Sommerinterview „Beim LSVS muss Transparenz her“

Saarbrücken · Linken-Parteivize Neumann über die Zusammenarbeit mit der AfD, den LSVS und was ihn an Tobias Hans stört.

 Der stellvertretende Parteivorsitzende Andreas Neumann (Die Linke) in der Landesgeschäftsstelle.

Der stellvertretende Parteivorsitzende Andreas Neumann (Die Linke) in der Landesgeschäftsstelle.

Foto: Oliver Dietze

Die Landesgeschäftsstelle in der Saarbrücker Talstraße hat sich der stellvertretende Linken-Landesvorsitzende Andreas Neumann als Ort für das SZ-Sommerinterview ausgesucht. Hier finde vieles statt, was dem 44-Jährigen in der Partei wichtig sei, etwa Beratungsangebote, der Kontakt zur Basis und die Debatte um Inhalte. Den Begriff „Grabenkämpfe“ oder gar „Lager“ für die unterschiedlichen Parteigruppen lehnt er ab: „Wir sind alle in der Partei Die Linke.“ Persönliche Konflikte müssten hintenan stehen.

Der Parteivorsitzende Jochen Flackus ist im Februar aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten. Wollen Sie neuer Landesvorsitzender werden?

NEUMANN Zum jetzigen Zeitpunkt wäre es noch viel zu früh, etwas dazu zu sagen. Die Neuwahlen werden im November oder Dezember sein. Wir werden zu gegebener Zeit schauen, wer alles antritt, abwarten, was für ein Feedback von der Basis kommt und das Ganze im Landesvorstand miteinander beratschlagen.

Vor einem Jahr klagten Kritiker des Bundestagsabgeordneten Thomas Lutze vor Gericht gegen die Zulassung der Landesliste zur Bundestagswahl, da sie Manipulation bei der Aufstellung vermuteten. Seitdem wurden Kritiker aus der Partei ausgeschlossen. Ist Frieden eingekehrt?

NEUMANN Ja, das kann man auch gut an den Medien festmachen. Was man von uns liest, sind thematische Beiträge, nicht Dinge aus der Partei, in denen es um internen Unmut geht. Es werden sicherlich auch Diskurse geführt, die gehören dazu, aber dabei geht es nicht um Personalien, sondern darum, wie wir uns zu Themen wie der Grubenflutung oder der Windenergie positionieren. Der neue Landesvorstand hat sich auf die Fahnen geschrieben, zusammenzuführen und gemeinsam politisch nach vorne zu gehen.

Im November 2017 war die bisherige Landesvorsitzende Astrid Schramm nicht mehr angetreten, weil sie mit Thomas Lutze und Ihnen nicht mehr zusammenarbeiten wollte. Sie gehört aber der Landtagsfraktion an. Wie beschreiben Sie das Verhältnis des Landesverbands zur Landtagsfraktion?

NEUMANN Wir sind alle in der Partei Die Linke. Eine solidarische Zusammenarbeit muss reibungslos vonstatten gehen. Ich sehe jetzt hier auch von der Personalie her kein Problem, weswegen eine Zusammenarbeit nicht möglich sein sollte. Auch in der Zeit, als Astrid Schramm als Landesvorsitzende mit mir ein Problem gehabt zu haben scheint, habe ich mit ihr die Zusammenarbeit gesucht. Die Arbeitsebene zwischen Landesverband und Landtagsfraktion ist professionell. Persönliche Animositäten müssen zurückstehen.

Im aktuellen Saarlandtrend (Juni 2018) verliert die große Koalition im Land an Zustimmung. Die Linke bleibt mit 12 Prozent relativ konstant. Warum gelingt es der Partei nicht – anders als der AfD, die sich von 6,2 auf 15 Prozent gesteigert hat – die Verluste der Regierungsparteien bei sich aufzufangen?

NEUMANN Diese Wahlprognose war aus demokratischer Sicht vernichtend. Dass die Groko so entscheidend verliert, ist deren Politik geschuldet. Aber wenn die AfD das Zweieinhalbfache zur Landtagswahl 2017 hinzugewinnt, muss das für alle demokratischen Kräfte an der Saar ein Warnsignal sein. Wir bemühen uns seit November, unser Profil zu schärfen. Wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern zeigen, was unsere Programmatik ist und warum wir die einzige soziale Alternative an der Saar sind. Wir müssen zeigen, dass die Linke konkrete Lösungsvorschläge macht, etwa bei den Themen sozialer Wohnungsbau oder kostenlose Kitaplätze, während von der AfD nichts als Worthülsen kommen. Wir versuchen seit anderthalb Jahren verstärkt, die sozialen Medien im Internet zu bedienen, wo ein Gros der Leute unterwegs ist und dort unsere Themen unter die Leute zu bringen. Das gelingt auch ganz gut, braucht aber Zeit, bis sich das in Umfragen widerspiegelt.

Ist die Linke in der Lage, 2019 überall in allen Städten und Gemeinden mit einer Liste bei den Kommunalwahlen anzutreten?

NEUMANN Das ist Sache der Kreisverbände. Es würde uns freuen, wenn wir in der Fläche Präsenz zeigen und die beim letzten Mal errungenen Mandate verteidigen und bestenfalls ausbauen. Die Listenaufstellungen beginnen jetzt, im größeren Maße aber erst im September. Im Moment haben wir schon ganz gute Rückmeldungen aus den Kreisverbänden. Aber wir werden uns nicht auf irgendwelche Abenteuer einlassen. Etwa dann, wenn ein Kreisverband sagt, es macht in einem Ort keinen Sinn.

