Leitartikel Sternenglanz der Saar-Köche nutzt dem ganzem Land

Ja, man hat sofort auch die Beckmesser im Ohr, die mäkeln, diese Gourmet-Portiönchen seien bloß was für Besserverdiener. Und ein paar Jobs in der Spitzengastronomie seien nichts in der Relation zu Tausenden Industrie-Arbeitsplätzen, mit denen im Saarland das Brot verdient wird.

Auszeichnung für Küche bringt Riesen-Imagegewinn
Foto: SZ/Robby Lorenz

Stimmt – und stimmt auch wieder nicht. Denn der Sternen-Regen des Guide Michelin ist nicht bloß ein Riesenerfolg für die Köche hier. Es ist ein Imageschub fürs gesamte Land.

Klar, zuerst gilt es, den Küchenkönnern zu gratulieren. Vor allem denen, die neu in den Gastro-Olymp eingezogen sind: Martin Stopp mit dem „Louis“, Marc Pink in Wallerfangen und Silio Del Fabro vom Saarbrücker Restaurant „Esplanade“. Und wie muss erst Klaus Erfort jubeln! Dass er – wie auch Christian Bau in Perl – seine Drei-Sterne-Krone verteidigte, war bei der Exzellenz der beiden keine Überraschung. Dass aber alle drei Newcomer aus Erforts Schule stammen, deutschlandweit seine „Schüler“ neun Sterne einsammelten, macht den Saarbrücker zum Superstar.

 Gleich drei Restaurants mehr schmücken sich jetzt hierzulande mit der begehrten Auszeichnung. Damit kommen Genussfreunde am Saarland endgültig nicht mehr vorbei. Auch wenn das Geschäft härter denn je ist, weil teure Geschäfts­essen weggefallen sind, und ein Stern längst kein volles Haus mehr bedeutet. Eben deshalb ist es heute auch nicht mehr allein der Erfolg des Küchenchefs. Es geht vielmehr darum, ein ganzes Umfeld für Genießer zu kreieren: Das reicht von der Architektur mit Wow-Effekt wie im Wallerfanger „Landwerk“ über den perfekten Service bis hin zur Kunst am Herd. Und so ein Gesamtpaket schnürt man nur mit Ehrgeiz, Disziplin und einem ständigen Strom neuer Ideen. Spitzenrestaurants müssen heute auch Labore der Kreativität sein. Wer in diesem heiß umkochten Markt punkten will, muss nicht nur an Topf und Teller grandios sein, er muss das Essen zum Erlebnis machen, hart am wankelmütigen Zeitgeist. Insofern sind diese neuen Stars in der Region auch Vorbild für andere Unternehmer, Keimzellen des Innovativen. Dafür stehen übrigens auch die Etablierten: Alexander Kunz und Cliff Hämmerle. Kunz etwa, seit 20 Jahren Stern-gekrönt, hat mit seinem Winter-Varieté auch einen Markstein im Entertainment gesetzt. Und Hämmerle hat das alte Lokal seiner Eltern im Turbotempo in ein kleines Genuss-Imperium verwandelt.

Vom Erfolg dieser Einzelkämpfer aber kann das ganze Land profitieren. Kräftigt die Region doch so ihre Standortargumente. Wie ein kulturelles Klasse-Angebot und Top-Sport gehören solche Genuss-Optionen heute zum Wohlfühlpaket für Spitzenkräfte aus allen Branchen. Freilich muss auch die Landesregierung noch was tun. Klaus Erfort, der Spitzenkoch-Macher, hat schon öfter moniert: Ein Land, das mit Spitzenküche glänzen – und sie vermarkten – will, muss auch in der Infrastruktur Sterne-Niveau anpeilen. Die Wege per Flugzeug und Bahn ins Saarland müssen besser werden. Hier muss die Landesregierung endlich so kreativ agieren wie die Köche. Dann haben viele was vom Sahnehäubchen unserer Top-Gastronomie.

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