Cattenom rüstet für die Zukunft auf

Cattenom · 2016 wird am Atomkraftwerk im lothringischen Cattenom einiges passieren. Rund 200 Millionen Euro werden in die Wartungsarbeiten gesteckt. Direktor Guy Catrix hofft auf eine langfristige Zukunft der Anlage.

 Das Atomkraftwerk in Cattenom, rund 20 Kilometer vom Saarland entfernt, ist seit 30 Jahren am Netz. Foto: Rolf Ruppenthal

Das Atomkraftwerk in Cattenom, rund 20 Kilometer vom Saarland entfernt, ist seit 30 Jahren am Netz. Foto: Rolf Ruppenthal

Foto: Rolf Ruppenthal

In der Zeit zwischen Februar und Dezember wird das Atomkraftwerk (AKW) in Cattenom - rund 20 Kilometer von der saarländischen Grenze entfernt - mit drei statt vier Reaktoren laufen. Das teilte AKW-Direktor Guy Catrix gestern bei der Jahrespressekonferenz mit. Grund dafür sind planmäßige Wartungsarbeiten bei den Reaktoren 4 (noch bis April) und 3 (Oktober bis Dezember). Dabei werden jeweils ein Drittel der Brennstäbe ausgewechselt. Die größten Instandsetzungsarbeiten werden allerdings am Reaktor 1 (Mai bis Oktober) durchgeführt. Dieser ist bereits seit 30 Jahren am Netz. Alle zehn Jahre wird er von der Atomaufsichtsbehörde genauer unter die Lupe genommen. Werden alle Technik- und Sicherheitsvoraussetzungen erfüllt, darf er weitere zehn Jahre am Netz bleiben.

Das ist das erklärte Ziel von AKW-Direktor Guy Catrix: "Wir steuern eine Laufzeit von mehr als 40 Jahren an, natürlich im Rahmen des geltenden Rechts." Noch liegt die gesetzlich festgelegte Laufzeit für Atomkraftwerke bei 40 Jahren, laut Informationen des Radiosenders Europe 1 von gestern ist die sozialistische Umweltministerin Ségolène Royal jedoch kurz davor, einer Verlängerung zuzustimmen.

Derweil werden weitere Vorkehrungen gegen die Folgen möglicher Naturkatastrophen getroffen. Vorrichtungen gegen sintflutartigen Regen wurden gebaut. Laut Direktor Catrix ist das AKW sogar sicher, sollte ein Tornado Objekte in der Größenordnung eines Autos auf die Anlage schleudern. Außerdem werde zurzeit bei jedem Reaktor eine sechste Notstromversorgung angebaut. Die Kosten dieser sogenannten Post-Fukushima-Maßnahmen belaufen sich auf rund 25 Prozent des Budgets für Instandsetzungsarbeiten. Die übrigen 75 Prozent werden in die Anlage selbst investiert. Das Gesamtbudget beträgt rund 200 Millionen Euro für das Jahr 2016 - eine deutliche Erhöhung im Vergleich zum Vorjahr (2015: circa 85 Millionen Euro ).

Nach den Terror-Anschlägen in Paris wurden auch die Sicherheitsmaßnahmen in Cattenom erhöht. Aus taktischen Gründen wollte Catrix dazu keine Details erläutern. Er versicherte jedoch, dass er keine Hinweise auf eine erhöhte Bedrohung für Cattenom bekommen habe.

Für das Jahr 2015 zog der Direktor gestern eine gute Bilanz. Mit 36,8 Milliarden Kilowattstunden produzierte das Werk demnach rund acht Prozent des gesamten Nuklearstroms in Frankreich. 2015 fand auch die erste Großübung der schnellen nuklearen Eingreiftruppe FARN in Cattenom statt. Bei einem Notfall in einem AKW soll sie innerhalb von 24 Stunden vor Ort einsatzfähig sein, um Wasser-, Luft und Stromversorgung wiederherzustellen.

Mit der Umweltbilanz aus dem vergangenen Jahr ist Guy Catrix zufrieden. Sowohl die flüssigen als auch die gasförmigen Ausstöße blieben seinen Angaben zufolge mit jeweils 0,82 und 0,69 Gigabecquerel (GBq) weit unter der gesetzlichen Grenze (von 20 beziehungsweise 50 GBq).

In den vergangenen zwölf Monaten meldete das lothringische Atomkraftwerk an die Atomaufsichtsbehörde 32 Abweichungen vom Normalbetrieb, das heißt Ereignisse ohne oder mit geringer sicherheitstechnischer Bedeutung (Stufe 0 der siebenstufigen internationalen nuklearen Störfall-Skala) - aber immerhin auch fünf Zwischenfälle (Störung, Stufe 1).

Meinung:

Kein Ende in Sicht

Von SZ-RedakteurinHélène Maillasson

Wer in einem Jahr 200 Millionen Euro in die Wartung und Aufrüstung eines Atomkraftwerks investiert, plant mit einer weit längeren Laufzeit als nur von zehn Jahren. Die Absicht, Cattenom so lange wie möglich am Netz zu halten, hat der AKW-Betreiber nie verschleiert. In diesem Hinblick sind eine ständige Erhöhung der Sicherheitsstandards und die Anpassung an eventuellen Gefahren begrüßenswert. Ein Null-Risiko gibt es aber nirgendwo. Viele Saarländer und Luxemburger betrachten das AKW in Lothringen wie ein Damoklesschwert. Doch in Lothringen Druck für die Abschaltung zu üben, nützt nichts. Die Entscheider sitzen in Paris. Und sie scheinen sich zurzeit eher mit einer Verlängerung der Laufzeit anzufreunden.

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