José Antonio Orts,Caroline Streck und Maria Seitz im Künstlerhaus Flirrende Bilder, klingende Elektronik

Saarbrücken · Das Saarländische Künstlerhaus präsentiert Klangkunst des Spaniers José Antonio Orts sowie Malerei von Caroline Streck und Maria Seitz. Die Ausstellungen ergeben ein durchaus interessantes Gesamtbild.

Klang-Installation von José Antonio Orts im Saarländischen Künstlerhaus.

Klang-Installation von José Antonio Orts im Saarländischen Künstlerhaus.

Foto: Bernd Nixdorf

Auf den ersten Blick sieht es merkwürdig aus. Auf dem Boden der Galerie im Saarländischen Künstlerhaus liegt ein Haufen Elektroschrott, aus dem es klackt und klickt. Erst beim Durchschreiten entfaltet die Installation ihre ganze Ästhetik aus elektronischen Bauteiltürmchen, Sensoren und Plastikrohren, die den Sound der Lautsprecher verstärken. 

Womit wir bei einem der wesentlichen Punkte in José Antonio Orts Arbeiten wären, die von der Partizipation des Besuchers abhängig sind. Betritt man die Installation, hebt ein warmer Klang an, der aus drei verschiedenen Richtungen kommt und beim Weitergehen erst ganz leise wird und dann wieder verstummt. Sensoren erfassen über Licht und Schatten die Bewegung des Publikums. So steuert man die Klänge aus den Röhren und gestaltet sein eigenes Konzert. In anderen Arbeiten ist es Licht, das man als Betrachter steuert. Ästhetisch anspruchsvoll setzt der spanische Künstler die elektronischen Elemente als abstrakte Wandbilder um und lässt allerlei LEDs in allen Farben des Spektrums erstrahlen oder blinken. 

Neben diesem sinnlichen Genuss hat es Caroline Streck mit ihren abstrakten Gemälden schwer. Der ausliegende Text ist zum Haare raufen, weil er versucht, der Abstraktion eine männliche Dominanz zuzuweisen, gegen die feministische Theoretikerinnen und Theoretiker Position bezogen hätten. Dabei bezieht sich die Autorin auf die Künstlerin und Aktivistin Harmony Hammond, die in ihrem vor über 40 Jahren erschienenen Essay „Feminist Abstract Art“ behauptete, die Geschichte der Abstraktion sei als eine von Männern dominierte Kunstgeschichte zu verstehen. Das ist längst überholt, hat es doch in der Abstraktion keine stärkere Dominanz von Männern gegeben als in der gegenständlichen Kunst.

Eher ist das Gegenteil der Fall, denn es waren gerade die Abstrakten Expressionisten im New York der 1930er und 1940er Jahre, die Frauen als ernsthafte Künstlerinnen wahrnahmen und integrierten, wie etwa Joan Mitchell, Lee Krasner, Elaine de Kooning, Louise Nevelson, Helen Frankenthaler oder Alice Mason. Die aktuelle Kunstgeschichte würdigt längst die Frauen in ihrer Bedeutung.

Diese intellektuell bemühten Verrenkungen hat Streck gar nicht nötig. In Schichten trägt sie die Farbe auf den Malgrund auf, der Pinselduktus bleibt sichtbar. Manchmal weichen die Schichten minimal voneinander ab, sodass die darunterliegende Fläche sichtbar bleibt. Teilweise sind die Farben opak, manchmal meint man, dass die darunterliegende Fläche durchscheine. Über Nähe und Distanz des Betrachters verändern sich die Bilder, bei größerer Entfernung fangen die einfachen Formen und Muster an, ein magisches Eigenleben zu entwickeln. Sie beginnen zu flirren, zu leuchten und Farben durchdringen sich. Zauberhaft etwa das kleinformatige „Solid Air“ in Blau- und Rottönen oder das größere „Loops & Erlösung“, das eine fast schon übernatürliche Transzendenz ausstrahlt.

Dazu passt wunderbar Maria Seitz mit der Ausstellung „Chromatic Scale“ im „Studio Blau“ genannten Keller des Künstlerhauses. Maria Seitz lebt heute in Köln, studierte aber bei Katherina Hinsberg an der HBK-Saar und an der Akademie der bildenden Künste Nürnberg. Seit 2017 ist sie regelmäßig an der HBK Saar als Lehrbeauftragte tätig und damit eng mit dem Saarland verbunden.

Es ist schön, ihrem Werk nun wieder zu begegnen. Seitz setzt mit Buntstiften enge vertikale Linien nebeneinander. So entstehen manchmal lineare, häufig aber auch flächige Texturen. Wie bei Streck entsteht hier ein Flirren, eine scheinbare Vibration im Bild, die sich fast in den Raum auszudehnen scheint. Durch die seriell gereihte Hängung der Arbeiten im Format DIN A4 verstärkt sich dieser Eindruck noch. 

Wieder einmal hat man bei einer Ausstellung im Künstlerhaus richtig Spaß. Das vermeintliche „Sammelsurium“ aus drei künstlerischen Positionen ist nicht Nachteil, sondern Stärke der Ausstellungen, die so für jeden etwas bieten. Die beiden Künstlerinnen und der Künstler sind auf ihre eigene Weise spannend und ergänzen sich hervorragend. 

Bis 6. November, Saarländisches Künstlerhaus, Saarbrücken. Dienstag bis Sonntag, 10 bis 18 Uhr

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