Bischof sieht Politik in der Krise

Saarbrücken. Vor etwa 200 Zuhörern hat am Freitagabend der evangelische Landesbischof von Sachsen, Jochen Bohl (Foto: epd), Stellung genommen zu der weltweiten Finanzkrise

Saarbrücken. Vor etwa 200 Zuhörern hat am Freitagabend der evangelische Landesbischof von Sachsen, Jochen Bohl (Foto: epd), Stellung genommen zu der weltweiten Finanzkrise. "Die Politik hat selten einen so angespannten und überforderten Eindruck gemacht wie in diesen Tagen", sagte Bohl, der auf Einladung der Saar-Protestanten im Rahmen einer Vorbereitungs-Reihe auf das 500-jährige Jubiläum des Anschlags der Thesen Martin Luthers an die Wittenberger Schlosskirche 1517 ins Saarland gekommen war. Bohl, der bis 1995 als Jugendpfarrer im Saarland wirkte und bei den Saar-Grünen 1993 als Gegenkandidat von Parteichef Hubert Ulrich scheiterte, sprach zum Thema "Frei und dienstbar - evangelisch sein in unserer Gesellschaft". Der gebürtige Westfale stellte fest, dass die Politik mit bedrohlichen Entwicklungen kämpfe. Er zählte dazu die arabischen Freiheitsbewegungen, die Kriege in Afghanistan und Libyen, ebenso wie die Euro- und Finanzkrise und den ungestillten Energiehunger. Der bröckelnde Zusammenhalt der Gesellschaft habe in England zu den Ausschreitungen geführt, ebenso wie in den französischen Banlieus. In Deutschland seien die Verhältnisse noch nicht so zerrüttet, aber in einigen Stadtquartieren brodele es auch, so Bohl. Er stellte "tiefe Risse im Sozialgefüge" auch in Deutschland fest. Die neue Saar-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) habe ausgesprochen, dass das Wirtschaftswachstum an den Armen vorbei gehe. "Diese Menschen sind unfrei. Der Abstand zwischen Arm und Reich hat sich vergrößert", kritisierte Bohl die Wirtschaftsordnung. Hinzu käme, dass gemeinschaftliche Strukturen der Gesellschaft instabiler würden, ebenso wie die Familien. Bohl, der neben einem blauen Plastik-Lutherzwerg des Künstlers Ottmar Hörl stand, betonte, dass Freiheit kein Selbstzweck sei und Verantwortung erfordere. Der Saarbrücker Superintendent Christian Weyer dankte Bohl für den "bewegenden" Vortrag.

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