Aus Holz gearbeitete Poesie

Beckingen. Im Mittelpunkt von Marie-Josée Kerschens künstlerischer Arbeit steht der Mensch; ihr bevorzugtes Material ist Holz. Seit vielen Jahren schon schafft die Bildhauerin aus Luxemburg ihre Plastiken aus Stämmen von heimischen Bäumen wie Eiche und Esche - ab und an verwendet sie auch Olivenholz oder sie lässt ihre Werke in Bronze gießen

 Sensibilität in Holz von Marie-Josée Kerschen. Foto: SZ

Sensibilität in Holz von Marie-Josée Kerschen. Foto: SZ

Beckingen. Im Mittelpunkt von Marie-Josée Kerschens künstlerischer Arbeit steht der Mensch; ihr bevorzugtes Material ist Holz. Seit vielen Jahren schon schafft die Bildhauerin aus Luxemburg ihre Plastiken aus Stämmen von heimischen Bäumen wie Eiche und Esche - ab und an verwendet sie auch Olivenholz oder sie lässt ihre Werke in Bronze gießen. In ihrem Atelier steht ein klassisches Skulpturenpaar aus Marmor, das während ihrer Studienzeit in Carrara entstanden ist, doch ihr Werkstoff, das Holz, stellt sie vor andere Herausforderungen, die sie statt mit Hammer und Meißel mit Kettensäge, Klöfel, Hohleisen und Schnitzmesser meistert. Die naturgegebenen Grenzen in einem Holzstamm, der über Jahrhunderte gewachsen ist, inspirieren sie. Da gilt es, sich auf das gewachsene Material einzulassen, mit seiner Form, seiner Maserung und seiner Verästelung zu arbeiten. Bei Bronze ist das anders, weil sie gegossen wird. Doch Eines ist Kerschens Skulpturen allen gemeinsam: eine poetische Ausdrucksweise. Wir sehen uns hölzernen Wesen gegenüber, deren Ausdrucksträger bis ins Detail ausgearbeitete Gesichter sind. Dabei lotet die versierte Bildhauerin mit großer Sensibilität eine Vielfalt individueller Gestaltungsmöglichkeiten aus, die sie durch den Einsatz von Farbe ergänzt. Sie koloriert die Lippen rot, die Augen blau und ab und an die Wangen zartrosa. So gestaltet sie ausdrucksstarke Antlitze mit schön geschwungenen Augen und Lidern, einer wohlgeformten Nase und vollmundigen Lippen. Da sie Befindlichkeiten und spürbar werden lassen, gehen sie über das rein Erzählerische hinaus. Sie rücken in die Nähe von Symbolen und veranschaulichen abstrakte Begriffe wie Offenheit und Vertrauen. Manche erscheinen uns wie archaische, der Zeit enthobene Wesen, über welche die Titel Aufschluss geben. Sie nennt sie "Prinz der Sonne", "Kleiner Engel" oder "Aus dem Meer geboren" und unterstreicht damit den Kontrast zwischen dem bodenständigen Werkstoff und seiner lyrischen Gestalt; im gleichen Sinne kommen auch geschliffene Oberflächen neben Resten der groben Holzstruktur zum Tragen. Marie-Josée Kerschen wird nicht nur bei der Skulpturen-Ausstellung dabei sein, sie ist auch im Rahmenprogramm vertreten: am 3. September findet "Percussion & Performance" statt, eine Veranstaltung, bei der sie im Dialog mit den Percussions-Rhythmen von Sven Kiefer eine Holzskulptur gestalten wird. red

Zur Person Marie-Josée Kerschen wurde 1952 in Esch/Alzette in Luxemburg geboren. Sie studierte jeweils vier Jahre an der Staatlichen Kunstakademie Karlsruhe und an der "Accademia di Belle Arti" in Carrara, Italien, bevor sie sich an der Pariser Cité Internationale des Arts einschrieb. Sie lebt und arbeitet als freiberufliche Bildhauerin in Vianden (Luxemburg). red

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