Belegschaft ist stinksauer auf die Saargummi-Chefs "Wir haben doch Arbeit genug""Quittung für Missmanagement"

Büschfeld. "Das ist eine Sauerei, was hier abgeht" - dieser Satz war am Freitagmittag häufiger zu hören, als zum Schichtwechsel beim Automobil-Zulieferer Saargummi die Beschäftigten das Werkstor passierten

Büschfeld. "Das ist eine Sauerei, was hier abgeht" - dieser Satz war am Freitagmittag häufiger zu hören, als zum Schichtwechsel beim Automobil-Zulieferer Saargummi die Beschäftigten das Werkstor passierten. Kurz zuvor hatten sie auf einer Betriebsversammlung die Hiobsbotschaft erfahren: Das Unternehmen hat am Morgen Insolvenz angemeldet, die Zukunft der gut 900 Beschäftigten in Büschfeld ist unsicherer denn je. Seit Monaten gab es ein heftiges Ringen zwischen der Geschäftsführung des Werkes, das 2007 vom Finanzinvestor Odewald & Compagnie gekauft worden war, und den Arbeitnehmervertretern um die Sanierung des angeschlagenen Automobilzulieferers. Die Geschäftsführung wollte die Belegschaft auf nur noch 400 Mitarbeiter reduzieren, Produktionsbereiche verkaufen, Lohneinbußen wurden der Belegschaft abverlangt. Und am Freitag der Insolvenzantrag, als trauriger Höhepunkt des Saargummi-Dramas.Deutliche Worte fanden Vertreter von Betriebsrat und Gewerkschaft IGBCE nach der Versammlung, auf der sie allein die Beschäftigten über die Insolvenz zu informieren hatten. Von der Unternehmensleitung war niemand anwesend. Das brachte IBCE-Bezirksleiter Dietmar Geuskens mächtig auf die Palme: "Es ist ein Armutszeugnis, das die Geschäftsführung heute hier abgeliefert hat." Die Gewerkschaft werde jetzt gemeinsam mit den Menschen in der Hochwaldregion darum kämpfen, den Standort zu stabilisieren. "Man darf nicht vergessen, dass Saargummi noch vor wenigen Jahren als Vorzeigebetrieb galt." Jetzt ließen jene, die mit falschen Sanierungskonzepten hausieren gingen, die Menschen einfach allein. Geuskens sprach von einer "langen Blutspur", die der bisherige Eigentümer hinterlassen habe. Die Mitarbeiter hingegen hätten immer loyal zu ihrem Werk gestanden.

Aus Sicht von Arno Dühr, dem Betriebsrats-Vorsitzenden bei Saargummi, steckt in der Insolvenz auch die Chance für einen Neuanfang: "Wir wissen, dass wir gute Mitarbeiter besitzen und wollen die gewohnte Qualität unserer Produkte auch in Zukunft aufrecht erhalten." Dühr weiter: "Von der Politik erwarte ich, dass sie voll hinter dem Werk steht und all ihre Möglichkeiten spielen lässt, um den Standort zu sichern."Büschfeld. Aufgewühlt und schockiert waren die Beschäftigten von Saargummi, nachdem sie von der Insolvenz ihres Unternehmens erfahren hatten. "Ich arbeite schon seit 24 Jahren bei Saargummi, aber was jetzt hier abgeht, ist nicht mehr normal", ereiferte sich Renate Schuler. Die 60-Jährige aus Überlosheim ist wie ihre Kollegen in großer Sorge um ihren Arbeitsplatz, an dem für sie viel hängt: "Soll mein Haus jetzt wegen dieser Sache draufgehen?" "Kurz vor Weihnachten ist so eine Nachricht geradezu wunderbar", meinte Karl-Heinz Seewald voll beißender Ironie. Der 48-Jährige aus Nunkirchen arbeitet in der Sparte Dachbelag, einem der Unternehmensteile, von der sich die bisherigen Eigentümer trennen wollten. Aber diese Pläne seien durch den Insolvenzantrag auf Eis gelegt. Die 19-jährige Janine Hess aus Nunkirchen ist gerade mal seit einer Woche in Büschfeld tätig, arbeitet dort als Leiharbeits-Kraft. Jetzt ist ihre berufliche Zukunft wieder völlig ungewiss. Entsprechend zurückhaltend fiel ihr Fazit aus: "Man muss abwarten, wie es weitergeht." Ähnlich sah das Katharina Reifschneider aus Weiskirchen. Die 48-Jährige ist seit 15 Jahren bei Saargummi beschäftigt und meinte: "Wir haben mit sowas nicht gerechnet, wir haben doch Arbeit genug." < Bericht folgt. cbeBüschfeld. "Der Insolvenzantrag ist die Quittung für das Missmanagement von Eigentümer und Geschäftsleitung", bewertet die SPD-Landtagsabgeordnete Anke Rehlinger aus Nunkirchen die Geschehnisse. "Es kann nicht sein, dass die Mitarbeiter und eine ganze Region die Zeche für riskante Spekulationsgeschäfte zahlen müssen." Entscheidend sei nun, zusammen mit einem qualifizierten Insolvenzverwalter einen neuen Eigentümer zu finden, der am Standort weiter produzieren will. Dagmar Ensch-Engel, Landtagsabgeordnete der Linken, fand: "Die Politiker der Landesregierung verhalten sich so, als wäre ihnen das Nordsaarland egal." Die Schließung von Saargummi käme einem Kollaps der Region gleich. "Mit großer Sorge blicken wir zu einem der größten Arbeitgeber unserer Region", sagte FDP-Kreischef Patrick Maurer. Aber: "Ich bin zuversichtlich, dass trotz der Insolvenz mit Hilfe der Landesregierung der Standort und viele Arbeitsplätze gerettet werden können." cbe

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