Neben der Linken ist nur noch die AfD Opposition im Landtag. Wie sollte der Umgang mit der Fraktion aussehen?

NEUMANN Da gibt es eine ganz klare Aussage von der Bundesebene unserer Partei, die gesagt hat: Es gibt keine gemeinsamen Anträge mit der AfD. An das haben wir uns kontinuierlich zu halten und größtenteils wird das im Saarland auch so umgesetzt.

Ist es zu vermitteln, dass die Landtagsfraktion die Erhöhung der Diäten gemeinsam mit der AfD beantragt hat, aber die Resolution zum Erhalt der Arbeitsplätze bei Halberg Guss zurückgezogen wurde, weil die Linke keinen gemeinsamen Antrag mit der AfD wollte?

NEUMANN Die Frage sollten Sie eher der Fraktion stellen, weil es ihre eigene Entscheidungskompetenz betrifft. Das Thema wurde in der Partei kontrovers diskutiert. Fraktion und Landesverband stehen fest hinter den Arbeitnehmern. Die Fraktion hat dazu auch eine Verlautbarung herausgegeben. Darin hätte vielleicht noch deutlicher erklärt werden können, warum eine Zusammenarbeit mit der AfD für uns nicht denkbar ist: Wir sind pluralistisch, agieren solidarisch und bekennen uns nicht zu dem Nationalen in der Ausprägung, wie es die AfD bundesweit seit Jahren zelebriert und lehnen auch das Vokabular ab, das die AfD bisweilen zu nutzen pflegt.

Auf Initiative der Linken ist im Mai der Untersuchungsausschuss zum LSVS eingerichtet worden. Welche Forderungen ergeben sich aus dem bisher Bekannten?

NEUMANN Uns interessiert vor allem, was mit den Mitarbeitern ist, die von Kündigung bedroht sind. Es muss die größtmögliche Transparenz her: Es muss auf den Tisch, welches Parteibuch die beteiligten Protagonisten haben, an wen welche Schecks überreicht wurden. Der Skandal sollte auf keinen Fall – so wie bisher – auf dem Rücken der Saar-Sportler und der Ehrenamtlichen vor Ort ausgetragen werden. Ein Lösungsvorschlag wäre, dass künftig das Parlament den Haushalt des LSVS kontrolliert. Grundsätzlich sollten Politik und Saar-Sport voneinander getrennt werden. Aber die Erkenntnis ist wirklich nicht neu. Es ist nicht zielführend, wenn Sportminister Klaus Bouillon sich nun hinstellt, als hätte er die Weisheit gefunden. Alle Protagonisten sollten sich fragen, ob sie geeignet sind, den neuen Weg mitzutragen.

Ist er als Sportminister noch tragbar?

NEUMANN Momentan sind noch einige Fragen in der Klärung auch bezüglich seines Geburtstags und der verteilten Schecks. Man sollte nicht vorverurteilen, sondern abwarten, welche Ergebnisse am Ende stehen und wie stark seine eigene Verbandelung war. Die Frage ist, ist er in der Lage, das, was er nun anregt, auch zeitnah anzupacken?

Tobias Hans ist seit März Ministerpräsident. Wie bewerten Sie seine Arbeit bisher?

NEUMANN Mit Tobias Hans hat ein sehr nüchterner Ton Einzug gehalten. Er leidet natürlich darunter, dass er der breiten Öffentlichkeit bisher nicht so bekannt war. Politisch gesehen gibt es zwei Themen, die mir Probleme machen. Zum einen ist das die Saarland-Kasse. Wenn die Mittel des kommunalen Finanzausgleichs und die Rückerstattung aus dem Saarland-Pakt zur Finanzierung dieses Zweckverbands dienen sollen, kann ich verstehen, dass manche Kommune damit ein Problem hat. Die Kommunen haben die schwarze Null und das Landessparpaket mit Abermillionen finanziert. Sie sollen nun durch ein nicht ganz faires Vorgehen an die kurze Leine kommen. Das widerspricht der kommunalen Selbstverwaltung. Das zweite Thema ist das geplante Landesrechnungszentrum. Es ist im besten Falle unnötig, im schlechtesten Falle unsinnig. Die Dienstleister der Kommunen bieten teils deutlich höhere Sicherheitsstandards als im Konzept vorgesehen sind. Bevor hier Millionen in die Hand genommen werden, sollte eine Bedarfsanalyse erfolgen. Es gäbe bessere Verwendungsmöglichkeiten für die Gelder, etwa beim ÖPNV. Ich habe den Eindruck, dass es sich bei dem neuen Zentrum bloß um ein Prestige-Projekt handelt.

Welches Zeugnis stellen Sie der Neuauflage von Schwarz-Rot im Saarland aus?

NEUMANN Die Arbeit ist bestenfalls ausreichend. Da ist noch viel Luft nach oben. Diese beiden Parteien haben eine komfortable Mehrheit. Die Probleme sind auf dem Tisch, man könnte sie angehen und zur Umsetzung bringen. Das sollte jetzt auch mal getan werden.

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