Bittere Schlappe für Lafontaine

Saarbrücken · Die frühere Weltklasse-Tennisspielerin Claudia Kohde-Kilsch ist bei der Listenaufstellung der Saar-Linken gescheitert. Das Ergebnis ist auch eine bittere Niederlage für Oskar Lafontaine, der sich für sie stark machte.

 Betretene Mienen: Die Saar-Linke wollte Oskar Lafontaines Werben nicht folgen und verwehrte Claudia Kohde-Kilsch den Spitzenplatz auf der Landesliste. Foto: Becker & Bredel

Betretene Mienen: Die Saar-Linke wollte Oskar Lafontaines Werben nicht folgen und verwehrte Claudia Kohde-Kilsch den Spitzenplatz auf der Landesliste. Foto: Becker & Bredel

Foto: Becker & Bredel

Mitten in seiner Rede platzte Oskar Lafontaine der Kragen. "Wenn ihr es nicht versteht, dass es uns wirklich zur Ehre ist, dass sich eine Spitzensportlerin für uns engagiert, dann tut es mir leid", rief er einem Teil der fast 600 Linken-Mitglieder in der überfüllten Saarbrücker ATSV-Halle gereizt zu. Da hatte es gerade wieder Pfiffe und Buhrufe gegeben. Am Ende half auch Lafontaines Einsatz nicht: Die frühere Weltklasse-Tennisspielerin Claudia Kohde-Kilsch fiel beim Parteivolk kläglich durch: Für die 49-Jährige als Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl stimmten im ersten Wahlgang mit sechs Bewerbern nach turbulenter Diskussion nur 103 von 525 Mitgliedern. Damit stellten sich die Saar-Linken erstmals offen gegen ihr Zugpferd.

Dabei hatte Lafontaine sich mächtig für Kohde-Kilsch ins Zeug gelegt. In seiner Rede stellte er eine "Grundregel" für Wahlkämpfe auf. Diese Lafontaine-Doktrin lautet: "Überdurchschnittliche Wahlergebnisse erreicht man nur, wenn bekannte Namen für die Partei antreten, die viele Wählerinnen und Wähler binden, die sich sonst nicht für die Partei engagieren würden." Als Negativ-Beispiel führte er an, dass die Linke bei der Europa- und Kommunalwahl 2009 ohne ihn nur zwölf Prozent der Stimmen erreicht habe. Um ihre zwei Mandate in Berlin zu verteidigen, müsse die Saar-Linke aber 15 bis 16 Prozent erreichen. Eine Chance dazu sah Lafontaine nur mit Kohde-Kilsch. Als er sie mit dieser Begründung offiziell vorschlug, ließ jedoch ein Teil der Mitglieder dem angestauten Unmut freien Lauf- für Lafontaine bei einem Heimspiel gewiss eine neue Erfahrung.

Seit Wochen gab es Widerstand gegen die politisch weitgehend unerfahrene Kohde-Kilsch, schließlich hat der Landesverband mit Thomas Lutze und Yvonne Ploetz zwei Abgeordnete in Berlin, die sich aus der Sicht ihrer Anhänger bewährt haben. Einige führende Linke hatten nach SZ-Informationen noch versucht, Lafontaine von seinem Personalvorschlag abzubringen. Doch er ließ sich nicht beirren; intern soll er sogar indirekt damit gedroht haben, wenn Kohde-Kilsch durchfalle, werde er keinen Wahlkampf mehr machen.

Schon während Lafontaines Rede und der Vorstellungen der sechs Kandidaten (neben Kohde-Kilsch und den beiden Bundestagsabgeordneten Lutze und Ploetz der Ex-Landtagsabgeordnete Lothar Schnitzler sowie zwei weitgehend unbekannte Mitglieder) war zu spüren, dass Kohde-Kilsch einen schweren Stand haben würde. Dazu mag auch beigetragen haben, dass Lafontaine mit Kohde-Kilschs Mitbewerber Lutze offen abrechnete. Der könne zwar organisieren, sagte Lafontaine, sei aber "nicht unbedingt ein großer Wahlmagnet". Im Landtagswahlkampf habe Lutze es versäumt, rechtzeitig Plakatflächen zu mieten - und den Fehler bei seinem Mitarbeiter abgeladen. "Dies habe ich nicht akzeptiert, ich akzeptiere es auch heute nicht", sagte Lafontaine. Lutze mahnte daraufhin zur Sachlichkeit, lobte Lafontaines Verdienste - und warf in dessen Richtung die Frage auf, wer denn dafür mitverantwortlich sei, dass die Linke im vergangenen Landtagswahlkampf "160 000 Euro Miese gemacht hat".

Kohde-Kilsch - seit Mai 2012 Pressesprecherin der Landtagsfraktion - sagte in ihrer Bewerbungsrede: "Während meiner Arbeit in den letzten Monaten ist mir bewusst geworden, dass ich auch selbst gerne versuchen möchte, etwas zu verändern." Seit Jahren setze sie sich für kranke und benachteiligte Menschen ein. "Ich habe Jahre auf der Sonnenseite des Lebens verbracht, aber ich weiß nun auch, wie es ist, als allein erziehende Mutter kämpfen zu müssen, um sich und sein Kind durchzubringen", sagte sie. Für Platz zwei trat sie erst gar nicht mehr an.

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