Streit um Entschuldung der Kommunen Beziehungsprobleme in der Koalition an der Saar

SAARBRÜCKEN Als „nicht besonders erfreulich“ beschrieb Finanzminister Peter Strobel (CDU) die Stimmung beim Treffen der Koalitionsspitzen am Donnerstag. Aber so sei das in einer guten Beziehung nun mal: „Daran muss man immer arbeiten.“ CDU und SPD machen zurzeit aber nicht den Eindruck, dass sie in einer glücklichen Beziehung leben.

Die Sozialdemokraten nehmen es dem neuen Ministerpräsidenten Tobias Hans (CDU) übel, dass er schon öfter mit Ideen an die Öffentlichkeit gegangen ist, die koalitionsintern nicht abgestimmt waren, zuletzt mit dem Vorschlag zur Befreiung der Kommunen von ihren Kassenkrediten („Saarland-Kasse“). Führende SPD-Leute schimpfen, Hans versuche so, Profil zu gewinnen, das sei unprofessionell und erschwere die Zusammenarbeit im Bündnis. Am Donnerstag knallte es deshalb bei besagtem Treffen. Bei der CDU herrscht dagegen der Eindruck vor, die SPD habe es verpasst, den Wechsel in der Staatskanzlei für sich zu nutzen, und wolle es Hans dafür nun schwer machen. Und der SPD-Bildungsminister spreche ja auch nicht alles vorher in der Koalition ab.

Bleiben wir bei der Sache, um die es eigentlich geht. Dass für die hoch verschuldeten Kommunen etwas getan werden muss, bestreitet in der Koalition niemand, die Haushaltsklausur im Juni wird sich mit dieser Frage befassen. Die CDU-Seite der Landesregierung schlägt folgendes vor: Die zwei Milliarden Euro Kassenkredite sollen an einen kommunalen Zweckverband übertragen werden, sie bleiben also – anders als beim Vorbild Hessen-Kasse – bei den Kommunen. Über 30 bis 40 Jahre sollen diese Kredite dann getilgt und die Zinsen bedient werden. Die dafür erforderlichen 80 bis 95 Millionen per anno sollen zum einen aus kommunalen Mitteln stammen, die das Land für die eigene Sanierung derzeit einbehält (bis zu 45 Mio. Euro) und ab 2020 den Kommunen versprochen hat. Zum anderen aus Zuweisungen, die der Bund ab 2020 dem Land als Ausgleich für die schwache Finanzkraft der Saar-Kommunen gewährt (rund 50 Mio. Euro). Laut Strobel sind das „originäre Landesmittel“, weshalb er das Saarland-Kassen-Konzept als echte Hilfe ansieht: „Die Idee ist bestechend, sie bietet die richtige Lösung zum richtigen Zeitpunkt. Eigentlich kann man daran nicht vorbei.“ Aus Sicht der Kommunen stehen diese Gelder den Städten und Gemeinden aber ohnehin zu – zwar nicht in rechtlicher, aber doch in politisch-moralischer Hinsicht. Der Neunkircher OB Jürgen Fried (SPD) bezeichnete das Strobel-Modell daher als „ernüchternd“. Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) zeigte Verständnis für diese Kritik. Dass das Land mehr Geld für die Entschuldung bereitstellt, scheint aber fraglich, laut Strobel sind die 50 Millionen schon mehr, als viele Bürgermeister erwartet hatten.

Zweiter Streitpunkt ist der von Hans gewählte Zeitpunkt. „Ich hätte mir gewünscht, dass wir erst noch mal in Verhandlungen mit dem Bund eintreten“, sagte Rehlinger im SR. Den Bund vorzeitig aus seiner Verpflichtung zu entlassen, könne sich als „strategischer Fehler“ entpuppen. Die CDU hat allerdings die Hoffnung auf Entschuldungshilfen des Bundes aufgegeben. CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer räumte gestern bei der SZ ein, sie sehe derzeit „keine realistische Chance auf einen Altschuldenfonds für die Kommunen“. Die Steuermehreinnahmen seien schon für Projekte der großen Koalition verplant, etwa zur Stärkung der inneren und äußeren Sicherheit.

Kramp-Karrenbauer versucht nun, das Problem den Sozialdemokraten in die Schuhe zu schieben, indem sie auf die Verantwortung von Bundesfinanzminister Olaf Scholz verweist. Was sie aber nicht sagte: In den Koalitionsverhandlungen in Berlin sind Entschuldungshilfen für arme Kommunen nicht an der SPD gescheitert, sondern an den finanzstarken Ländern des Südens. Die werden überwiegend von der Union regiert.

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