne den regionalen Tourismusverbänden Auskunft geben über die Zahl der Touristen, der Tagesgäste, deren Herkunft und über die Zahl ihrer Übernachtungen.

Die Gefahr, dass durch das Handy-Projekt der Datenschutz bedroht werde, sieht Gagneux nicht: "Die Daten sind völlig anonymisiert, darauf hat die Datenschutzbehörde CNIL peinlichst genau geachtet. Wir sind mit dem, was wir sammeln, Chorknaben im Vergleich zu Facebook , Google oder Amazon , denen die Benutzer freiwillig deutlich mehr Privates von sich preisgeben."

Mit den durch "Orange Flux Vision" gewonnenen Daten bekämen die Region Elsass und die AAA Entscheidungshilfen für die Tourismuswerbung und die Raumplanung. Es sei etwa denkbar, dass Zugverbindungen zu bestimmten Tages- und Jahreszeiten ausgebaut oder reduziert werden müssten.

Das Projekt "Orange Flux Vision" kostet allein für das Elsass jährlich 30 000 Euro, die vor allem von der Region und zu kleinen Teilen von den elsässischen Departements Haut-Rhin und Bas-Rhin finanziert werden.

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