Autos speichern „geheime Daten“ über ihre Fahrer

Homburg · Moderne Technik in Autos, etwa das Steuergerät des Airbags, speichert Daten über den Fahrer und dessen Fahrverhalten. Experten sprechen vom „gläsernen Autofahrer“, der keinen Zugriff auf das Datenmaterial hat.

. Rechtsanwalt Hans-Jürgen Gebhardt, bundesweit anerkannter Verkehrsrechtsexperte aus Homburg, spricht von einem "Skandal". Er kritisiert die Automobilhersteller, die in ihren Fahrzeugen "geheime Daten" über Fahrer und Fahrverhalten speichern und abgreifen können. Der Besitzer werde darüber weder informiert, noch belehrt. Er muss vielmehr damit rechnen, dass die Firmen, wenn es vor Gericht um Haftungs- oder Gewährleistungsansprüche geht, die klammheimlich erfassten Daten gegen ihn verwenden. Und auch bei einem Unfall kann unter Umständen der Staatsanwalt das Datenmaterial beschlagnahmen.

Justizrat Gebhardt ist seit Jahrzehnten Organisator der "Homburger Tage", einem Kongress der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltsverein. Bei der 33. Auflage dieser Veranstaltung am Samstag gab es selbst unter den 150 Experten, darunter mehrere Richter am Bundesgerichtshof (BGH), durchaus staunende Gesichter, als Michael Weyde, promovierter Ingenieur und vereidigter Unfallsachverständiger aus Berlin, berichtete, was alles über Fahrer und Fahrverhalten mittels moderner Technik im Auto erfasst wird. Die Hersteller seien, so Weyde, extrem zurückhaltend, diese Datenspeicher selbst für Gutachter zu öffnen.

Weyde, dessen Partner der Saarbrücker Unfallgutachter Johannes Priester ist, nannte im Gespräch mit unserer Zeitung, einige Beispiele der in der modernen Kfz-Technik versteckten Informationsquellen. So könnten mehrere Steuergeräte im Auto durchaus vernetzt werden. Die Steuereinheit des Airbagsystems müsse, damit der Airbag im Ernstfall innerhalb weniger Millisekunden korrekt zündet, gewisse Werte, wie etwa Beschleunigung und Änderung der Geschwindigkeit sowie Motordrehzahl erfassen und speichern. Das intelligente System prüfe aber auch, ob der Fahrer angeschnallt ist, wie er sitzt und ob der Beifahrersitz besetzt ist. Die über Sensoren, etwa im Sitzkissen, abgerufenen Daten, reichten bis hin zur Gewichtsklasse des Insassen.

Neben dem elektronischen Stabilitätsprogramm (ESP), das ständig bestimmte Informationen abruft, sorgen auch die Steuerung der Klimaanlage und sogar der Autoschlüssel, der Zeit, Außentemperatur und Kilometerstand speichern kann, dafür, dass der Autofahrer gläsern wird. "Da stimmt was nicht", meint Experte Weyde, und sieht "Waffenungleichheit" zwischen Hersteller und Kunde. Die erhobenen Daten würden alle für den Betrieb des Wagens benötigt. Aber nur Hersteller und Lieferant könnten darauf zurückgreifen, sogar ein Profil des Fahrers erstellen. In den USA seien die Firmen bereits verpflichtet, die Software zur Entschlüsselung der Daten zur Verfügung zu stellen.

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