Bereitschaftsdienst Bereitschaftsdienst statt Notaufnahme

Saarbrücken · In Saarbrücken sind die Bereitschaftsdienstpraxen unter der Woche geöffnet. Ein Modell auch für andere Standorte?

 Ein Arzt hält ein Stethoskop in der Hand.

Ein Arzt hält ein Stethoskop in der Hand.

Foto: picture alliance / dpa/Patrick Seeger

Herzinfarkt neben fiebriger Erkältung, Blinddarm neben Halsschmerzen – mit den unterschiedlichsten Beschwerden suchen bundesweit und im Saarland immer mehr Patienten Rat in den Notaufnahmen von Krankenhäusern. Dabei ist nicht jede Erkrankung ein echter Notfall und die Patienten verstopfen so die Notaufnahmen, anstatt den für sie zuständigen Bereitschaftsdienst der niedergelassenen Ärzte aufzusuchen. Auf diese Schieflage wies anlässlich des heutigen Tags des Bereitschaftsdienstes die Kassenärztliche Vereinigung (KV) hin.

Das Klinikum Saarbrücken (Winterberg) und das Caritas-Klinikum Saarbrücken (Rastpfuhl) seien mit dem Wunsch nach Entlastung an die KV herangetreten, sagte der stellvertretende KV-Vorstandsvorsitzende, Dr. Joachim Meiser. Daher sei im Rahmen eines Modellprojekts vom 1. April bis 30. September 2017 das Angebot der Bereitschaftspraxis an den beiden Standorten ausgeweitet worden. Im Regelfall haben die 13 Bereitschaftsdienst-Praxen, die in Krankenhäusern untergebracht sind (siehe Grafik), nur an Wochenenden, Feiertagen und Brückentagen geöffnet. Unter der Woche hat außerhalb der Sprechstundenzeit in jedem der 13 Bezirke ein niedergelassener Arzt Bereitschaftsdienst. Welcher Arzt Dienst hat, können Patienten über die Hotline 116 117 erfragen.

Während des Modellprojekts waren – zusätzlich zu den regulären Bereitschaftsärzten – auch die Bereitschaftsdienst-Praxen auf dem Winterberg und auf dem Rastpfuhl geöffnet (montags, dienstags und donnerstags von 18 bis 22 Uhr sowie mittwochs und freitags von 13 bis 22 Uhr). „Damit wollten wir ein reelles Bild über den Bedarf erhalten und schauen, ob der Transfer von der Krankenhaus-Ambulanz zu den Bereitschaftsdienst-Praxen gelingt“, sagte Meiser. Sein Fazit: „Das Angebot wurde sehr gut angenommen.“

In den zusätzlichen Öffnungszeiten wurden am Caritas-Klinikum durchschnittlich 81 Patienten pro Woche behandelt, im Klinikum Saarbrücken 56. Durchschnittlich 90 Prozent der Patienten wurden durch das Krankenhaus an die Bereitschaftsdienst-Praxen verwiesen. In 75 Prozent der Fälle seien die Patienten aus akutem Anlass gekommen. „Also nicht Dinge, die schon wochenlang verschleppt wurden oder weil sie ein Wiederholungsrezept wollten“, sagte Meiser. Bei rund 20 Prozent der Erkrankungen handelte es sich um Verletzungen und Unfallfolgen. Rund 65 Prozent der Patienten konnten durch den Bereitschaftsdienst versorgt werden, 28 Prozent wurden ins Krankenhaus zur weiteren Behandlung verwiesen.

Das Modellprojekt habe gezeigt, dass der Bedarf nach einer ambulanten Akutbehandlung an beiden Standorten unter der Woche vorhanden sei. Daher seien die erweiterten Öffnungszeiten seit 1. Oktober Teil der Regelversorgung. „Wenn auch andere Standorte auf uns zukommen und Bedarf anmelden, werden wir auch dort nach einer Lösung suchen“, sagte Meiser.

„Für uns sind die erweiterten Öffnungszeiten ein wichtiger Schritt in Richtung einer verbesserten sektorenübergreifenden Versorgung“, sagte der Ärztliche Direktor des Klinikums Saarbrücken, Dr. Christian Braun. „Notfallpatienten mit ambulant zu lösenden Problemen, die zuvor unsere Zentrale Notaufnahme in Anspruch genommen haben, können seither deutlich leichter und einfacher den Kolleginnen und Kollegen der Bereitschaftsdienstpraxis vorgestellt werden.“ Dies sei durch die räumliche Nähe viel einfacher als früher.

Über die Gründe, warum immer mehr Patienten die Notfallambulanzen der Kliniken aufsuchen, lägen keine Studien vor. Möglicherweise sei vielen das ambulante System nicht bekannt. Allerdings sei auch die Erwartungshaltung der Patienten gestiegen, mitunter forderten sie bei Kopfschmerzen direkt ein MRT. Durch das Googlen der Symptome könne auch das Bedürfnis gestiegen sein, sicherheitshalber einen Arzt zu konsultieren. „Wir wollen die Gründe für die geänderte Inanspruchnahme auch gar nicht werten, sondern unsere Botschaft ist: Wo Bedarfe sind, finden wir neue Lösungen“, so Meiser.

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