Baurecht schützt die schöne Aussicht nicht

Saarlouis/Saarbrücken. Der reizvolle Postkartenblick vom Alt-Saarbrücker Reppersberg hinab auf die Dächer von St. Johann wird nicht vom Baurecht geschützt. Das hat das saarländische Verwaltungsgericht in Saarlouis festgestellt

Saarlouis/Saarbrücken. Der reizvolle Postkartenblick vom Alt-Saarbrücker Reppersberg hinab auf die Dächer von St. Johann wird nicht vom Baurecht geschützt. Das hat das saarländische Verwaltungsgericht in Saarlouis festgestellt. Die Richter gaben grünes Licht für den Bau einer etwa 30 Meter breiten Wohnanlage mit bis zu fünf Geschossen plus aufgesetztem Penthouse auf der Talseite der Philippinenstraße.Das kastenförmige Anwesen wird zur Straße hin etwa 12,40 Meter hoch sein. Damit wird es den Nachbarn auf der Bergseite der Straße den bislang freien Blick ins Grüne und ins Tal versperren. Betroffen davon sind unter anderem die Bewohner einer Jugendstilvilla. Deren Eigentümer und andere Anwohner haben gegen das Bauvorhaben Klage eingereicht. Ohne Erfolg. Dazu und zum Thema Stadtentwicklung meinte der Vorsitzende Richter: "Es geht nicht darum, was uns gefällt. Es geht darum, was juristisch angreifbar ist." Und im konkreten Fall sei der Bauvorbescheid für das geplante Anwesen von dessen künftigen Nachbarn nicht anfechtbar.

Die Nachbarn hatten sich gegen den vermeintlichen Betonklotz gewehrt. Er sei zu hoch, zu breit und zu tief. Er passe nicht in die Umgebung. Er nehme ihnen Licht, Ausblick und Sonne weg und mindere den Wert ihrer Häuser deutlich.

Die Landeshauptstadt als Untere Bauaufsichtsbehörde sieht dies anders. Sie argumentierte, das geplante Vorhaben füge sich in die nähere Umgebung ein. Auf der gleichen Straßenseite würden bereits rechts und links von dem geplanten Bau ähnlich große und hohe Gebäude aus neuerer Zeit stehen.

Für die Nachbarn sind dies "Bausünden", die den Charakter ihrer Straße nicht ändern dürfen. Und zu diesem Charakter gehöre auch der Blick ins Tal, der auf Postkarten seit dem Jahr 1905 zu finden sei.

Nach einer Ortsbesichtigung stellten die Richter nun fest: Das Grundstück, um das es geht, sei derzeit nur mit einem zweigeschossigen Haus bebaut, das tief im Hang stehe und von viel Grün umgeben sei. Das ergebe in diesem Bereich von der Bergseite aus einen freien Blick ins Tal oder ins Grüne, den besagten Postkartenblick. Etwas weiter links und rechts auf dieser Straßenseite sehe es aber etwas anders aus. Dort stehe auf der einen Seite des geplanten Baus ein "sehr wuchtiges altes Gebäude mit etwa 15 Metern Firsthöhe". Und auf der anderen Seite liege eine Terrassenwohnanlage neuerer Bauart.

Dreh- und Angelpunkt des Falles sei damit die Frage, welche Gebäude den Charakter der Straße prägen. Nur die älteren, teils mit Fachwerk versehenen Gebäude auf der Bergseite und einzelne, dem entsprechende Häuser auf der Talseite - wie die Nachbarn meinen. Oder auch die anderen, großen Blöcke - wie die Stadt meint. Antwort der Richter: Es müssten alle Gebäude berücksichtigt werden, die vorhanden sind. Also auch die beiden größeren links und rechts von dem geplanten Neubauvorhaben.

Das Gericht weiter: Die künftige Anlage mit elf Wohnung habe drei Geschosse nebst aufgesetztem Penthouse zur Bergseite/Straße hin und fünf Geschosse plus Penthouse zur Talseite hin. Damit füge sich das Mehrfamilienhaus in die Bebauung dieser Straßenseite und damit der Straße insgesamt ein.

Der Bau sei kein Fremdkörper. Also sei er nicht rücksichtslos gegenüber den Nachbarn und könne von ihnen nicht verhindert werden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

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