Auf dem Kopf steht die Welt

Saargemünd · Die Schwerkraft scheint aufgehoben bei der Kunst von Leo, die er im Saargemünder Rathaus gezeigt hat. Mithilfe einer Video-Installation stellt er eine Stunde lang unsere Welt auf den Kopf.

 Wo ist hier oben, wo unten? Leo in Aktion. Foto: Andy Philipson

Wo ist hier oben, wo unten? Leo in Aktion. Foto: Andy Philipson

Foto: Andy Philipson

Leo (Tobias Wegner) kann die Wände hochgehen - und liegt doch am Boden. Er kann im Raum schweben, die Gesetze der Schwerkraft brechen - und bleibt doch unten. Man sieht ihn auf der Bühne des Theatersaals im Rathaus von Saargemünd in zwei separaten Boxen zugleich. In der einen, realen, macht er seine Boden-Akrobatik; in der anderen, virtuellen, sieht man ihn um 90 Grad gedreht in einer Videoinstallation, so dass alles, was Leo rechts in echt am Boden treibt, links so aussieht, als stünde, säße oder eben schwebe er. Wegners Show, die er am Freitag und Samstag im Rahmen der Perspectives zeigte, ist sehr raffiniert, denn sie stellt die räumliche Wahrnehmung der Zuschauer auf den Kopf.

Es fällt kein einziges Wort während des 60-Minuten-Auftritts, und doch schafft es der Akrobat, sein Publikum mitzunehmen. Vor allem die jüngeren Besucher quietschen vor Vergnügen. In der Tat: Stellenweise ist Leo zum Brüllen komisch, wie er zum Beispiel im Liegen Breakdance macht oder mit seinen Füßen an der Wand wie eine Ballerina trippelt, was links dann tatsächlich verblüffend echt nach "Schwanensee" aussieht. Hier sitzt jede Bewegung, die Illusion ist perfekt. Ein Koffer, außer einer Glühbirne das einzige Requisit, dient hier als Sitzgelegenheit, Musikbox und als Zauberkasten gleichermaßen.

Wenn Leo mit Kreide einen Raum mit Tisch, Stuhl, Regal, Blumen, einem Goldfisch und einer Katze entstehen lässt und es sich in dieser Wandzeichnung gemütlich macht - der Akrobat zeichnet alles liegend und um 90 Grad gedreht, damit es links richtig herum erscheint - dann ist das sehr witzig. Poetisch, fantastisch wird es, als das Stillleben aus Kreide zum Leben erwacht und per Videoinstallation links mit Wasser voll läuft. Leo rechts muss erst schwimmen und dann tauchen. Die linke Box wird zur fantastischen Unterwasserwelt mit allerlei animiertem Getier. Und Leo rechts strampelt und krault auf dem Boden, was das Zeug hält. Das ist der Höhepunkt dieser Show, danach gerät sie etwas zu langatmig. Zu eingeschränkt ist dann doch das Bewegungsrepertoire eines vorwiegend liegend agierenden Akrobaten. Dennoch: ein starker Auftritt und ein begeistertes Publikum.

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