Bauherren-Alptraum: Außen fertig, innen ein Rohbau

Köllerbach · Es sollte die Erfüllung eines Wohn-Traums werden. Doch der Bau ihres Energie sparenden Passivhauses kostet Familie Morell viele Nerven, viel Zeit und viel Geld. Der Einzugs-Termin verschleppte sich immer wieder.

 Von außen sieht das Haus der Familie Morell am Rebenberg in Köllerbach bezugsfertig aus. Innen ist vieles noch im Rohbau. Das große Fensterelement sitzt auf einem zu niedrigen Sockel und muss wieder ausgebaut werden. Foto: M. Jungfleisch

Von außen sieht das Haus der Familie Morell am Rebenberg in Köllerbach bezugsfertig aus. Innen ist vieles noch im Rohbau. Das große Fensterelement sitzt auf einem zu niedrigen Sockel und muss wieder ausgebaut werden. Foto: M. Jungfleisch

Köllerbach. Familie Morell aus Köllerbach hat sich so sehr auf ihr neues Domizil gefreut. Vor über fünf Jahren hat die dreiköpfige Familie ein altes Haus am Köllerbacher Rebenberg gekauft. Dort wollen sie ihren Traum von einem Energie sparenden Passivhaus umsetzen. Ein Architekt aus der Eifel hatte Planung und Bauaufsicht übernommen. "Wir sind von der Idee des Passivhauses überzeugt", sagt Dr. Christian Morell. "Hierfür sind wir auch bereit, zehn bis 15 Prozent zusätzliche Baukosten in Kauf zu nehmen. Zumal wir ja auf lange Sicht mehr als 90 Prozent der durchschnittlichen Heizkosten einsparen werden", erklärt der Radiologe und Nuklearmediziner. Doch es kam anders.Von außen sieht das neue Haus zwar fertig aus. Doch innen fehlen noch immer Estrich, Elektrik, Raumeinteilung und Sanitäranlagen. "Innen ist alles noch im Rohbau", berichtet der Bauherr erschüttert und schildert: "Unser Architekt sagte damals, wir könnten nach Erteilung der Baugenehmigung nach neun bis zwölf Monaten einziehen. Die Baugenehmigung kam am 25. September 2007, an unserem Hochzeitstag. Wir freuten uns riesig, dass es nun endlich losgeht."

Die Baufirmen machten sich an die Arbeit, und zunächst schien alles in Ordnung. Man habe dem Architekt vertraut, "auch wenn uns das eine oder andere spanisch vorkam". Erst als mehrere Handwerkerfirmen auf Planungsmängel hingewiesen hätten, sei die Familie stutzig geworden. "Wir zogen Fachleute zu Rate und erkannten: da läuft einiges schief. Auf unsere Anrufe reagierte der Architekt nur schleppend, an einen Einzug Ende 2008 war nicht mehr zu denken." Inzwischen habe man in Püttlingen eine größere Wohnung gemietet, immer mit dem Gedanken, dass es ja nicht für lange sei. Doch im Jahr 2010 habe man feststellen müssen, "dass unser Architekt keinen Finger mehr für uns rührte, der Bau stand still. Wir suchten Hilfe bei Anwälten."

Seither, so schildert es der Bauherr, kämpfe die Familie an zwei Fronten. Zum einen gegen ihren früheren Architekten, zum anderen mit der Fertigstellung des Hauses. Der neue Architekt stehe vor riesigen Problemen, die Planungen seines Vorgängers zu Ende zu bringen. Christian Morell: "Unsere Nerven liegen blank. Die Kosten haben sich von geschätzten 300 000 Euro auf über 500 000 Euro summiert. Die Hauptprobleme sind der unzureichende Brandschutz, eine mangelhafte Raumaufteilung und ein undichter Balkon", von letzterem dringe wegen eines falsch berechneten Fenstersockels Wasser ein, das große Fensterelement müsse wieder ausgebaut werden, die Kosten beliefen sich auf rund 30 000 Euro. Nun müsse man sogar die Baugenehmigung neu beantragen. Was die Bauherren besonders frustriert: "Wir fühlen uns mit unserer Bereitschaft, ein von der Politik so gern propagiertes Passivhaus zum Schutz der Umwelt zu bauen, alleingelassen. Wir sind auch jetzt noch von der Idee überzeugt. Doch ausgewiesene Fachkräfte, die ein Passivhaus kompetent bauen können, lassen sich kaum finden. Wir raten deshalb allen, die ein Passivhaus bauen wollen, Versprechungen so genannter Experten nicht allzu leichtgläubig zu vertrauen."

Den Kopf hängen lassen will Familie Morell nicht. "Wir hoffen, dass wir im nächsten Jahr einziehen können. Und vielleicht finden wir noch Mitstreiter, die sich für eine professionelle Umsetzung der Passivhäuser finden lassen. Wir wären bereit, uns an einer solchen Gesellschaft zu beteiligen."

Hintergrund

Ein Passivhaus funktioniert so ähnlich wie eine Isolierkanne, die den morgens gekochten Kaffee bis zum Mittag heiß hält. Wärmedämmung und Wärmeaustausch, um die Wärme im Haus zu halten und richtig zu verteilen, sind das A und 0 eines Passivhauses. Ziel ist es, den Heizbedarf drastisch zu senken, was den Geldbeutel schont und die Umwelt entlastet. mj

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort